Mal wieder ein Desaster für die Sozialdemokraten und auch die Landtagswahl in Thüringen brachte keinen Grund zur Freude. Von einem sehr niedrigen Niveau gestartet, verlor man noch mal und landete bei 15 Prozent, also schlimmer ging es eigentlich nimmer. Das Blöde daran war halt, daß man wußte, daß es an der eigenen Regierung lag, denn die Oppositionsparteien wurden nie gewählt, weil sie so toll waren, sondern da die Menschen mit der aktuellen Regierung unzufrieden waren. Nun ja, irgendwann gab es schließlich immer ein Licht oder zumindest Ende des Tunnels, von daher machte man weiter, es blieb einem auch gar nichts Anderes übrig. Der erhoffte "Mütze-Effekt" war erst mal ausgeblieben, andererseits hatte man in Thüringen vorher auch nicht mitregiert gehabt, von daher hielt sich die Enttäuschung in Grenzen, die Begeisterung allerdings erst recht.
20.07.2004: Ach ja, die Bayern. Irgendwie waren und sind sie schon ein besonderes Völkchen, deshalb verwundert es auch nicht wirklich, daß dort eine ganz spezielle Partei ihr Unwesen treibt. Andererseits überrascht es auch nicht, wenn herauskommt, daß die Tochter von Hans Werner Braus, die nur zu gerne ihrem verstorbenen Vater irgendwann im Amt des Bayerischen Ministerpräsidenten nachfolgen würde, parteiinternen Kritikern droht, indem sie einen grünen oder blauen Plastikordner oder Schnellhefter präsentiert und dazu meint: "So, gegen jeden von Euch gibt es was." Da hat das Töchterchen einfach gut vom Papa gelernt, der ja schon früh wußte und erfahren hat, daß die größten Feinde oft die eigenen Parteifreunde sein können. Wenigstens ließen sich die Erpreßten das nicht bieten und jetzt durfte die Mari den Münchner CSU-Bezirksvorsitz abgeben. Dabei hatte der von ihr protegierte Johannes Raedke, der für etliche Manipulationen innerhalb der Münchner CSU verantwortlich gewesen sein soll, schon davon geträumt gehabt, eines Tages als Staatskanzleichef zu fungieren, unter der tollen Marina Kohlfeier als Ministerpräsidentin. Manche Träume werden glücklicherweise niemals wahr.
Andererseits sollte man an dieser Stelle durchaus eindringlich darauf hinweisen, daß es innerhalb von Parteien durchaus üblich ist, Wissen über Parteifreunde zu nutzen, nicht umsonst lautet der Spruch ja: Wissen ist Macht. Andererseits steht auch fest, daß die Familie Braus schon seit jeher mit allen Wassern gewaschen war und daß sich insbesondere der großartige HWB nicht nur um den Freistaat Bayern, sondern auch ganz besonders um sein eigenes Privatvermögen verdient gemacht hat. Was also bleibt? Die Hoffnung auf ruhigere Zeiten in Münchens CSU.
10.08.2004: Nun gab es also auch noch Massendemonstrationen gegen die Politik der rot-grünen Bundesregierung! Vor allem im Osten Deutschland schlugen die Wellen der Empörung hoch, denn dort waren sehr viele von der geplanten Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe betroffen. Die Demonstranten hofften, ähnlich wie 1989, durch Protest einen Wandel herbeizuführen, doch Bundeskanzler Schräder zeigte sich sowohl unbeeindruckt als auch unnachgiebig und hielt den Protesten stand. Das gelang ihm unter Anderem deshalb, weil er von der Richtigkeit der Maßnahmen überzeugt war.
Dort, wo es Menschenmassen gab, waren bekanntlich auch die Populisten nicht weit und der begnadetste unter ihnen, Oswald Afroträne, nutzte die Gunst der Stunde und stellte sich an die Spitze der Bewegung, indem er sogar Bernhard Schräders Rücktritt als Bundeskanzler forderte. Das war mehr als eine bloße Majestätsbeleidigung, schließlich befand sich Afro immer noch als Mitglied in der SPD und unterstützte außerdem seine Saarländer Genossen im Wahlkampf. Nun ja, es ging also ziemlich zur Sache und die linke Protestpartei im Westen, deren Bildung immer näher rückte, wurde zusehends konkreter. Würde sich der rote Oswald dazu herablassen, mit jener gemeinsam in die Schlacht zu ziehen, oder war er sich dafür zu fein? Man wußte es nicht genau, deshalb durfte fleißig spekuliert werden.
19.09.2004: Es hatten mal wieder Landtagswahlen stattgefunden, ausgerechnet im Osten, wo es der SPD eh schon durchs Dach hinein regnete. Aber die Sozialdemokraten bewiesen, daß man mit einem beliebten Spitzenkandidaten die eigenen Verluste in Grenzen halten konnte und so blieb die SPD in Brandenburg stärkste Partei, wenngleich sie auch dort kräftig Federn lassen hatte müssen. Noch schlimmer erging es der CDU in Sachsen, welche auf einmal dazu gezwungen war, mit der SPD, die nicht einmal mehr zehn Prozent der Stimmen dort erreicht hatte, eine Koalition zu bilden. Stark abgeschnitten hatten in beiden Ländern auf der einen Seite die PDS und auf der anderen Seite die Rechtsextremen. Beinahe wäre in Sachsen die NPD so stark wie die SPD geworden, das sagte schon so einiges. Die Wahlbeteiligung ließ natürlich auch, so wie fast immer, zu wünschen übrig, aber irgendwie waren die Volksparteien nichtsdestotrotz sehr erleichtert darüber, nicht noch stärker abgestraft worden zu sein. Ja, die Wählerinnen und Wähler im Osten blieben eben unberechenbar und waren immer für eine Überraschung gut.
Festerbelle fand das alles weniger schön und redete darüber mit Müderle. "Einer geht noch, Brüderchen." "Aber mit Wonne zur Sonne, Festerbelle." Sie tranken ihren Schnaps und lachten. "Diese vermaledeiten Grünen! Diese Müslifresser können einem aber auch wirklich alles verderben! Wegen denen können wir jetzt nicht in Sachsen mit der CDU regieren!" schimpfte Guildo ohne Horn. "Dabei hätten wir so einen Erfolg dringend gebrauchen können. Wie stehen wir denn jetzt da? Die CDU koaliert mit der SPD und wir sind auch noch hinter der NPD gelandet", konstatierte der Weinköniginnenknutscher. "Dabei war es doch eigentlich immer unsere Domäne gewesen, genau 5,1 Prozent der Wählerstimmen zu erreichen und damit gerade so in die Landtage einzuziehen." "Ja, jetzt haben die das auch noch von uns geklaut. Und die blöde CDU wird ebenfalls immer schwächer; wenn das so weitergeht, dann wird das 2006 wieder nichts mit einer schwarz-gelben Bundesregierung." "Keine Sorge, das wuppen wir schon irgendwie. Deutschland braucht uns, denn die Deutschen wollen mal so richtig durchreformiert werden und zwar von hinten." "Wie meinst Du das, mein warmer Bruder?" "Der Stillstand tut dem Land nicht gut. Deutschland und seine Bevölkerung brauchen politisch betrachtet einen Arschfick, um endlich mal wieder auf die Beine zu kommen und anzupacken. Wirtschaftswachstum ist das Ein und Alles, aber das bekommen wir nur, wenn wir die Leute aus ihrer Lethargie reißen." "Na ja, mag sein, daß einigen ein bißchen Feuer unter dem wohlgenährten Hinterteil ganz gut tun würde, aber wir dürfen auch nicht zu radikal werden, sonst machen die Menschen im Land nicht mit." "Ach was! Selbst die CDU ist seit ihrem Leipziger Parteitag auf dem richtigen Weg. Reformen, Durchregieren und raus aus der Krise, so lautet die Devise." "Du bist wirklich immer für einen guten Spruch zu haben, Guildolein." "Aber selbstverständlich und das schätze ich auch so an mir. Habe ich heute eigentlich schon Neuwahlen gefordert?" "Nicht daß ich wüßte." "Gut, dann mache ich das jetzt noch schnell, damit ich das auch wieder erledigt habe, sonst fehlt mir was. Ein Tag, an dem ich keine Neuwahlen in Deutschland fordere, ist nämlich ein verlorener Tag", behauptete Dr. Guildo, der Arzt, dem die Männer vertrauten und stellte sich daraufhin ein weiteres Mal vor eine Kamera, um seine Parolen unter das Volk zu bringen.
Mitte Oktober 2004: Ein Paukenschlag aus der Union! (Stören-Fried)bert Nerz schmiß hin; er wollte sich nicht länger von Gerkel und Feehoffer mobben lassen, weshalb er seine CDU-Führungsämter aufgab. Erst einmal großes Erstaunen und bei manchen auch leichtes Entsetzen. Dabei waren Andrea und Friedberg immer so reformgeil gewesen, sie hatten sich aneinander berauscht, vor allem natürlich an ihren Ideen, wie sie Deutschland vorwärts bringen konnten. Nun sollte das alles mit einem Mal vorbei sein? Gab es denn keinen christdemokratischen Gott, der solche Tragödien verhinderte? In der CSU hielt sich die Trauer in Grenzen. Zwar schätzte man den Kollegen Nerz durchaus wegen seiner fachlichen Kompetenz, aber die soziale Kälte, die da immer aus dem Norden strömte, behagte den Christsozialen nicht wirklich. Wieder einer weniger, ein weiterer Aufrechter, den die harmlos scheinende, brutale Andrea über die Klinge springen hatte lassen. Ja, das Leben in der CDU war kein Ponyhof, dabei hätte man den Friedbert doch noch so sehr gebrauchen können, aber nun war er weg, weg und sie war wieder allein, allein.
Derweil befand sich ein weiterer ehemaliger Würdenträger der CDU vor Gericht und das entbehrte nicht einer gewissen Ironie, welche sich jedoch nur dem Sachkundigen erschloß. Alfred Panther, deutscher Innenminister von 1993 bis 1998, welcher sich einst als "Schwarzer Sheriff" einen Namen gemacht hatte, mußte sich verteidigen. Das war für einen wie ihn als gelernten Rechtsanwalt natürlich überhaupt kein Problem, aber weil es vor dem Gericht eine Anwaltspflicht gab, mußte er so einen Jungspund neben sich sitzen lassen,