B. G. Bernhard
Auch dunkle Wolken haben einen Silberstreif
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
9. Jahre zurück - Studienbeginn
11. Jahre zurück – An der Basis der Produktion
13. Jahre zurück – Der Mensch lebt nicht gern allein
21. Vom Eise befreit sind Strom und Bäche
24. Planung vorübergehender Abwesenheit
30. Nahes Land – bisher fern und unbekannt
32. Der Kapitalist eignet sich den Mehrwert an
34. Der vergessene Geburtsname
1. Herbsttag
B. G. Bernhard
Auch dunkle Wolken haben einen Silberstreif
Buch
Episoden des Alltags einer Familie in Ostdeutschland, besonders während der Wendezeit, sind mit der Arbeitswelt des in Dresden beheimateten Pharmazeuten Thalheim zu einem epischen Ganzen verwoben.
Unterordnung und Aufbegehren prägen den Alltag. Freizeitaktivitäten, liebevoll-gestaltete Familientreffs, Momente des Glücks, familiäre Harmonie sind der Gegenpol und bleiben anhaltend in Erinnerung angesichts des hereinbrechenden Zusammenbruchs und der Entwurzelung.
Der Riss der Zeit geht auch durch den Protagonisten selbst. Weltenwechsel. Wohin treibt es ihn? Er wird mit der Realität der alternativen Ordnung konfrontiert. Wird er die Herausforderungen in einer ihm fremden Welt meistern?
Inhaltsverzeichnis
„Das Einzige, wonach wir mit Leidenschaft trachten,
ist das Anknüpfen menschlicher Beziehungen“ Ricarda Huch
Der Wecker mit dem dosenförmigen, runden Gehäuse riss zur eingestellten Weckzeit mit seinem schnurrenden Geräusch die Ruhenden aus dem Schlaf. Ulrich verließ zügig sein Bett und ging ins Bad. Durch die Badtür drangen die Nachrichten aus dem kleinen Badradio: Die Leipziger Kristin Otto errang in der 100-m-Freistildistanz eine weitere olympische Goldmedaille für den ostdeutschen Staat, der nun in Söul eine fantastische Bilanz mit 25 Gold- und 19 Silbermedaillen zu verzeichnen habe – Bayerische Abgeordnete waren bei Dresdner Wissenschaftlern an der TU zu Gast.
Sonja verweilte noch auf der Bettkante. Verschwimmende Erinnerungen an einen Traum zogen gedanklich vorbei. Sie bildete sich ein, etwas über ihre unbewusste Gedankenwelt erfahren zu können. In den Traumfetzen war sie in einer parkähnlichen Landschaft mit Vogelgezwitscher auf einer Parkbank wie festgenagelt. Sie wollte zu einer Demonstration, konnte aber nicht aufstehen. Ein häßlicher Hund mit fletschendem Maul stürmte auf sie zu, danach gingen fünf Männer mit Hut im Wettermantel vorbei und musterten sie. Dann kamen Demonstranten entgegen und berichteten. Der oberste Lenker des ostdeutschen Gemeinwesens und ebenso die Ministerin für Volksbildung mit den violett gefärbten Haaren seien abgesetzt worden.
Unwillkürlich gingen ihre Gedanken zu ihrem Unterricht an diesem Tag über. Eine Hospitation war angekündigt.
Sie