Da hatte ich nun den Salat, denn der Mann vom Verlag stellte mir die Mutter aller Fragen: „Wo ist die Handlung?“ Ich kam ins Schwitzen. Gute Frage. „Na ja, äh, also, ich weiß auch nicht, wo sie sich versteckt hat“, gab ich leicht geknickt zu. „Ohne Handlung geht es nicht“, stellte er kategorisch fest. „Aber früher hat das immer sehr gut geklappt. Außerdem befindet sich bei mir die Handlung in den Dialogen“, verteidigte ich mich. „Das ist doch Blödsinn! Entweder, Du bringst jetzt Handlung rein oder wir vergessen das Ganze“, machte er deutlich. Danach gingen wir getrennte Wege und ich schlenderte gedankenverloren durch meine Vergangenheit. „Verdammte Scheiße! Warum legen die so viel Wert auf eine Handlung? Bisher bin ich immer gut ohne ausgekommen“, dachte ich mir und grübelte so lange, bis ich einen Geistesblitz hatte. Leider erwies sich der als Schlaganfall und nachdem ich einen unbeteiligten Passanten verprügelt hatte, ging es mir besser. Was hatte ich in jener beschissenen Geschichte eigentlich zu suchen? War ich schon so tief gesunken, daß ich als Autor eine Nebenrolle einnehmen mußte, um den Karren endgültig an die Wand zu fahren? Anscheinend, jedenfalls gelang es mir nicht, mich mit meinen vier verschiedenen Persönlichkeiten auf einen Handlungsstrang zu einigen und so verwarf ich alle Handlungskonzepte, die mir in den Sinn gekommen waren. Ich sah keinen Ausweg mehr, nahm mir ein Elektrokabel mit und ging auf den Speicher. Vor knapp 18 Jahren hatte dort mein Vater sein Leben beendet und ich wollte es ihm gleichtun. Aber ich stellte mich wieder mal einfach zu blöd an und so wurde nichts daraus. „Na toll! Zu blöd zum Suizid, aber ein Buch ohne Handlung schreiben wollen“, dachte ich mir verärgert. Da half nur noch Beten. Ich also schnell in die Kirche und ein paar fromme Sprüche runtergeleiert. Keine Reaktion. „Hey, Du da oben, was machst Du eigentlich den ganzen Tag?“ schrie ich wütend. „Ich repariere die Orgel“, antwortete eine Stimme, die sich ziemlich menschlich anhörte. „Oh, Entschuldigung“, murmelte ich verlegen und wollte gehen. Auf einmal hörte ich Schritte auf Treppen, der Mann kam tatsächlich zu mir herunter, schaute mich mit festem Blick an und sprach: „Ich habe Deine Gebete gehört. Vielleicht solltest Du einfach mal eine Geschichte erzählen, so wie Homer damals.“ „Na ja, ich war schon immer ein großer Simpsons-Fan“, meinte ich verlegen. „Doch nicht das, Du Vollidiot! Ich meinte die griechischen Sagen, die Mythen und Abenteuer.“ „Ach so. Na ja, ich bin nicht so der Kriegsfan und irgendwelche Ungeheuer erfinden möchte ich auch nicht.“ „Du mußt über Deinen Schatten springen“, bemerkte er, bevor er sich wieder nach oben begab. Der redete sich leicht. Ich war mein eigener Schatten. Zwar hatte ich erwiesenermaßen einen Schaden, aber mit einem Schatten konnte ich nicht dienen und demzufolge auch nicht darüber springen. Kurz überlegte ich, ob ich vom Kirchturm springen sollte, stimmte dann aber doch mit 3:2 dagegen. Der Weg zur Golden Gate Bridge, dem Mekka aller Selbstmörder, war mir zu weit und so beschloß ich, gezwungenermaßen, am Leben zu bleiben. „Weißt Du, das Problem von dem Spinner ist, daß er einfach viel zu wenig Alkohol trinkt“, erläuterte meine Leber meiner Milz. „Das sehe ich ähnlich. Dann wäre er nämlich viel lustiger und anspruchsloser“, glaubte sie. Und so begann ich von Neuem.
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