"Blutige Rochade". Thomas Helm. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Thomas Helm
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847697107
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müssen!«, ordnete der Oberst an.

       Sein Zimmer zeigte sich landestypisch eingerichtet und mit allem Komfort ausgestattet. Zudem war es angenehm geheizt.

       Sie lümmelten sich in die bequemen Polster der Sitzecke.

       Das Bier tranken sie aus der Flasche.

      Führmann rauchte. Eingangs lockerte er seinen Binder, wobei er dem Hauptmann bedeutete es ihm gleich zu tun.

       Einige Zeit schwiegen sie. Bauerfeind zeigte sich gespannt, was sein Vorgesetzter ihm Wichtiges mitteilen würde.

      Nach einer Weile, der vollen Aufmerksamkeit von Seiten des Hauptmanns versichert, räuspert sich der Oberst. »Frank, ich möchte dir ein Geschäft vorschlagen!«, begann er halblaut. »Worüber ich mit dir sprechen muss, ist, sagen wir mal so, – ein ziemlich heißes Ding!«

      Bauerfeind schaute überrascht. Zum ersten Mal, seit sie sich kannten, sprach ihn sein Vorgesetzter mit dem Vornamen an. Bisher hieß es immer »Genosse« oder nur »Bauerfeind«.

      Weil er hierauf etwas erwidern wollte, wehrt Führmann mit einer Handbewegung ab. Daraufhin deutet er mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf die beiden Koffer. »Da drin befinden sich fünfundzwanzig Millionen in D-Mark. Alles nur große Scheine!«

      Bauerfeind verschlug es für einen Augenblick die Sprache. In seinem Hals würgte plötzlich ein dicker Kloß.

       Mit solch einer Riesensumme hatte er keinesfalls gerechnet! Gestern, in Berlin, wurde immer nur von einigen Millionen D-Mark gesprochen. Aber nie über die konkrete Summe!

      Führmann sog an der Zigarette und stieß ein leises Lachen aus. »Knapp vierzig Kilo richtiges Geld hast du vorhin hier herauf geschleppt!« Er nutzt die Pause, die ihm der Hauptmann in seiner Verblüffung bot. Mit unruhiger Hand goss er den Schnaps in zwei bauchige Gläschen. »Doch jetzt zum Thema. Ich wollte dir ja etwas vorschlagen, Frank!«, knurrte er. Er drückte seine Zigarettenkippe aus und prostete Bauerfeind zu.

      Der trank vorsichtig, spülte sofort mit Bier hinterher.

      Der Oberst hingegen kippte den Schnaps, auf Ex. Doch sein Gesicht zeigte keine Regung. Obwohl der Hochprozentige sicher auch bei ihm ein Höllenfeuer in Richtung Magen entfachte.

      Bauerfeind registrierte es mit einiger Überraschung, äußerte sich jedoch nicht.

      Gelassen als spräche er über das Wetter, fuhr der Oberst mit gesenkter Stimme fort. »Ich bin bereits seit Jahren bei der Firma, wie du weißt. Und ich musste in dieser Zeit mehrere heikle Aktionen durchführen. Verdeckte Handlungen, die richtig viel Geld gekostet haben. Dabei spreche nicht von DDR Mark, sondern von harten Devisen! Wenn ich ehrlich bin, muss ich mir eingestehen, dass ich mir nie die Frage gestellt habe, wo all diese Kohle eigentlich herkommt. Doch das interessierte mich im Grunde genommen nie! Warum nicht? Nun ja. Wir erhielten Aufträge, erfüllten sie auftragsgemäß, die erforderlichen Mittel dafür waren stets vorhanden. Egal ob wir in der Schweiz, in England oder in Schweden eingesetzt worden. Von den blöden Rubelchen, die wir für die Flamme in der SU bisher verheizt haben mal ganz abgesehen.« Er goss in die Gläser nach, nahm noch einen Schluck vom Hochprozentigen und räusperte sich. »Was will ich dir damit sagen? «, fragte er, wobei er seine Hand auf den Unterarm seines Gegenübers legte.

      Bauerfeind hielt den Atem an. Über Führmanns unverhohlene und zugleich ernüchternde Worte wollte er im Augenblick nicht nachdenken. Weshalb er sich auf dessen Antwort regelrecht erpicht zeigte.

      »Jetzt, wo in unserer geliebten Republik alles den Bach runter geht«, fuhr der Oberst mit gesenkter Stimme fort, »erhielt ich von ganz oben diesen Auftrag. Für eine geheime Mission, von der wirklich nur eine Handvoll Leute etwas wissen. Man ist der festen Überzeugung, dass die »Flamme« zumindest für einige Jahre in Funktion bleiben muss. Damit »man«, und ich weiß nicht einmal wer genau das ist, eine gewichtige Waffe behält! Sie drückten mir also eine riesige Menge Westgeld in die Hand. Das aus Kanälen kommt über die wir alle besser nichts wissen wollen.« Führmann stieß ein heißeres Lachen aus. Er brannte sich erneut eine Zigarette an, blies den Rauch an Bauerfeind vorbei. »Ja, Frank! Dieses Geld zahlen wir morgen in einem Steuerparadies auf einer international renommierten Bank ein. Und ich alleine habe für die Zukunft den Zugriff auf das Konto, das wir dort eröffnen werden. Als Einziger! Ich verwalte alle Belege und Dokumente, die mit diesem Geld zu tun haben! Es gibt keine Abrechnungsstelle mehr! Keine Buchhaltung, die irgendwelche Unterlagen prüft oder wo ich Rechenschaft geben müsste!« An dieser Stelle unterbrach Führmann seine Rede erneut. Ein schmales Lächeln erschien auf seinem Gesicht, er kniff seine Augen bis auf einen Spalt zusammen. »Sag! Was hältst du von der ganzen Sache, Frank?«

      Bauerfeind musste heftig schlucken. Rasch öffnete er daher ein weiteres Bier. »Man scheint ein grenzenloses Vertrauen in Sie gesetzt zu haben, Genosse Oberst!« Er füllte eine kurze Denkpause, indem er aus seiner Flasche trank. »Oder irgendjemand besaß in dieser Situation einfach keine Alternative?«

      Führmann stieß ein abgehacktes, fast böse klingendes Lachen aus. »So kann man es ebenfalls betrachten!« Er nahm sich noch ein Bier. »Aber zu meinem ursprünglichen Thema. Wie sehen eigentlich deine Vorstellungen von deiner beruflichen Zukunft aus? Ich meine, wenn wir morgen das Geld eingezahlt haben und nach Berlin zurückgekehrt sind?« Er hob rasch die Hand. »Ja, ja! Wir gehen nach Westberlin und führen dort, von unserer neu gegründeten Firma aus, das Vorhaben weiter. Völlig selbstständig. Keiner sagt uns was oder wie wir es tun und lassen sollen. Ich frage dich aber eines.« Er deutete mit dem Finger auf sein Gegenüber. »Meinst du nicht auch, dass wir dennoch zu gering bezahlt werden? Ich meine, für das, was wir in Zukunft machen werden? «

      Bauerfeind legte fragend den Kopf etwas schräg, hob die Brauen und unterbrach so den Wortschwall des Obersten.

      Der deutete nochmals mit dem Finger auf ihn, als er fortfuhr. »Gut! Ich will es mal anders formulieren, Frank! Wollen wir weiterhin Mitarbeiter in einem Ministerium sein, das es schon jetzt nicht mehr gibt! Das ist doch absurd, das alles. Oder? Entspricht das deinen Vorstellungen? Auch dann, wenn ich für uns drei eine angemessene Bezahlung sichern kann?

      Bauerfeind, der mit Führmanns Frage immer noch nichts rechtes anzufangen wusste, zuckte lapidar mit den Schultern.

      Der Oberst drückte die Kippe aus und grinste schief. »Na gut, dann eben ohne Fransen! Wie wäre es, wenn du zumindest die nächsten Jahre unbehelligt in unserer neuen Firma in Westberlin tätig sein könntest? Wobei du aber gleichzeitig noch zusätzlich ein gewaltiges finanzielles Polster in der Hinterhand hättest?« Führmann unterbrach sich kurz, weil sein Gegenüber die Augen aufriss. »Ich meine, wenn mit der Firma eines Tages etwas schiefgehen sollte, dann könntest du sofort verschwinden. Von da an lässt du dir in der Karibik die Sonne auf den Bauch brennen. Machst Fettlebe, solange du willst!«

      Jetzt hatte Bauerfeind begriffen. Zumindest das Grundsätzliche. Aber auch, dass das Ansinnen seines Vorgesetzter nicht koscher erschien. »Gut, Oberst! Ich würde es hier und jetzt als ausgesprochen hilfreich empfinden, wenn sie Klartext sprächen! Nur damit wir nicht aneinander vorbei reden!«, entgegnete er daher beherzt.

      Führmann erhob sich, ging leisen Schrittes durch den Raum und öffnete mit einem Ruck die Zimmertür. Vorsichtig schaute er auf den Flur hinaus, um daraufhin die Tür wieder zu verschließen. Er drehte den Schlüssel herum und ließ sich, Bauerfeind vis-à-vis, erneut in die Sitzecke fallen. Gelassen griff er nach seinem Bier, setzte die Flasche an und trank. Er sog an der Zigarette, legte den Kopf schräg und deutete mit dem Zeigefinger auf sein Gegenüber.

      Bauerfeind lehnte sich zurück.

      »Ich sag’ dir jetzt genau was wir tun werden, Frank! « Der Oberst hatte die Stimme gesenkt. »Also pass’ auf. Wir zahlen morgen auf der Bank in Liechtenstein nur zwanzig Millionen auf ein Konto, das wir neu eröffnen. Nur zwei Leute, abgesehen von uns beiden, kennen die korrekte Summe, die wir heute Morgen in Berlin übernommen haben. Doch keiner außer uns wird je wissen, welcher Betrag von uns auf der Bank eingezahlt wurde!« Er grinste breit, legte seine Hand auf Bauerfeinds Arm. »Die restlichen fünf Millionen teilen wir uns! Jeder nimmt seinen Anteil mit zurück. Das Geld zahlen wir in Westberlin oder irgendwo in der BRD ein. Von mir aus kannst du deinen Haufen unter der