Kristina C. Stauber
Das Leuchten der Sterne in uns - Teil Eins: Aufbruch
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Inhaltsverzeichnis
„It is not in the stars to hold our destiny
KURZE ANMERKUNGEN ZUM TEXT FÜR INTERESSIERTE LESER:
„It is not in the stars to hold our destiny
but in ourselves.”
~
William Shakespeare
zugeschrieben
I.
Die hohen Flügeltüren schwangen auf und gaben den Blick auf den in Eleonores Augen kostbarsten aller Schätze frei: Bücher.
Regalweise, in allen erdenklichen Größen und zu allen nur vorstellbaren Themen. Wie viel Wissen in diesem einen Raum angehäuft sein musste! Fast zärtlich glitt ihr Blick über die Buchrücken, die sich auf den fein gearbeiteten und reich verzierten Bords bis unter die Decke reihten.
Die Stimme der Hausdame riss sie aus ihren Gedanken.
„Träumst du, Mädchen? Die Bücher müssen abgestaubt werden. Jedes einzelne!“ Sie warf Eleonore einen strengen, prüfenden Blick zu und ließ sie dann mit ihrer Aufgabe allein. Im Hinausgehen murmelte sie voller Unmut vor sich hin: „Überflüssiger Luxus, es sind am Ende doch nur unnütze Staubfänger…“
Eleonore hingegen wähnte sich im Paradies. Seit sie denken konnte, waren Bücher für sie ein ewig sprudelnder Quell von Wissen und Bildung gewesen, das Tor in eine völlig andere Welt. Eine Welt, in der die Sorgen des Alltags zurückblieben und Größeres, Erhabeneres eine Rolle spielte. Ihr Vater, ein ärmlicher, aber umfassend gebildeter Dorflehrer, hatte in ihr die Liebe zu Büchern und zum ständigen Streben nach der Vermehrung des Wissens geweckt. Er hatte sein Möglichstes getan, ihr eine gute Bildung zukommen zu lassen, obwohl sie ein Mädchen war. Im Gegensatz zu den meisten seiner Zeitgenossen hatte er da nie einen Unterschied gemacht. Leider war er viel zu früh von ihnen gegangen. Er, der zur Welt der Wissenschaft so viele kluge Gedanken hätte beitragen können, wenn ihm nur Mittel und Wege zur Verfügung gestanden hätten.
Wie sollte Eleonore nun der ihr aufgetragenen Aufgabe nachkommen und die Bücher nur abstauben? Lesen wollte sie, jedes einzelne, die Wörter in sich aufsaugen. Was gäbe sie darum, sich einfach hier auf den Boden der Bibliothek zu setzen, die wunderbaren Bücher um sich herum auszubreiten und den Nachmittag ausschließlich damit zu verbringen, in diese andere Welt einzutauchen.
Seufzend machte sie sich schließlich ans Werk, nachdem sie den Anblick der Bücher noch eine Weile ehrfürchtig in sich aufgenommen hatte.
Die harte Arbeit als Dienstmädchen machte ihr an sich nichts aus. Die neue Stellung im Londoner Stadthaus der Familie Bradford war im Gegenteil ein wahrer Segen, war sie hier doch wesentlich besser gestellt als noch vor einigen Wochen im vornehmen Langham Hotel. Dort hatte sie von früh bis spät ihre rissigen Hände in heißes Wasser tauchen müssen, um Stunde für Stunde das teure, filigrane Porzellan aus dem Speisesaal zu spülen, bis der Rücken geschmerzt und die Augen gebrannt hatten. Und wehe, es war einmal etwas zu Bruch gegangen…
Das Leben war auch nicht einfach gewesen, als ihr Vater noch gelebt hatte, keine Frage. Aber sie waren immerhin eine Familie. Und wenn der Magen einmal geknurrt hatte, so war da immer die Welt der Bücher gewesen, in die sie sich hatte flüchten können.
Dann aber war der Vater gestorben und Eleonore waren als Trost nicht einmal die Bücher geblieben. Es hatte Rechnungen zu begleichen gegeben, es hatte gegolten, den Alltag zu bestreiten. Die Mutter hatte schließlich keinen anderen Ausweg gewusst, als den Schatz ihres verstorbenen Mannes zu verkaufen, jedes einzelne Buch. Eleonore hatte damals bittere Tränen geweint. Mit jedem Buch, das aus dem Regal verschwunden war, schien man ihr auch einen Teil der Erinnerung an den Vater fortzunehmen.
Nur wenig später waren sie in die Stadt umgesiedelt, zu ihrer Tante und deren Familie. In London war es leichter, eine Anstellung zu finden, Dienstmägde wurden immer gesucht.
Fünf Jahre lebten sie nun so, aber sie kamen über die Runden,