Heidi Christina Jaax
Lady, Tagebuch eines Findelhundes
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Inhaltsverzeichnis
18. Das gute Leben und seine Folgen
20. Endlich unterwegs zu Herrchen
1. Vorwort
Liebes Tagebuch, ich bin eine schon etwas ältere, mittelgroße Hundedame, vermutlich ein Mischling aus Bordercollie und noch einigen anderen Rassen. Meine Löckchen hinter den Ohren habe ich wohl von einem Mudi (ungarischer Hirtenhund). Es befand sich sicherlich auch noch ein größerer Hund unter meinen Vorfahren wie etwa ein Labrador oder ein Schäferhund. Aber sowohl meine Herkunft als auch mein Alter sind reine Spekulation, da ich den besten Teil meines Lebens als Findelhund verbrachte und mich kaum noch an meine Kindheit und Jugend erinnern kann. Leider habe ich einen Menge Ängste und Eigenarten in dieser Zeit erworben, die mein weiteres Leben sehr beeinträchtigen. Mehrmals verlor ich mein Zuhause, auch im reifen Alter musste ich noch unzählige Male umziehen. Aber dennoch habe ich es als altes Mädchen noch richtig gut getroffen, werde geliebt und gepflegt, als mir diverse Wehwehchen zu schaffen machen. In meinen letzten Lebensjahren habe ich noch richtig viel Spaß und erlebe so einige Abenteuer, welche ich der Nachwelt unbedingt erhalten möchte. „Wau, das Leben kann so schön sein!“
3. Meine Kinderstube
An meine Mutter kann ich mich kaum noch erinnern, ich weiß nur, sie war schwarz wie ich. Auch hatte ich Geschwister, denn es war immer ein rechtes Gerangel, wenn alle gleichzeitig trinken wollten und oft wurde ich beiseite gedrängt. Aber mit der Zeit lernte ich dazu und so wurde ich doch kräftig und vor allem schnell, das hat mich später oft vor Schaden bewahrt, wenn ich den Fußtritten und Schlägen meines ersten Herrchens ausweichen musste. Von meiner Familie wurde ich schon sehr früh getrennt und kam zu einem Schäfer welcher mich bereits als kleiner Welpe mit einem alten Hütehund zum Bewachen der Schafe einsetzte. Der alte Hund knuffte und biss mich zuweilen, er wollte keine Konkurrenz haben, aber dennoch lernte ich von ihm alles über das Treiben und Hüten einer Schafherde. Bei schönem Wetter machte es Spaß so viel Zeit im Freien zu verbringen, aber wenn es kalt war oder regnete und ich nirgends Schutz fand, litt ich sehr darunter. Besonders schlimm waren für mich Abende an denen ein Gewitter hernieder ging, ich hatte eine Höllenangst davor, das änderte sich auch in meinem späteren Lebensjahren nicht mehr. Ebenso fürchtete ich mich wenn im nahen Wald geschossen wurde, aus diesem Grund leide ich auch heute noch besonders an Silvester Qualen. In manchen Nächten kamen wilde Tiere aus dem Wald, da hatte ich ebenfalls große Angst, aber ich bellte laut und nahm Angriffshaltung an, um sie zu vertreiben. Das funktionierte tatsächlich und so lernte ich bei Angst bellen und angreifen, was für mein späteres Leben eine nicht unbedingt so sinnvolle Erfahrung war. So verbrachte ich meine jungen Jahre, das Futter war karg, die Behandlung roh aber ich versuchte meine Arbeit besonders gut zu machen um auch mal gelobt oder gestreichelt zu werden, was sehr selten vorkam. Einige Male hatte ich auch Babys, man nahm sie mir aber ziemlich schnell wieder weg, was mich sehr traurig machte. Und so wurde ich selbst ein altes Mädchen, meine Schneidezähne waren schon ganz abgeschliffen, zum Teil auch vom Steine kauen. Das machte ich immer, wenn mich der Hunger besonders quälte und kein Futter in Sicht war. Nach einer weiteren Schwangerschaft war ich schließlich so entkräftet, dass ich nicht mehr so recht auf die Beine kam und sehr abmagerte. Ich war auch bei der Arbeit nicht mehr so schnell und ausdauernd, lag häufig zitternd in der Ecke und konnte kaum mehr laufen. Der Schäfer versuchte mich mit erneuten Schlägen anzutreiben, schließlich gab er es auf und sagte zu seinem Kollegen: „Die ist fertig!“ Danach unternahmen wir eine Autofahrt, das liebte ich sehr, besonders wenn mir auf der offenen Ladefläche der Wind um die Ohren wehte. Doch diese Fahrt verlief anders, nach einer Weile stoppte der Wagen und ich erhielt das Kommando von der Ladefläche zu springen. Kaum stand ich auf dem Feldweg, fuhr der Schäfer davon und ich versuchte verzweifelt ihm zu folgen. Schließlich musste ich völlig entkräftet aufgeben und blieb eine Weile japsend am Wegrand liegen, Hunger und Durst plagten mich sehr. Mein einziger Gedanke war, wie komme ich wieder zu meiner Herde, denn die Gegend in welcher ich mich befand, war mir völlig fremd. Da ich mit dem Auto hierher gekommen war, musste ich es wieder finden um zurück zu gelangen und so irrte ich tagelang suchend umher. Zeitweise verlor ich das Bewusstsein und hatte nur noch den Wunsch liegen zu bleiben. Aber ich raffte mich wieder auf, denn eine innere Stimme sagte mir: „Ich will leben!“ einmal fand ich ein altes Butterbrot, welches ich heißhungrig verschlang, an einem Bach trank ich Wasser. Und so gelangte ich nach Tagen des Umherirrens in eine Stadt, dort gab es sehr viele Autos und alle hupten, wenn ich mich ihnen näherte, ich hatte furchtbare Angst. Schließlich flüchtete ich mich auf einen Parkplatz, ein rostroter Wagen fuhr an mir vorbei und hielt in meiner Nähe. Die Autotür öffnete sich, ein junges Pärchen saß darin, im Wageninneren roch es nach Futter und spontan sprang ich durch die offene Tür in das Fahrzeug. Die beiden Insassen waren völlig erstaunt, der junge Mann lächelte mich schließlich an, er hatte zwei niedliche Grübchen in den Wangen. Da sagte mir mein Instinkt, dass ich mein neues Herrchen gefunden hatte