Kennen Sie Raketenbert?. Ulrich Preiß. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ulrich Preiß
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783741852169
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wie er. Zudem klug und situationsbejahend. Bei Sachen, die ihn interessieren, kann er sich leicht in Details verlieren.

      Er wohnt ein bisschen außerhalb der Stadt, was ihm zwar nicht sooo gefällt, doch hier erregen seine Raketenstarts nicht sooo viel Ärgernis, wie zum Beispiel damals, als er am Hafen startete und die berühmte Schauspielerin Lollo Zickenbein sich dabei dermaßen erschreckte, dass sie, statt das neue Schiff zu taufen, die Flasche Schampus in einem Zug austrank; sagte sie jedenfalls.

      Ich stehe vor Berts Eingangstür und will gerade nach dem offensichtlich neuem, schweren Messingtürklopfer greifen, als diese wie von Zauberhand aufspringt. Verduzt stehe ich auf der Fußmatte.

      „Bewegungsmelder“, höre ich Berts Stimme von drinnen, „komm rein. Und mach die Tür wieder zu.“

      Ich komme herein und mache die Tür wieder zu.

      „Guten Morgen, Bert, hast du gut geschlafen?“

      „Nein, überhaupt nicht. Also, nicht überhaupt nicht gut, sondern überhaupt nicht geschlafen. Weißt du, vor einem Start gibt es viele Dinge zu tun und zu beachten. Das zieht sich. Aber ich bin jedes Mal dermaßen freudig erregt, dass die Zeit wie im Fluge, ha ha, wie im Fluge, ich bin aber auch ein Schelm, vergeht.“

      Aus dem Nebenzimmer hört man es klappern und rascheln.

      „Möchtest du frühstücken?“, fragt er.

      „Nein, danke, hab schon.“

      „Okay, ich komme gleich, setz dich doch.“

      Ich schaue mich im Zimmer um. Seit meinem letzten Besuch scheint sich nichts verändert zu haben. Der Raum ist fast leer. Neben dem großen, grünen Ohrensessel steht links ein Buchständer mit einem dicken Buch darauf. Auf der anderen Seite steht auf einem kleinen, zierlichen Tisch ein Plattenspieler. Die offensichtlich einzige Schallplatte in diesem Haushalt liegt bereits auf dem Plattenteller. Ich riskiere mal einen Blick.

      DIE BELIEBTESTEN FEUERWEHRKAPELLEN DER NEUZEIT

      Okay, jedem das Seine.

      Gegenüber, an der rosa gestrichenen Wand, hängt ein kleines Bild. Es hat einen dünnen, roten Rahmen und zeigt einen gut gelaunten, die Fröhlichkeit springt ihm quasi aus dem Gesicht, jungen Mann mit extrem wuscheligem Haupthaar.

      „Sag mal, Bert, wer ist denn der Typ auf dem Foto, hier an deiner Wand?“

      „Welches Foto meinst du?“, kommt aus dem Nebenraum.

      Ich schaue mich noch einmal im Zimmer um.

      „Hier hängt nur ein Bild!“

      „Ach, das meinst du. Das ist Emil, einer meiner besten Freunde. Aber der lebt in einem anderen Universum. So oder so gesehen.“

      Bert kommt mit einem sorgfältig gefaltetem Päckchen Stoff in das Zimmer.

      „So, ich denke ich habe jetzt alles.“

      „Was ist das, Bert?“

      „Oh, das ist ein Fallschirm.“

      Ich fühle, dass mein Gesicht gerade ganz grün wird.

      Bert schaut mich an.

      „Nein, nein, keine Sorge. Im All könnte man so etwas sowieso nicht benutzen. Das ist nur ein Talisman; quasi.“

      Er stopft den Fallschirm in einen Rucksack und murmelt dabei: „Fallschirm, Gummiboot, … Dosenöffner … Milton, holst du mir bitte mal den Dosenöffner. Aus dem Küchenschrank.“

      Ich gehe in die Küche und stehe fragend vor dem Küchenschrank.

      „Wo?“

      „In der Schublade.“

      Drei sehr große Schubladen, jedenfalls für Schubladen, sehen mich an. Ich öffne die linke. Büroklammern. Nicht eine oder ein paar. Tausende! Tausende blitzende, blinkende Büroklammern blitze-blinken mich an! Kopfschüttelnd schließe ich die Schublade wieder und öffne die mittlere. Nicht einige oder ein paar. Randvoll gefüllt offenbart sich mir die Schublade mit, schwer zu schätzen, ebenfalls tausenden Kronenkorken. Und keiner sieht aus wie der andere.

      „Kronenkorken“, entfährt es mir laut und verwundert.

      „Oh, ja! Du hast meine Kronenkorkensammlung gefunden? Bring die bloß nicht durcheinander. Ich habe sie erst gestern sortiert.“

      Berge von Fragezeichen türmen sich über meinem Kopf.

      „Und außerdem sammle ich auch noch Büroklammern. Die müssen da auch irgendwo sein.“

      Ich öffne die rechte Schublade. TRARA! Ein Dosenöffner. Sonst nichts.

      Outergalaktische Gespräche

      „Der alleroberste Oberrat des Rates aller erleuchteten und bekannten Planeten kann mit großer Zufriedenheit bekannt geben, dass es, nach langen und schwierigen Verhandlungen, dem Verhandler gelungen ist, sich mit dem Verhandlungspartner der dunklen, nicht belichteten Seite des Universums zu einem ersten Treffen des Botschafters der hellen und einem Botschafter des dunklen Teils kommen wird. Sodele garumpf!“

      Ein glitzernder Nebel, der seine pastellenen Farben rythmisch wechselt, erfüllt einen Raum ohne Räumlichkeit. Man fühlt eine gewisse Geschlossenheit der Umgebung, kann sie aber nicht sehen oder ertasten. Dreiklänge erreichen unterbewusst die Gehörgänge. Gesprochene Worte unterscheiden sich durch einen kleinen Hall-Faktor von den telepathischen.

      Es ist frisch und warm gleichzeitig, so wie man es gerne hätte.

      Hier ist der Ort der Orte.

      Jedenfalls für die erhellte Region des Alls. Zumindest für den allerobersten Oberrat des Rates.

      „Diese langen und schwierigen Verhandlungen sollen von Erfolg gekrönt sein. Deshalb verkünden wir nun, nach langen und, … ääh … Verhandlungen, wer der auserwählte Botschafter, der mit dem Vertreter der dunklen Seite sprechen soll, des Oberrates des ersten Rate wer der Leuchthelligkeit mit der, … … … äääääh … … … es ist

      TÄTERETÄTÄTÄTÄÄÄÄÄ

      Onk-Onk-Onkra!

      Bitte schön, herzlichen Glückwunsch!“

      Wie von einem lautlosen, von oben geblasenen Föhn teilt sich der Nebel kreisrund um eine groß gewachsene, schlanke Person. Ihre glatte, weißen Haare, mit einem leichten Hellblauschimmer, reichen fast bis auf den Boden. Das Gesicht ist unbewegt und ausdruckslos. Sie schwebt auf einen gold leuchtenden Punkt zu, hebt bedeutungsvoll ihre Hand und sagt, oder telepathiert: „Ich gefalle!“

      Warum man am Mars nicht immer vorbei fliegen sollte

      Ein kaum merkliches Rütteln und schon hat man die Gravitation der Erde überwunden. Ganz ruhig und gleichmäßig gleiten wir durch den Raum. Eigentlich spürt man es gar nicht, man bemerkt es nur an den sich langsam, in noch unvorstellbar entfernten Entfernungen, bewegenden Sternen. Na ja, also die Sterne bewegen sich nicht, eigentlich, sondern unser Raumschiff, aber es sieht halt so aus.

      Ich verstaue Berts mitgenommene Sachen in einem Schrank mit der Aufschrift „Schrank für mitgenommene Sachen“.

      Bei Bert, und erst recht in seiner Rakete, herrscht zum Teil eine strenge Ordnung.

      „Sag mal, Bert, außer, weil es die Möglichkeit gibt, warum fliegst du so gerne ins All?“

      „Das ist nicht so leicht zu beantworten“, flötet eine fast empfindlich hoch frequentierte Stimme aus dem Nichts.

      „Mir hat er es bis jetzt noch nicht verraten. Und außerdem bin ich heute etwas nervös. Emotional angeschlagen. Leicht aufgebracht über die kleinsten Geringigkeiten. Man könnte schon sagen ich habe heute neurologisches Flattern. Oder auch … ogottogottogott.“

      „Darf ich vorstellen“, Bert kommt aus dem Nebenraum und unterbricht die Stimme, „mein neuer Bordcomputer. Eine sehr mitfühlende