Arik Steen
Frauenjagd
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Inhaltsverzeichnis
Prolog
Zwei Wochen zuvor ...
Neugierig schauten die zwei Jungs aus ihrem Versteck auf den «großen Vogel», der dort auf der Wiese stand und furchtbar Lärm machte. Männer waren ausgestiegen und dann auf das Haus von Miguel Dominguez zugegangen.
Kurz darauf kam ein Auto die Bergstraße herauf und hielt vor dem Haus des Schweinezüchters. Ein Mann stieg aus, holte aus dem Kofferraum einen Rollstuhl und klappte ihn auf. Dann half er einem weiteren Mann, der auf der Rückbank des Autos saß, hinein.
«Wer ist das?», fragte der vierzehnjährige Felipe. Er war ein schlaksiger, hager Junge mit etwas längerem Haar.
Sein zwei Jahre älterer Bruder schüttelte unwissend den Kopf: «Keine Ahnung, aber ich denke, Miguel hat eine Menge Ärger am Hals.»
«Glaubst du, das hat mit seiner verschwundenen Frau zu tun? Du weißt schon, die Hübsche?»
«Mit der Mutter von Sofia?», Rodrigo zuckte mit den Achseln: «Ich weiß es wirklich nicht. Aber es kann schon sein. Es ist jetzt drei Jahre her, seitdem sie verschwunden ist.»
«Arme Sofia», seufzte Felipe.
Sein Bruder grinste: «Du bist in sie verknallt, oder?»
«Nein, bin ich überhaupt nicht», schimpfte der vierzehnjährige Chilene und schaute seinen älteren Bruder böse an. Aber er wusste, dass sein Bruder recht hatte. Sofia war etwas älter als er, aber wirklich eine Schönheit. Und er wusste, dass auch sein Bruder auf sie stand.
«Du kannst es ruhig zugeben. Sie ist eine Hübsche! Aber zu alt für dich», flüsterte Rodrigo: «Sie ist eher was für mich!»
«Würdest du sie heiraten?»
«Na ja, eine Hübschere gibt es hier oben in den Bergen in jedem Fall nicht!»
«Deshalb meint Papa auch, dass sie irgendwann weg sein wird, genau wie ihre Mutter vor drei Jahren»
«Kann schon sein.», sagte Rodrigo und starrte auf den Mann im Rollstuhl, der in das Haus des Schweinezüchters geschoben wurde. Rodrigo war bereits deutlich kräftiger als sein Bruder. Durch das harte Arbeiten im Wald hatte er starke Muskeln bekommen.
Der mittlerweile 72jährige Richard Pope liebte seinen Rollstuhl, als wäre er ein Teil von ihm. Seit gut zehn Jahren war er auf «dieses Ding» angewiesen und am Anfang war es nicht einfach gewesen. In der Zwischenzeit war es sein rollender Thron und er hatte sich mit seinem Handicap abgefunden. Er hasste es, wenn man ihn bemitleidete. Das Leben war nun mal kein dauernder Zuckerschlecken und gegen das Schicksal half keine Macht der Welt. Deshalb hatte er sich damit abgefunden und das machte die Sache deutlich einfacher.
Miguel Dominguez war hier in den chilenischen Bergen aufgewachsen und lebte mehr schlecht als recht von seiner Arbeit als Schweinebauer. Es war ein harter Job und allzu viel kam nicht dabei heraus. Viele in den Bergen träumten von einem Leben in der Stadt und der «scheinbar großen weiten Welt». Auch Miguel hatte bereits versucht aus dem Leben eines Schweinebauers auszubrechen. Aber es war ihm nicht gelungen. Und nun holte ihn ein Stück des Ausbruchversuches wieder ein.
«Ich denke, du weißt, was das Problem ist, oder?», fragte Richard Pope den Schweinebauer und fuhr mit seinem Rollstuhl ein wenig nach vorne.
Miguel nickte. Natürlich wusste er, warum der Millionär hier war. Lange hatte er gehofft, dass der alte Mann es einfach gut sein ließ. Aber das war nicht der Fall. Pope war gnadenlos und das wusste jeder.
«Nun, du schuldest mir eine Menge Geld, eine richtig große Summe Geld», sagte der ehemalige Pornoproduzent und schaute dabei den Schweinebauern zornig an.
«Ich dachte Sie seien aus dem Geschäft ausgestiegen?», stotterte Miguel. Es war ihm deutlich anzusehen, dass er Angst hatte. Er hatte sich vor gut zwanzig Jahren bereits mit dem Mann aus der Erotikbranche eingelassen und gutes Geld verdient. In der Zwischenzeit hatte er alles verspielt und versoffen. Danach hatte er sich dummerweise Geld geliehen, aber auch das war nun weg. Viel Geld sogar.
Richard Pope schaute Miguel an und lachte: «Heißt das, dass ich auf mein Geld verzichten soll, das man mir schuldet? Auch wenn ich offiziell aus der Pornoindustrie ausgestiegen bin, so muss ich doch mit meinem Geld weiterarbeiten. Und es ist ziemlich mies, wenn mein Geld andere in der Hand haben. Damit kann ich definitiv nicht arbeiten. So wie du ein Teil meines Geldes in deinen schmutzigen Fingern hast. Und du bist nicht der Einzige, der mir Geld schuldet und dafür sorgt, dass ich damit nicht arbeiten kann!»
«Ich werde versuchen es zurückzuzahlen! Versprochen!»
«Versuchen?», schrie Pope auf: «Du solltest dir ein Bein dafür ausreißen! Es ist mein gottverdammtes Geld, das du versoffen und verhurt hast. Und ich will es zurück!»
«Ich werde mein Bestes geben!», Miguel zitterte. Man konnte ihm deutlich ansehen, dass er vor Pope Angst hatte.
«Das sagst du nun schon seit einem halben Jahr. Immer wieder!», sagte der Mann im Rollstuhl. Er gab seinem Begleiter ein Zeichen und der gab dem Schweinebauern eine Ohrfeige.
«Halt!», erklang eine weibliche Stimme: «Bitte nicht schlagen!»
Pope drehte seinen Rollstuhl in die Richtung aus der die Worte gekommen waren. Eine junge Frau erschien.
«Wen haben wir denn da?», fragte Pope grinsend und starrte auf die junge Dame. Sie war vielleicht sechzehn oder siebzehn Jahre alt. Hübsch. Sehr hübsch sogar.
«Bitte nicht ...», jammerte Miguel und ging auf die Knie.
«Wer ist sie?», Pope schaute sich die junge Frau genau an.
«Sie ist ... meine Tochter», man konnte hören, dass es dem Schweinebauern schwer fiel die Worte auszusprechen.
Der Mann im Rollstuhl lachte: «Du hast mir nicht gesagt, dass du etwas hast, das noch viel wertvoller ist als das, was du mir schuldest. Die Kleine hat durchaus ihren Wert.»
«Nein, bitte!», jammerte der Chilene. Auf seinem Gesichtsausdruck zeichneten sich Panik und Angst ab.
«Wie heißt du?», fragte Pope.
Sie schaute ihn ängstlich und schüchtern an: «Ich bin Sofia!»