Cato, der riesige Hund, klebte ihr dicht an den Fersen.
Valea seufzte und hockte sich vor ihm nieder.
„Na, mein Freund? Spielst du Leibwächter? Wie wäre es, wenn du mir hilfst und Jasmin suchst? Jasmin Lenz, etwa einen Meter siebzig groß, blond und ein hemmungsloses Plappermaul. Das würde mir hier eine Menge Peinlichkeit ersparen.“
Cato sah sie mit schiefgelegtem Kopf an. Dann drehte er um und trabte zu einer Tür. Dort blieb er stehen und sah sie auffordernd an.
Valea starrte zurück. Sie war sich überhaupt nicht sicher, wie sie dieses Verhalten deuten sollte.
„Teufel noch mal“, murmelte sie. „Wenn du mich wirklich zu Jasmin bringst, dann werde ich nie wieder über Lassie oder sonst welche Hundeserien schimpfen.“
Sie erhob sich und ging auf die Tür zu. Als sie diese geöffnet hatte, lag vor ihr ein langer Gang mit weiteren Türen zu beiden Seiten. Die Wände waren mit rotem Samt tapeziert, der Boden mit einem ebenso roten Teppich ausgelegt. Eine diffuse Beleuchtung erhellte den Korridor.
Cato eilte schnurstracks auf eine Tür zu und hockte sich davor.
Valea blickte erst auf die Tür und dann auf den Hund.
„Also gut“, meinte sie dann leise. „Vielleicht bin ich ja bescheuert, aber ich glaube dir einfach, okay? – Du hast nicht zufällig noch einen Vorschlag parat, was ich jetzt machen soll?“
Cato sah sie nur unverwandt an.
Valea seufzte.
„Dachte ich‘s mir doch. In der wichtigsten Phase kneifst du.“
Zaghaft klopfte sie an die Tür.
Als keine Antwort ertönte, drückte sie leise die Klinke herunter und öffnete sie.
Vorsichtig spähte sie in den Raum.
Er war relativ klein, gemütlich mit Sofa und Tisch sowie einem flauschigen Teppich eingerichtet, und wurde von einem großen Bett beherrscht.
Und auf dem Bett lag eine völlig nackte Jasmin, über ihr ein ebenso unbekleideter Mann.
Der Mann hielt die junge Frau eng umschlungen an sich gepresst und hatte sein Gesicht in ihrem Hals vergraben. Jasmin hatte die Augen geschlossen und zeigte einen völlig verzückten Gesichtsausdruck. Peinlich berührt wollte Valea sich zurückziehen, als der Mann seine Haltung änderte.
Sie hatte das Gefühl, dass ihr das Blut in den Adern stockte. Deutlich sah sie einen dünnen Blutfaden am Hals ihrer Freundin entlanglaufen. Direkt von der Stelle, an der der Mann seinen Mund an ihren Hals presste.
Bevor Valea sich fassen konnte, spürte sie kräftige Hundekiefer an ihrem Knöchel, die sie sanft, aber energisch zurückzogen.
Innerlich völlig erstarrt schloss sie leise die Tür und ließ sich mit weichen Beinen zu Boden rutschen. Dort holte sie erst einmal tief Luft.
Cato hockte direkt vor ihr und ließ sie nicht aus den Augen.
Valea starrte ihn an und versuchte ihre Gedanken zu sortieren.
Also gut. Ganz offensichtlich hatte sie da etwas sehr Ungewöhnliches gesehen. Andererseits hatte Jasmin ihr ja von ausgefallenen Sexpraktiken erzählt. Dass dabei auch gebissen wurde, war zwar neu, doch Jasmin schien es genossen zu haben.
Valea seufzte tief und sah wieder auf den Hund.
„Also gut“, meinte sie, „ich weiß noch nicht so ganz genau, was die beiden da machen, aber Jasmin scheint es dabei ja ganz gut zu gehen. Belassen wir es erstmal dabei, okay?“
Catos Antwort war ein Hecheln.
„Nichtsdestotrotz ist die Nachricht an sie dringend, darauf hat sie selbst bestanden. Also muss ich sie stören. Sprich, ich werde noch mal klopfen, aber dieses Mal lauter. Einverstanden?“
Der Hund legte sich auf den Bauch. Valea beschloss, dies als ein Ja zu deuten, und rappelte sich hoch.
Energisch klopfte sie gegen die Tür.
„Jasmin, ich bin’s, Valea. Darf ich mal stören?“
Ein erstickter Ruf war zu hören. Oder war es ein Fluch?
Es dauerte noch etwa eine Minute, dann wurde die Tür aufgerissen und der Mann stürzte heraus, bekleidet mit einer Jeans und nacktem Oberkörper.
Er warf Valea einen wilden Blick zu, so dass sie unwillkürlich zurückstolperte.
Cato knurrte den Mann mit gefletschten Zähnen an.
Dieser ließ sich davon nicht beeindrucken, und ging ohne ein Wort davon.
Kurz darauf erschien Jasmin. Sie wirkte etwas verwirrt, aber als sie Valea sah, lächelte sie erfreut.
„Was machst Du denn hier? Hab ich Dich endlich neugierig gemacht?“
Valea blickte unwillkürlich auf ihren Hals, aber es war nichts Blutiges mehr zu sehen, auch keine Bisswunden. Vielleicht hatte sie sich das Ganze ja eingebildet.
„Äh … geht’s dir gut?“, fragte sie zögernd. Jasmin lachte und zwinkerte ihr schelmisch zu.
„Mir ging es nie besser, wirklich. Tobias ist ein fantastischer Liebhaber. Jedes Mal danach habe ich schwache Beine.“
Valea konnte sich vorstellen, dass schwache Beine bei Blutverlust recht normal waren. Aber offensichtlich war Jasmin absolut ahnungslos und fühlte sich gut. Zumindest so gut, dass sie in ihrer gewohnten Art weiter plapperte.
„Aber jetzt erzähl, warum bist du hier? Du wolltest doch noch nie mit.“
„Dreimal darfst du raten. – Lisa Randell hat angerufen.“
Jasmin riss die Augen auf.
„Und? Was sagt sie?“
„Na, was soll sie schon sagen? Du hast den Job, Schätzchen. Ab Morgen bist du Assistenzärztin im Marian Hospital.“
Jasmin stieß einen begeisterten Schrei aus und fiel ihr um den Hals.
„Im Ernst? Das ist ja spitze! Oh mein Gott, einfach irre! Weiß Josef schon davon?“
„Natürlich nicht. Er ist schließlich nur dein Freund“, antwortete Valea spöttisch. „Außerdem hätte er sich bestimmt gewundert, dass du nicht bei mir bist.“
„Du bist wirklich ein Schatz“, strahlte Jasmin. „In allem. Aber dann muss ich jetzt los und es ihm erzählen. Wir telefonieren morgen miteinander, okay?“
Als sie an Valea vorbei wollte, wäre sie fast über Cato gestolpert, der sie daraufhin anknurrte. Jasmin wich erschrocken zurück.
„Was macht der denn hier?“
Ein Anflug von Panik lag in ihrer Stimme.
„Oh, er hat auf mich aufgepasst“, meinte Valea lakonisch. „Sei still, Cato. Eigentlich müsstest du Jasmin doch besser kennen als mich.“
Jasmin machte einen großen Bogen um den Hund, soweit es der Korridor zuließ.
„Er mochte mich noch nie, und ich ihn auch nicht“, meinte sie. „Du weißt doch, dass ich Hunde nicht ausstehen kann. Aber dass er dir hinterherrennt, hätte ich mir denken können. Gibt es eigentlich irgendein Geschöpf auf dieser Welt, das dich nicht mag?“
Valea musste lachen.
„Davon kannst du ausgehen. Aber Cato ist wirklich gut erzogen, nicht wahr, mein Junge?“
Sie tätschelte den massigen Hundekopf.
Cato hatte das Knurren auf ihren Befehl hin tatsächlich eingestellt und rieb jetzt den Kopf gegen ihre Hand.
Jasmin verdrehte die Augen, kicherte dann aber.
„Na dann amüsier dich mal mit deinem neuen Verehrer. Womit