Druide der Spiegelkrieger. Werner Karl. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Werner Karl
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738052206
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Füße weg und er brach endlich zusammen.

      Ohne auf ihren toten Kameraden zu achten, wechselten die anderen eilig ihre Positionen und versuchten den Ausgangspunkt des Schusses zu finden. Doch ihre eigenen Schritte überdeckten die leisen Bewegungen des Schützen.

      Einem erneuten, dieses Mal näherem Schnalzen folgte der Aufschrei eines weiteren Mannes, dem ein Pfeil in die linke Schulter gefahren war, und der nun versuchte, diesen abzubrechen. Das war ein Fehler, denn er blieb dabei stehen und ein zweiter Pfeil, nur wenige Zentimeter neben dem ersten, bohrte sich mitten in sein Herz.

      Jetzt erst besannen sich die Skoten auf ihre Kriegskunst und warfen sich zu Boden, hinter Büsche oder umgestürzte Stämme in Deckung.

      »Was meinst du, Eirik, wie viele sind es?«, keuchte Cullum zwischen wütend verzogenen Lippen hervor und verfluchte die zunehmende Dunkelheit. Er hatte noch nie Gefallen am Zwielicht gefunden. Eine schwarze Nacht war ihm immer lieber gewesen als ein heller Tag. Konnte er doch die Nacht als Schutz für seine Vorlieben und Tätigkeiten besser nutzen als gelben Sonnenschein. Cullum ahnte, dass dieses Mal die Nacht womöglich nicht sein Freund sein würde. Ihre Gegner hatten bereits drei seiner Kameraden getötet und sie wussten noch nicht einmal, wie viele es waren, geschweige denn, wo diese sich befanden. Wie zur Bestätigung wurde einer der am Boden liegenden Männer von einem langen Speer mitten ins Rückgrat getroffen und blieb tot liegen.

       Nummer vier!

      »Aarrrh!«, schrie Eirik in die Düsternis des Waldes. »Du feiger Hund, komm heraus und kämpfe mit mir!«

      Zu ihrer Überraschung erschall eine tiefe Stimme und Cullum erschrak darüber, wie nahe sie ihnen sein musste. »Du nennst mich einen Feigling? Vergewaltiger einer wehrlosen Frau.«

      Cullum, Eirik und die beiden letzten verbliebenen Skoten suchten die Stelle, aus der die Stimme zu kommen schien, doch nur wenige Wimpernschläge später kam ein Pfeil aus einer anderen Richtung und blieb eine Handbreit vor einem Mann zitternd in einem Baumstamm stecken. Mit vor Schreck geweiteten Augen warf dieser sich nieder.

      »Ein Waldgeist! Ein Dämon!«, rief er und nestelte an seinem Gürtel herum. Sein zweites Langmesser hatte sich verfangen und wollte einfach nicht in seine Hand.

      »Blödsinn! Das ist ein Mensch. Steh auf und kämpfe, du Feigling!«, sagte sein Kamerad und bückte sich zu ihm hinunter. Als er sich wieder aufrichtete, sah Cullum zwischen zwei Bäumen eine Gestalt stehen, mit aufgezogenem Pfeil in einem überlangen Bogen. Noch bevor er einen Warnruf ausstoßen konnte, traf der Pfeil den Mann mitten in die Stirn und er brach über seinem zitternden Kumpan zusammen.

      »Da waren es ihrer nur noch drei!«, erklang die dunkle Stimme, die längst nicht mehr zwischen den beiden Stämmen erklang, von wo aus ihr Besitzer geschossen hatte.

      Mit einem Mal sprang der Zitternde auf die Beine und rannte aus dem Wald in Richtung Bach davon, alle seine Waffen liegen lassend, bis auf das Messer, das er vergeblich hatte ziehen wollen.

      Cullum sah Eirik in die Augen und im gleichen Augenblick entdeckte er den Bogenschützen hinter seinem Anführer, der aus dem Dunkel des Waldes trat. Der Bogenschütze war nicht im Entferntesten das, was er erwartet hatte.

      Kein Picte, kein Caledonier oder Epidier, dachte er und lag dabei falsch. Aber in der Dunkelheit konnte er auch die Runen auf der Haut des Mannes nicht erkennen. In der Sekunde, als er den ersten kurzen Wurfspieß in der Brust seines Kampfgenossen gesehen hatte, hatte er sogar an Verrat und römische Soldaten gedacht. Doch das hier war völlig unerwartet.

      Der Bogenschütze war ein Druide.

      Doch Druiden kämpfen nicht. Sie sind Weise, Heiler und Priester, dachte er verwirrt.

      Aber der Druide, der nun auf die beiden letzten Skoten mit festem Schritt zukam, war eindeutig ein Kämpfer. Er ließ gerade achtlos seinen Bogen fallen und Cullum bemerkte, dass sein Köcher auf dem Rücken leer schien und er nun deswegen seinen weißen Umhang beiseiteschob und gleichzeitig zwei römische Kurzschwerter zog. Alleine, wie der Druide die Schwerter leicht schräg von sich hielt, verriet den geübten Schwertkämpfer.

      Cullum sah, dass Eirik scheinbar immer noch wie erstarrt ihrem Gegner den Rücken zukehrte.

      Du bist wirklich ein eiskalter Hund, dachte Cullum und bewunderte die Kaltblütigkeit, mit der sein Anführer den Tod seiner Krieger mit Nichtbeachtung strafte und sich nur darauf zu konzentrieren schien, seine eigenen Chancen zu verbessern.

      Aber wie konntest du wissen, dass unser Feind weder weitere Speere noch Pfeile hat? Vielleicht hättest du dich auch blitzschnell geduckt, wenn deine Ohren das Spannen des Bogens vernommen hätten und der dir zugedachte Pfeil mich getroffen hätte.

      Er beobachtete, wie Eiriks Hände sich um den Stiel seiner Streitaxt krümmten, die er vor seinem Körper verbarg, und nur darauf wartete, dass ihr Feind in seine Reichweite kam.

      Cullum überlegte kurz und traf eine Entscheidung.

      Anstatt Eirik bessere Chancen im Kampf zu verschaffen, hielt er die Idee, seinen Anführer als Garantie für den eigenen Rückzug, für sein eigenes Überleben zu benutzen, für Erfolg versprechender. Den Unglauben in Eiriks Augen nahm er als letzten Eindruck mit in die nun endgültig hereingebrochene Nacht, als er herumwirbelte und mit wenigen Sprüngen in der Finsternis verschwand.

      »Mistkerl!«, rief Eirik dem fliehenden Cullum nach und warf sich gleichzeitig dabei herum. Der Druide dagegen stand völlig ruhig in kurzer Entfernung und schien den Schritten Cullums nachzulauschen. Sicher rechnete er damit, dass der ihn womöglich im Wald umrunden und aus der Finsternis angreifen könnte. Doch beide hörten sie, wie sich die Sprünge Cullums rasch in einer Richtung entfernten.

      »So bist du nun allein, Vergewaltiger!«, hörte Eirik den Druiden gelassen sagen und konnte dessen tiefe Verachtung in der Stimme erkennen. »Acht Krieger gegen einen einfachen Jäger, seine Frau und seine beiden Söhne.«

      Er verriet damit, dass er die Leichen gefunden hatte und erst in der Dämmerung auf sie gestoßen war, und die Morde und zumindest den Anfang der Vergewaltigungen nicht mitbekommen haben konnte.

      »Wer bist du, Druide? Sag mir deinen Namen!«

      Beide standen etwa fünf Schritte voneinander entfernt und jeder behielt die Waffen des anderen im Blick und ließ sich weder durch Worte noch durch die Augen seines Gegners davon ablenken.

      »Warum sollte ich dir meinen Namen verraten? Ich bin kein berühmter Mann, also was kümmert es dich? Auf deinem Weg in den Abgrund des Schattenreiches benötigst du diese Information nicht. Du glaubst doch an den Orcus, den Herrn der Unterwelt, oder? Römersklave!«

      Das letzte Wort spuckte er förmlich heraus. Eirik war nun völlig verwirrt. Sein Gegner benutzte römische Schwerter, sprach selbst Latein und beschimpfte ihn im gleichen Augenblick als Römersklave. Vielleicht war er doch ein Picte?

      »Du besitzt römische Schwerter … im Grunde zeigst du damit, dass dir bewusst ist, dass das römische Imperium deinen tätowierten und bemalten Halbaffen hundertfach überlegen ist.«

      Die grenzenlose Wut, die nun aus den Worten des Druiden klang, machte Eirik klar, dass hinter diesem Mann weit mehr steckte als Heilkunst und priesterliche Tätigkeiten.

      »Nein, es zeigt einfach, dass mir jedes Mittel recht ist, Abschaum wie dich ins Jenseits zu befördern.«

      Beim letzten Wort schritt der Druide entschlossen auf Eirik zu und stach blitzschnell mit einer Schwertspitze in Richtung Eiriks Herz. Mit dem zweiten machte er einen fürchterlichen Hieb, den Eirik nur mit beidhändig geführter Axt abblocken konnte. Somit war es dem Skoten nicht möglich zu verhindern, dass ihm das erste Schwert einen tiefen Stich in den linken Oberarm versetzte. Es schmerzte und Eirik fluchte, aber die Wunde war nicht lebensbedrohlich. Leider konnte er damit die Axt nur noch mit einer Hand führen.

      Eirik hatte keine Zeit mehr, die schwere Streitaxt gegen ein leichteres Schwert zu tauschen. Denn noch bevor er die Axt zu einem eigenen Schlag erheben konnte, fuhr ihm das rechts geführte Schwert des