Klaus-Dieter Thill
Digitalaffine Patienten
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Inhaltsverzeichnis
1 Ein Horror-Szenario? Wenn Patienten Informationen aus dem Internet in das Arztgespräch einbringen
4 Internet-Recherchen und Self-Tracking signalisieren Engagement
5 Die drei Bausteine der Kommunikation mit digitalmedizinisch-orientierten Patienten
Vorwort
Niedergelassene Ärzte sehen sich immer häufiger veranlasst, mit digitalmedizinisch orientierten Patienten über deren Recherche-Ergebnisse aus dem Internet zu diskutieren, vor allem, um sie richtigzustellen. Ebenso nehmen Gespräche zu Self-Tracking-Daten und ihrer Relevanz für die Auswahl und Überprüfung von Behandlungs-Strategien zu. Darauf einzugehen ist für Mediziner teilweise äußerst erklärungsaufwendig und die limitierte und wertvolle Zeit für Patientenkontakte könnte insgesamt zum Nutzen der Praxisbesucher deutlich besser für andere Informationen und Behandlungen genutzt werden.
Die Reaktionen der Praxisinhaber auf die Diskussionswünsche der Patienten sind vielfältig, doch die meisten möchten sich am liebsten auf derartige Gespräche gar nicht erst einlassen. Aber Negierung oder Abwehr helfen als Antwort auf diese inzwischen manifestierte Entwicklung nicht. Derartige Anliegen werden nicht ab-, sondern stark zunehmen, so dass derjenige Arzt, der sich „sperrt“, gar nichts verändern kann und gleichzeitig seiner Praxis auf mittlere Sicht sogar schadet, da ein grundsätzliches Abwehrverhalten zu Patientenverlusten führt.
Was bleibt als Lösung? Akzeptanz und Duldung? Das sind definitiv die falschen Strategien. Optimal ist ein proaktives Management des Internet-Einflusses. Was hierfür benötigt wird, ist in den folgenden Kapiteln skizziert.
1 Ein Horror-Szenario? Wenn Patienten Informationen aus dem Internet in das Arztgespräch einbringen
Hoher KorrekturbedarfDas Thema "Medizin-Informationen für Laien aus dem Internet" hat für viele Mediziner einen stark negativen Aspekt. Immer mehr Patienten konfrontieren sie mit häufig unzutreffenden Aussagen aus dem Netz und daraus abgeleiteten persönlichen Überzeugungen. Dadurch steigt der Gesprächs-Zeitaufwand zum Teil erheblich, da die den Internetquellen entnommenen Fehlinformationen zunächst korrigiert werden müssen, denn ohne derartige Interventionen ist eine reibungslose Anwendung der notwendigen Behandlungsprinzipien oft gefährdet. Auch Emotionen spielen eine RolleDas Problem der meisten Praxisinhaber ist, nicht zu wissen, wie sie auf diese Entwicklung reagieren und damit umgehen sollen. Hieraus resultiert eine Reihe von Emotionen, die die Praxisinhaber durchaus offen eingestehen:
Ärger und Wut, sich rechtfertigen und verhandeln zu müssen,
Frustration, dass der gezeigte Betreuungseinsatz den Patienten nicht genügt,
Verunsicherung und Irritation über die „Macht“ des Internets,
Trotz resultierend aus der mangelnden Bereitschaft, auf „Druck von außen“ ihr patientenbezogenes Verhalten umzustellen.
eHealth führt zu einem ähnlichen PhänomenDoch nicht nur Internet-Informationen verändern die Arzt-Patienten-Kommunikation, auch die zukünftig zu erwartende intensive Anwendung von mHealth-Lösungen wirkt sich bereits heute ansatzweise aus. So schilderte ein Internist den Fall eines Patienten, dessen neu entdeckte Hypertonie medikamentös behandelt wurde, dass dieser aufgrund seiner Self-Tracking-Daten der Meinung war, sein Blutdruck hätte sich durch die Einnahme des Präparates nicht verbessert. Er suchte den Arzt auf und bat um Verordnung eines anderen, wirksameren Medikamentes. Die Erklärung, dass die Arzneimittel-Einnahmedauer noch zu kurz sei und man ggf. auch die Dosis anpassen müsse, überzeugten ihn zunächst nicht. Er führte immer wieder die Objektivität der von ihm gemessenen Daten sowie seine Erkenntnis bestätigende Daten aus Internetforen an. Erst nach längerer Diskussion erklärte er sich bereit, den Beobachtungs-Zeitraum auszudehnen, um danach gemeinsam mit dem Arzt seine Blutdruck-Situation neu zu beurteilen.
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