Bei dem Preis schüttelt Ren nur den Kopf. »Du würdest von den Behörden fünf Silbermünzen bekommen, wenn sie ihn tot auffinden und in dem Zustand wird dir kein Händler den Sklaven abkaufen.« Ernst sieht er den Ledergerber an. »Ich biete dir die fünf Silbermünzen an. Dafür hast du keine Rennerei zu den Behörden, wenn wir gleich hier alles erledigen. Das Überschreiben des Sklaven auf mich übernehme ich morgen auch gleich.«
Trotz des doch guten Angebots schüttelt Gosho den Kopf. »Nein. De Sklav’ is’ mehr wert. Du kriegst ihn für zehn Silbermünz’.«
Laut lacht Ren auf. »Vergiss es. Du hast selbst gesagt, dass Nino krank und zu nichts zu gebrauchen ist. Ich gehe auf sieben Silbermünzen hoch, aber dafür will ich direkt hier ein neues Lederhalsband für ihn haben. Ich weiß, dass du welche herstellst.«
Mit sich ringend beißt sich Gosho auf die Lippen. »Acht Silbermünz’. Keine Münz’ weniger.«
Nachdenklich reibt sich Ren das Kinn. »Na gut. Hol die Papiere und das Lederhalsband. Ich habe den Wappenstempel hier.«
Leise murrend steht Gosho auf. »Wart’ hier. I’ bi’ gleich z’rück’.«
Als Gosho weg ist, lehnt sich Ren zurück. »Das ging leichter als gedacht. Jetzt noch schnell alles erledigen und dann ab an die frische Luft«, raunt er Jamon zu, der blass hinter ihm steht und nickt.
»Ja, so langsam wird mir wirklich schlecht«, antwortet er leise.
Da kommt Gosho schon mit einer Mappe und einem braunen Lederhalsband zurück. »Ich hab nur’n braun’s Halsband.« Er legt die Papiere auf den Tisch und sieht Ren auffordernd an.
Dieser nimmt nun den Wappenstempel aus der Tasche und überreicht ihn Gosho. »Zähl du die Silbermünz’ ab. I’ mach des Halsband fertig.«
»Als ob das so schwer zu zählen wäre«, murrt Jamon tonlos, während Ren die acht Münzen auf den Tisch legt und die Papiere an sich nimmt.
Kurz darauf kommt Gosho mit dem frisch gebrannten Lederhalsband zurück und legt es mit dem Wappenstempel vor Ren hin. »So, de’ Nino g’hört jetz’ dir. Prügel in reg’lmäss’g, sonst hat er kei’ Respekt.«
Ohne sich seine Gedanken anmerken zu lassen, steht Ren auf und nimmt das Lederhalsband an sich. »Danke, Gosho. Es ist wie immer ein Vergnügen gewesen, mit dir ein Geschäft zu machen.«
»Ich bi’ de’ Nichtsnutz los. Ich wünsch der viel Spaß mit ihm«, erwidert dieser nur und führt die beiden wieder nach draußen.
Nachdem sich Ren von ihm mit einem Handschlag verabschiedet hat, gibt er Jamon ein Zeichen und sie machen sich auf den Rückweg.
Tief zieht Jamon die deutlich frischere Luft ein. Obwohl sie auch hier draußen noch deutlich nach den Gerbstoffen riecht, kommt sie ihm nach dem Gestank in Goshos Haus unglaublich rein vor.
»Die Gerber nehmen den Geruch schon gar nicht mehr wirklich wahr. Sie sind ihn gewohnt«, erklärt Ren, während sie an den Häusern vorbeilaufen.
»Kaum zu glauben. Ich dachte, ich ersticke da drin«, murrt Jamon und holt den Schal aus der Tasche. Eilig schlingt er ihn um seinen Hals und zieht sich dann noch die Mütze und die Handschuhe an.
Von nun an schweigend, gehen sie durch die nur minimal belebteren Straßen. Kaum einer wagt sich heute aus dem Haus, obwohl die Sonne inzwischen kalt vom Himmel scheint.
Endlich haben sie es geschafft. Unter dem lauten Wiehern von Rocky und Blacky betreten sie den Hinterhof.
»Was meinst du? Sollten wir für Nino eine Liege in die Küche stellen?«, schlägt Jamon nachdenklich vor. »Dann hat er es schön warm und muss nicht die Treppe runter, um ins Bad zu kommen. Außerdem sparen wir dann Feuerholz.«
»Das wäre unfair. Du hast dein eigenes Zimmer und Nino soll in der Küche schlafen? Ich werde das kleine Zimmer neben meinem Schlafzimmer ausräumen, dann kann er da schlafen.«
»Ich meine nur. Seine Entzugserscheinungen werden sicher noch schlimmer werden und dann könnte es sein, dass er mit der Treppe Probleme bekommt. Außerdem wird er sicher Schüttelfrost bekommen und über die Wärme in der Küche froh sein.«
»Verstehe. Dann machen wir es so, bis er den schlimmsten Entzug hinter sich hat. Bereitest du alles vor und hilfst mir dann beim Ausräumen des Nebenzimmers?«
»Natürlich. Ich habe auf dem Dachboden eine alte Liege gefunden, die hole ich runter. Außerdem brauche ich mein Bett ja nicht mehr. Ich werde es Nino überlassen.«
»Danke. Es wird sich einiges ändern.« Leicht lächelnd sieht Ren zu seinem Enkel, als er die Hintertür öffnet und sie das Haus betreten.
»Sharik, wir sind wieder da!«, ruft Jamon laut, als er die Jacke und die Schuhe auszieht.
»So schnell?«, ertönt es aus dem Lager. Kai streckt den Kopf heraus. »Ihr wart doch nur zwei Stunden weg. Gabs Probleme?«
»Nein, Nino gehört jetzt uns. Oder besser gesagt: mir. Gosho hat schon einen neuen Sklaven und schien nicht böse zu sein, ihn loszuwerden.«
Erleichtert atmet Kai auf. »Gut. Ich hatte schon befürchtet, dass er Probleme machen könnte. Musstest du hart verhandeln?«
Grinsend schüttelt Ren den Kopf. »Nein, da er sich mit seinen eigenen Worten ein Eigentor geschossen hat, konnte ich ihn ohne Probleme auf acht Silbermünzen inklusive Halsband runterhandeln. Die Papiere habe ich auch bekommen und werde ihn morgen gleich bei den Behörden auf unseren Namen ummelden. Nicht dass Gosho doch noch auf dumme Gedanken kommt und ihn als entlaufen meldet.«
»Das wird besser sein. Aber ich werde zu den Behörden gehen. Ich will nicht, dass du dich überanstrengst, indem du morgen schon wieder durch den Schnee und die Kälte läufst. Es reicht mir schon, dass ich dich nicht davon abhalten kann, zum Markt zu gehen.«
Ren öffnet schon den Mund, um etwas zu sagen, als Jamon ihm die Hand auf die Schulter legt. »Kai hat recht. Er sollte das erledigen, damit du dich erholen kannst.«
Murrend verschränkt der alte Mann die Arme. »Jaja … ich bleibe morgen zu Hause. Aber du gehst gleich nach Sonnenaufgang los, mein Junge.« Streng sieht er Kai an, der seufzend die Augen verdreht und dann nickt.
»Ja, ich gehe dann gleich los. Zur Not auch vor dem Frühstück.«
»Braver Junge«, neckt Ren seinen Enkel und drückt ihm die Papiere in die Hand. »Hier, mach dich mal schlau, auf was wir uns bei Nino einstellen müssen. Ich gehe jetzt zu ihm hoch und gebe ihm das neue Sklavenhalsband.« Die beiden Jungs zurücklassend geht Ren die Treppe nach oben.
Als er das Wohnzimmer betritt, springt Nino vom Sofa auf, muss sich dann aber gleich festhalten, weil er das Gleichgewicht zu verlieren droht. »Meister Ren, ich … tut mir leid, dass ich nicht unten bin und mitarbeite. Ich …«
Lächelnd hebt Ren die Hand. »Niemand hat von dir verlangt, dass du schon mitarbeitest. Werde erst mal gesund und dann sehen wir weiter.« Bewusst hat Ren mit sanfter Stimme gesprochen. Erst als sich Nino etwas entspannt, geht er auf ihn zu und hält ihm das neue Sklavenhalsband hin. »Hier, du gehörst ab heute uns«, sagt er lächelnd und wartet geduldig ab, bis Nino zögernd das neue Halsband nimmt und es misstrauisch ansieht. »Komm, ich ziehe dir das alte Halsband aus. Das neue musst du im Haus nicht tragen, nur wenn du in den Laden gehst oder das Grundstück verlässt, musst du es anziehen. Jamon trägt es hier im Haus auch nicht.« Vorsichtig öffnet Ren die Schnalle an dem alten Halsband und zieht es ihm aus. »Oh, die Haut ist ganz wund. Also lass das neue Halsband wirklich erst einmal ganz weg.«
»Das würde ich auch sagen. Es ist unsinnig, wenn du das Halsband hier im Haus trägst. Besonders, wenn du dabei Schmerzen hast«, mischt sich Jamon ein, der gerade ins Wohnzimmer kommt. »Großvater, hast du noch eine Decke und ein Kissen übrig? Ich will die Sachen gleich mit der Liege in die Küche schaffen.«
»Ja, schau mal in meinem Schlafzimmer im Schrank nach. Dort solltest du alles