Stefan Heidenreich
Fünf Tage - Thriller
......bis Du stirbst !
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Inhaltsverzeichnis
26. Juni 1968, irgendwo in Deutschland
26. Juni 1968, irgendwo in Deutschland
„Wir sprechen hier also von Mord!!!“, stellte der junge Mann mit ernster Miene fest, während er unruhig auf seinem Stuhl hin und her rutschte. Sichtlich bemüht, nicht allzu überrascht oder gar unsicher zu wirken. Schließlich hatte er zusammen mit seinem besten Freund gerade einem mehrstündigen Vortrag gelauscht und sich jetzt, nachdem er einen konkreten Überblick bekommen hatte, zu Wort gemeldet. Kaum ein anderer Mensch im Alter von 25 Jahren wäre in der Lage gewesen, über einen so langen Zeitraum die Ruhe zu bewahren. Das war wieder eine der Eigenschaften, durch die sich die beiden Männer auszeichneten und die sie für die bevorstehenden Aufgaben besonders qualifizierten.
Während des Nachmittags hatten sie von Dingen erfahren, die sie sich bis zu diesem Zeitpunkt niemals hätten vorstellen können. Man saß in einer kleinen Gruppe zu fünft um einen massiven Schreibtisch herum. Dem Raum, bei dem es sich um eine Anwaltskanzlei handeln sollte, fehlten sämtliche Utensilien, die man im Allgemeinen in solchen Büros erwarten würde. Weder Gesetzbücher noch Urteilssammlungen oder ähnliche Literatur zierte die schmucklosen Holzregale. Zu einer Zeit, in der große Unternehmen und Kanzleien bereits über einen Fernschreiber verfügten, gab es hier nicht einmal ein Telefon.
Lediglich ein Tisch sowie fünf Stühle waren die stummen Zeugen der ungewöhnlichen Unterhaltung in dieser irrealen Umgebung.
Von den drei anwesenden Herren fortgeschrittenen Alters sprach bisher nur ein einziger.
Genauso wie seine Kollegen hatte auch er das damals gültige Rentenalter von 65 Jahren scheinbar schon deutlich überschritten.
Offensichtlich handelte es sich um den Chef einer Organisation, von der niemand wusste, dass sie überhaupt existierte. Keiner der Anwesenden stellte sich mit seinem Namen vor.
Einzig, dass es sich bei diesem Termin um eine Art Vorstellungsgespräch handeln sollte, konnte im Vorfeld geklärt werden. Ansonsten hatte man die jungen Männer völlig im Unklaren darüber gelassen, um was es gehen sollte.
Die beiden waren bereits seit frühester Kindheit miteinander befreundet. Schon im Alter von fünf Jahren hatten sie im Kindergarten zusammen gespielt, später dieselben Schulen besucht und im Anschluss daran sogar gemeinsam Jura studiert. Im Laufe der Jahre entwickelten sie dieselben ideologischen Gedanken und Pläne. Wie viele junge Juristen träumten sie davon, eines Tages als Strafverteidiger, Staatsanwalt oder sogar als Richter unsere Welt ein bisschen besser machen zu können. Während sich der Rest der Jugend in der Welt der Blumenkinder seinen Weg durchs Leben suchte, und Revolutionen an der Tagesordnung waren, blieben sie stets bodenständig. Sie besuchten keine der üblichen Großveranstaltungen, die im Allgemeinen mit dem Einsatz von Wasserwerfern endeten, und so kamen sie auch nie mit dem Gesetz in Konflikt.
Ihren Abschluss hatten beide mit summa cum laude hinter sich gebracht. Der nächste Schritt auf dem Weg des Erfolges sollte die Doktorarbeit sein, über deren Inhalt sie sich, wieder einmal als Team, seit geraumer Zeit Gedanken machten.
Und so hätte diese Erfolgsstory auch weitergehen können, wäre da nicht vor einem halben Jahr dieser Unbekannte aufgetaucht, der sie nach einem Besuch bei ihrem ehemaligen Professor auf dem Parkplatz der Universität angesprochen hatte.
Bereits an jenem kalten Dezembermorgen hatte es der Fremde nicht nur fertiggebracht die Neugierde der beiden Hoffnungsträger der deutschen Judikative zu wecken, sondern sie auch gleichzeitig zur absoluten Geheimhaltung zu verpflichten. Nicht einmal der Name des Mannes war ihnen genannt worden. Sie ahnten, dass sie offensichtlich für höhere Aufgaben vorgesehen waren.
Von diesem Tag an sollte das Leben der beiden Kameraden eine neue Richtung einschlagen, von der sie nicht wussten, wo sie eines Tages hinführen sollte. Neben unzähligen psychologischen Tests, die sie über sich ergehen lassen mussten, wurde auch ihr Gesundheitszustand intensiv überprüft. Fast täglich entwickelten sie neue Theorien, wie ihre Zukunft verlaufen könnte, wenn sie sich mit dieser offensichtlich im Untergrund operierenden Organisation einlassen würden.
Bis vor zwei Tagen der Fremde, der sie damals angesprochen hatte, sie zu einem Termin in eine Anwaltskanzlei bat. Wie gehabt durften sie mit niemandem darüber sprechen. Die Frage nach den üblichen Unterlagen wie Bewerbungsschreiben, Lebensläufe, Zeugnisse oder Abschlüsse, die mitzubringen wären, wurde kurzerhand verneint.
„Bringen Sie einfach sich selbst und Ihre Ideale mit. Mehr brauchen wir nicht!“, waren die Worte des Fremden, kurz bevor er sie aus seinem Mercedes entließ. Anschließend verschwand er genauso schnell, wie er nur wenige Minuten zuvor scheinbar aus dem Nichts auftaucht war.
Längst hatte man in insgesamt 18 Monaten mühevoller Kleinarbeit alles zusammengetragen, was es über die beiden Freunde zu wissen gab. Sie waren die einzigen Verbliebenen aus einer endlosen Reihe möglicher Kandidaten. Die Suche nach jungen Leuten, die sich für die bevorstehenden Aufgaben eignen würden, dauerte nun schon sechs Jahre. Obwohl man anfangs davon ausging, drei Personen finden zu müssen, entschied man sich, es in diesem besonderen Fall bei den beiden zu belassen. Auch wenn es sich im Laufe vieler Jahre als vorteilhaft herausgestellt hatte, divergierende Meinungen zweier durch einen Dritten entscheiden zu lassen, war man von der Entschlussfreudigkeit der beiden geradezu fasziniert.
Zwei Menschen, die sich beide mit ihren persönlichen Vorstellungen und Ansichten einbrachten und trotzdem immer in der Lage waren einen gemeinsamen Entschluss zu fassen, zu dem beide unumstößlich standen. Durch dieses Zusammengehörigkeitsgefühl bildeten sie eine einzigartige