Wie meine Kindheit und deren Wunden mich verfolgte
Seit vielen Jahren versuche ich, das Vergangene hinter mir zu lassen, doch bisher habe ich die schmerzhafte Vergangenheit lediglich immer sehr weit von mir weggeschoben. Ich habe versucht, nicht daran zu denken und soweit es möglich war, die Kindheit zu verdrängen. Doch verdrängen ist keine Lösung, denn die verdrängte Vergangenheit holt einen immer wieder ein. Es gab in all den Jahren immer wieder Momente, wo ich mich plötzlich wieder mittendrin in meiner Kindheit befand. Ich möchte mich nun endlich der Vergangenheit stellen, um mit den seelischen Verletzungen besser umgehen zu können, sie zu bewältigen und letzten Endes mit diesem sehr belastenden Zeitabschnitt endgültig abschließen zu können. Ich möchte nach „hinten“ schauen, ohne dass es so sehr schmerzt, wie es all die Jahre getan hat. Ich möchte die zahlreichen Bilder, die ich glaubte, niemals vergessen zu können, endlich aus meinem Kopf verbannen. Und ich möchte vor allem endlich Ruhe in mein verwundetes Herz einkehren lassen und meinen inneren Frieden finden. Darum möchte ich heute meine Erfahrungen niederschreiben, um die Geschehnisse, die mich so sehr geprägt haben, zu verarbeiten und mich von meiner Vergangenheit zu befreien. Das Schreiben hat mir sehr oft im Leben geholfen, um diesen oder jenen Schmerz, den mir das Leben zugefügt hat, einigermaßen ertragen und bewältigen zu können. Ich hoffe, dass mir das auch dieses Mal gelingt. Ich hoffe, dass ich die Geschehnisse, indem ich sie niederschreibe, danach in eine Art „Papierkorb“ wegwerfen kann. Denn ich möchte nicht mein ganzes Leben lang gegen die Folgen meiner schweren Kindheit ankämpfen. Ich bin des Kämpfens so müde geworden. Daher möchte ich mich lieber ein letztes Mal mit meiner Vergangenheit auseinandersetzen und sie endlich akzeptieren, anstatt mich ein Leben lang als das Opfer der Vergangenheit anzusehen. Ich möchte mir selbst mit dem Buch neue Kraft und Stärke geben, denn ich lebe im Hier und Jetzt und nicht in der Vergangenheit. Die Vergangenheit möchte ich nun endlich hinter mir lassen. Meine Kindheit war nicht schön. Nein, sie war alles andere als das. Doch egal, was auch alles Schreckliches in meiner Kindheit geschehen ist, es ist vorbei. Es scheint manchmal, als ob mich all das Geschehene noch immer verfolgt und nicht loslassen möchte, doch es ist vergangen und vorbei. Es hat viele Jahre gedauert, bis ich dies begriffen habe. Diesen sehr wahren und wertvollen Satz hat mir mein Psychotherapeut in mein Bewusstsein gebracht. Mein wundervoller Therapeut, mit dem ich ein Stück meines Lebensweges gegangen bin, als ich aufgrund von Schicksalsschlägen in einer sehr tiefen Lebenskrise steckte. Es war nicht die schwere Kindheit, die mich zu ihm geführt hatte, sondern es war die Trauer. Doch er hat mir nebenbei auch dabei geholfen, zu lernen, wie ich als erwachsene Frau endlich dem düsteren Schatten meiner Kindheit entkommen kann. Die Vergangenheit kann ich leider nicht ändern und ich kann sie auch nicht rückgängig machen, doch mein Therapeut hat mir dabei geholfen, in der Gegenwart besser damit umzugehen.
Was für ein Mensch ist meine Mutti?
Meine Mutti ist eigentlich ein guter Mensch, so zumindest sehe ich es heute. Irgendwie ist sie, wie mir scheint, nur wahrscheinlich selbst nicht zu einem stabilen Menschen herangewachsen und sie ist zudem im Erwachsenenalter immer an die falschen Männer geraten. Seinen Partner sucht sich jede Frau zwar selbst aus, aber es gibt viele Frauen, die –aus welchen Gründen auch immer- leider immer denselben Typ Mann auswählen, unabhängig von der Tatsache, ob dieser Mann ihr gut tut oder nicht. Ich glaube mittlerweile sogar, dass sie wahrscheinlich gern eine gute Mutter gewesen wäre, doch irgendwie war sie nie wirklich in der Lage, es auch zu sein. Viel zu sehr war sie immer mit sich selbst, mit ihrem Selbstmitleid und vor allem mit ihrem Alkoholismus beschäftigt. Das hat sie daran gehindert, für ihr eigenes Kind Verantwortung zu übernehmen und ihrem Kind Liebe und Fürsorge zu schenken. Manchmal hätte ich glauben können, dass ich die Mutter und sie die Tochter ist. Sie hat mir in all den Jahren so tiefe Wunden zugefügt, meiner Seele so viele blaue Flecken zugesetzt, doch ich glaube, sie hat es nicht einmal gemerkt oder zumindest denke ich, hat sie es nicht bewusst wahrgenommen, wie sehr ihr eigenes Kind unter der Kindheit gelitten hat und es vielleicht ein Leben lang tun wird. Dies möge vielleicht gerade nach Verständnis klingen, was mir in der Kindheit keineswegs gelungen ist. Jedoch ist es mir dennoch noch immer unbegreiflich und ich frage mich auch heute noch, warum sie den tiefen Schmerz auf der Seele ihres eigenen Kindes nie spürte. Ich kann es nicht verstehen und werde es auch niemals verstehen können, warum sie nie fühlte, wie mein Herz nach Hilfe und vor allem nach Liebe und Geborgenheit schrie.
Tränen der Seele
Ich habe so viele Tränen geweint, doch Tränen der Seele wollte oder konnte in dieser „kalten“ Welt niemand sehen. Dies macht mich auch heute noch unsagbar traurig. Wie kann es eine Mutter nicht interessieren, wenn sich das eigene Kind so sehr nach Liebe sehnt und vor Kummer und Schmerz zergeht? Wie kann es eine Mutter nicht interessieren, wenn das eigene Kind so sehr leidet? Wenn die Seele ihres Kindes so sehr nach Hilfe schreit? Das kann ich auch heute noch nicht verstehen. Zumindest nicht aus den Augen einer Mutter betrachtet, denn mittlerweile bin ich selbst Mutter und ich liebe meine Tochter über alles. Egal, ob es ihr gut geht oder schlecht, ich sehe es ihren Augen an und fühle es einfach. Es gibt für mich als Mutter nichts Wichtigeres, als meine Tochter zu lieben und für sie dazusein, wenn es ihr nicht gut geht und sie mich braucht. Ich würde für sie sterben, weil ich sie aus tiefstem Herzen liebe. Und dies ist nicht schwer. Nein, sein eigenes Kind zu lieben, es gibt, zumindest für mich, nichts Einfacheres. Dies geschieht doch von ganz allein. Solange ich lebe, wird es das Wichtigste für mich sein, mein Kind zu lieben und für sie dazusein. Warum dies meiner Mutti nie gelungen ist, sie nicht in der Lage war, mir Liebe und Fürsorge zu schenken, ich weiß es nicht. Doch jeder Mensch ist und fühlt halt anders.
Ich sehnte mich nach einem intakten und liebevollen Elternhaus
Es ist meiner Mutti nie gelungen, ein intaktes Elternhaus zu schaffen. Unser Familienleben war von Anfang an zerrüttet und es war völlig anders, als ich es in anderen Familien sah und wahrnahm. Liebe und Geborgenheit zu schenken und Halt und Sicherheit zu übermitteln, war sie nie in der Lage. Dabei sind dies doch die wichtigsten Voraussetzungen für positive Kindheitserlebnisse, wie ich heute weiß. Es ist so wahnsinnig wichtig, dass sich das Kind zu Hause geborgen fühlt und es spürt, dass es von den Eltern geliebt wird. Ein Kind muss zu jeder Zeit fühlen, dass die Eltern alles tun, damit es dem Kind gut geht, dass es in einer liebevollen und sicheren Umgebung aufwächst. Ein Kind sollte Verständnis, Halt und Vertrauen erfahren. Ein Kind sollte vor allem bedingungslos geliebt werden, das ist das Allerwichtigste. Die Liebe ist das wichtigste Fundament in jeder Beziehung. Und sein eigenes Kind zu lieben, sollte für jede Mutter und jeden Vater so einfach und selbstverständlich sein. Und wenn man nicht lieben kann, dann sollte man kein Kind zur Welt bringen, sondern sollte kinderlos bleiben. Dies zumindest ist meine Meinung und das ist der größte Vorwurf, den ich an meine Mutter richte. Ich