The Crow Chronicles. Kira Beauchamp. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Kira Beauchamp
Издательство: Bookwire
Серия: The Crow Chronicles
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742799005
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gemeinsam die besten Kämpfer in den Featherglades waren? Keine Krähe konnte uns das Wasser reichen und bisher hatten es auch kein Mensch und kein Gargoyle, der uns über den Weg gestolpert war, ernsthaft geschafft, uns zu ärgern.

      Das einzige Thema, bei dem wir uns nie einigen konnten, waren die Frauen. So auch an besagtem Abend, als wir gemeinsam in der Taverne saßen und uns einen Schlummertrunk gönnten. Die Sonne war gerade erst untergegangen, aber als Soldaten begannen die Tage früh und endeten deswegen auch kurz nach Sonnenuntergang. Es war unser letzter Abend in den Featherglades und eine gewisse Nervosität vor dem kommenden Tag ließ sich bei mir und auch bei meinem großmäuligen Bruder nicht leugnen.

      “Ich denke nicht, dass außer uns irgend eine Krähe von dieser Mission zurückkehren wird”, erklärte er soeben zu meinem Erstaunen.

      “Seit wann bist du so pessimistisch?”, wollte ich verwundert wissen und nippte an meinem Met. Während Baeye schon das zweite Glas geordert hatte, trank ich langsam, denn ich würde schon nach diesem Glas nicht mehr sicheren Schrittes nach Hause gehen.

      Doch Baeye war normalerweise nicht der Typ, der nach zwei bis drei Gläsern wirklich anders wurde oder ebenso trübselig wie viele Soldaten sonst.

      “Ich bin nicht pessimistisch, sondern eher größenwahnsinnig”, klärte er mich auf und am Glitzern seiner Augen erkannte ich, dass er doch nicht mehr ganz so nüchtern war, wie ich zuerst geglaubt hatte. Dennoch wurde ich nicht schlau aus ihm, oder vielleicht auch gerade deswegen.

      “Diese Reise - das ist ein reines Himmelfahrtskommando. Realistisch wäre zu sagen, dass keiner von uns zurückkehrt. Zwei, das ist schon eine richtig gute, sehr optimistisch geschätzte Quote”, Nun sah ich sie. Die Angst in seinen Augen. Wie hatte ich sie übersehen können? Mein tapferer und lauter Bruder Baeye fürchtete sich vor dem, was am nächsten Tag auf uns wartete. Erstaunen machte sich in mir breit, dann Entsetzen.

      Was war erst mit mir, wenn er sich bereits so fürchtete? Was sollte mit mir passieren, wenn er schon nicht mehr richtig ans Überleben glaubte?

      “Ich bin gespannt, wohin das Los uns schicken wird”, murmelte ich, nachdem ich zu lange geschwiegen hatte. Auch mir lag der kommende Tag schwer auf dem Magen und ich hoffte, wenn der Boden meines Glases erreicht war, auch sicher tief schlafen zu können.

      Am kommenden Morgen, bei Sonnenaufgang würden wir uns alle in der Kaserne einfinden müssen. Der Tag der Aussendung stand bevor und das bedeutete, dass wir in kleinen Gruppen von bis fünf Mann in irgendein Gebiet von Ivoryvale gesandt werden würden. Entscheiden mit wem und wohin würde ein Los. Nicht allzu prickelnd, wenn man bedachte, an wie vielen verschiedenen Plätzen inzwischen gekämpft wurde. Ich befürchtete jedoch, dass das Los ebenfalls schon im Voraus wusste, wer für welchen Einsatz geeignet war und so standen die Chancen für Baeye und mich nicht unbedingt gut, galten wir doch als die besten Speerkämpfer der Einheit.

      “Gayle?” Ich schreckte hoch, nachdem ich minutenlang nur mein Glas in der Hand gedreht hatte. Bestimmt war mein Met längst warm und ungenießbar. Ich lockerte mein Wams und hob den Kopf.

      “Was?”, wollte ich verwirrt von meinem Zwillingsbruder wissen.

      “Siehst du die Kleine da hinten?”, Er deutete unauffällig mit dem Kinn in eine düstere Ecke der Bar. Die ‘Kleine’, die er anvisiert hatte, konnte ebenso gut zwanzig Jahre alt sein, wie sie auch vierzig davon auf dem Buckel haben konnte.

      “Das Einzige, was ich von ihr sehe, sind die Beine”. Meine Begeisterung hielt sich in Grenzen.

      “Nun, Beine sind gut. Beine können ein Anfang sein”, Baeye war wesentlich optimistischer als ich. Ich zuckte mit den Schultern. Das Glas, welches das Objekt der Begierde vor sich stehen hatte, war ziemlich groß und bereits ziemlich leer. Die Chance, dass mein Bruder auf willigem Terrain wilderte, stand also nicht mal schlecht.

      “Ich denke, ich werde eher schlafen gehen. Alleine. Ohne Beine”, erklärte ich und als Baeye mich mit hochgezogener Augenbraue musterte, grinste ich ihm zu.

      “Auf meinen eigenen Beinen!“ Nun lachte er und ich lachte zurück. Egal wo uns das Leben, oder das Los morgen, hinführen würde - ich hatte meinen Bruder und er hatte mich. Was gab es Wichtigeres? Für ihn offensichtlich Beine, denn kaum hatten wir uns mit einem Handschlag verabschiedet, erhob er sich um in die dunkle Ecke zu seiner ‘Kleinen’ hinüber zu schlendern und dabei möglichst lässig auszusehen. Zu dumm nur, dass seinem Schritt inzwischen der Met ebenfalls anzusehen war. Ich suchte lächelnd einige Münzen aus meiner Tasche und schnürte mein Wams am Hals wieder zu. Draußen erwarteten mich kalter Wind und dunkle Straßen.

      JEWEL

      “In Deckung!”, erklang ein Ruf von irgendwo zwischen den einzelnen verfallenen Teilen der Ruine, in der wir unser nächstes Nachtlager aufgeschlagen hatten.

      “Deckung, rasch!”, Noch einmal der warnende Ruf und ich blickte mich sofort alarmiert um, während meine linke Hand wie ferngesteuert zu dem Messer in meinem Gürtel wanderte. Obwohl ich nichts erkennen konnte, das mir einen Grund zur Sorge geliefert hätte, vertraute ich sofort auf die Stimme meines Bruders, wandte mich ab und schlich geduckt zur großen Mauer, die an wenigstens drei Seiten ein wenig Schutz bot. Dahinter waren auch Neas und noch zwei weitere unserer Leute bereits hin gekauert, während sie genau wie ich neugierig umher spähten. Erst im letzten Augenblick kam ich dazu, in die Luft zu schauen. Da war der Schatten allerdings bereits über uns und als ich den Kopf in den Nacken legte, war es bereits zu spät. Ich spürte einen stechenden Schmerz in meiner Schulter, hörte zeitgleich Neas und irgendwo in der Ferne unsere einzige andere, weibliche Gefährtin aufschreien.

      “Krähen!”, schrie ich, während mir diese Anstrengung beinahe komplett die Luft abschnürte. Geduckt rannte ich davon, an den Rand der Ruinenanlage, wo ich einen Kerkereingang entdeckt hatte. Er würde mir gegen Angriffe aus der Luft ein wenig mehr Schutz bieten. Erst jetzt konnte ich meiner Schulter einen kurzen Blick zuwerfen. Obwohl der Schmerz mich noch immer stark einschränkte, atmete ich erleichtert auf, als ich den zerfetzten Stoff meines Umhangs zur Seite schob. Die Krähe hatte mich zwar mit dem Schnabel, nicht aber den Krallen getroffen, sodass eine große Wunde in meiner Schulter klaffte, aber die Ränder nicht ausgerissen waren, wie bei einer Krallenverletzung. So besaß ich wenigstens die Chance auf eine schöne Heilung - sofern ich das hier überlebte.

      Aus meinem Versteck beobachtete ich, dass es sich bei unseren Angreifern nur um zwei Krähen handeln musste, die allerdings unter meinen Brüdern starke Verluste verursachten. Meine Schwester hatte ich seit ihrem ersten Schrei nicht wieder gesehen. Große Sorge breitete sich in meinem Magen aus und überdeckte den Schmerz in meiner Schulter. Da ich immer noch mein Messer umklammert hielt, zog ich mit der freien Hand mein anderes Messer aus dem Gürtel. Damit würde ich größere Erfolge erzielen als mit dem unhandlichen Schwert, dem die Krähen leicht ausweichen konnten.

      Die übliche Angst vor einem Kampf stellte sich bei mir ein und ich atmete tief ein und wieder aus, bevor ich kurz und heftig die Augenlider aufeinander presste und dann aus meinem Versteck stürmte. Mit lauten Schreien machte ich die Krähen auf mich aufmerksam. Ich schloss die Augen, als ich sah, dass an ihren Krallen und Schnäbeln Hautfetzen hingen. Stücke meiner Brüder und wohl auch meiner Schwester. Später würde ich um sie trauern, doch jetzt wandelte ich all meine Energie in entfesselte Wut. Wut, die mich schneller, besser und furchtloser kämpfen lassen würde. So hatte ich es gelernt und so hatte ich bisher aus jedem Kampf mit meinem Leben davonkommen können.

      “Nehmt das, ihr Biester!”Ich hob die Messer und stach wahllos auf die beiden schwarzen Leiber ein. Sie schimmerten leicht bläulich und wahrscheinlich hätte ich sie schön gefunden, wenn sie nicht schon seit über einem Jahrzehnt meine Gegner in einem gnadenlosen Krieg gewesen wären. So sah ich nicht ihre Schönheit, sondern das einzige was ich sah, war Wut und Schmerz. Rot. Warum mir gerade ausgerechnet jetzt diese Farbe in den Sinn kam, hätte ich nicht sagen können, aber die ganze Welt schien plötzlich in tiefes Rot getaucht und als ich einen kurzen Augenblick innehielt, sah ich, dass auch mein gesamtes Gewand, meine Hände und meine Haare in Blut getaucht und rot verfärbt waren. Die eine Krähe schien