Dies hatte übrigens insofern sein Gutes, als es mich für die Zukunft vorsichtiger machte, denn wo ich den langen Emu vorher in der Schlucht nicht gesehen hatte, der gar nicht daran gedacht sich zu verstecken, da hätte auch ein halbes Dutzend von den Blacks in bequemster Art und Weise im Hinterhalt liegen und mir ihre fatalen Speere in den Leib jagen können. Ich fing jetzt an, weit sorgfältiger aufzupassen, und die Folge davon war, daß ich schon am nächsten Tage ein Känguru belauerte, das zum Wasser an den Logan hinuntergekommen war.
Die Emus werden von den Schwarzen gegessen; die Jungen sollen auch ganz gut schmecken. Die Haut mit dem Gefieder ist aber zu weiter nichts als Fußdecken zu gebrauchen. Die Schwarzen benutzen sie höchstens manchmal zum Draufliegen.
Außer dem Emu und dem Känguru gibt es fast gar kein Wild, nur noch einige Känguruarten: das Walloby, etwas kleiner als das Känguru, und die Kängururatten, kleine possirliche Dinger, halb Ratte, halb Känguru, die blitzschnell, wenn aufgescheucht, halb springend, halb laufend, durch die Büsche schießen und beim ersten Anblick, eben wenn sie so rasch verschwinden, fast Ähnlichkeit mit dem Kaninchen haben. Das Komische bei ihnen ist, daß sic alle stets eine ihrer Vorderpfoten, bald die rechte, bald die linke, bei der Flucht in die Höhe halten, so daß man im ersten Augenblick glaubt, sie hinkten; das ist aber keineswegs der Fall, sie /117/ schonen nur die Füße, so lange sie mit dreien rasch genug vom Platze kommen. Die Blacks fangen sie in Schlingen, was um so leichter ist, da sie in Erdlöchern wohnen und also ihre regelmäßigen Aus- und Eingänge haben.
Das einzige in Australien existirende vierfüßige Raubtier (wenigstens in diesen Teilen von Australien, denn der Norden ist noch gar wenig bekannt und es sind ja daselbst auch, der Zoologie dieser Strecken ganz zuwider, Krokodile gefunden worden) ist der w i l d e H u n d, eine Schakalart, die zwischen Wolf, Fuchs und Hund liegt. Die Farbe desselben ist nicht feststehend, wie bei dem stets grauen Cayota Kaliforniens und dem fahlen Prairiewolf der westlichen Steppen Nordamerikas, die meisten dieser ,,Dingos“ sind allerdings gelb und hellgelb, es gibt aber auch braune, lohfarbene und ganz schwarze, die letzteren haben aber dann meistens nach dem Bauch hinunter und an den Beinen eine lohfarbene Schattirung. Der wilde Hund ist noch rein Naturhund und will mit der Civilisation nichts zu tun haben, obgleich er von den Schwarzen und in seltenen Fällen auch von den Weißen gezähmt wird. Diese den Weißen angewöhnten Dingos sind dann freilich Renegaten und werden von ihren freien Brüdern gründlich gehaßt und verfolgt. Mit der Civilisation selber geht es ihnen aber wie dem Mephistopheles: „Du kannst im Großen nichts beginnen, und fängst es nun im Kleinen an.“ Gegen die ganze Civilisation mit ihren Stationen und Schafherden können sie nichts ausrichten, wären auch sehr töricht wenn sie es täten, denn gerade diese Civilisation erhält sie fett, und so halten sie sich nun an die einzelnen Schafe, denen sie auf eine wahrhaft nichtswürdige Weise nachstellen. Die Lache ist übrigens, besonders dort wo Känguruhunde gehalten werden, äußerst gefährlich für sie, denn kommen diese einmal einem der diebischen Gesellen frisch auf die Fährte, so ist er geliefert; denn einem Känguruhund - der im Stande ist, selbst den wie ein Blitz dahinschießenden Emu einzuholen - kann er keine halbe Meile weit entgehen. Aber selbst langsameren Hunden fällt er leichtsinniger Weise sehr oft zur Beute, denn die klugen Tiere, besonders wenn sie sich hinsichtlich der Schnelle dem flüchtigen Dingo nicht gewachsen /118/ fühlen, legen sich Nachts an irgend einer Fenzeckc unweit der Hürden auf die Lauer, und wehe dann dem schleichenden Dieb, wenn er, sich zu keck in ihre Nähe wagt. Nichtsdestoweniger versucht er es doch immer wieder, den doppelt bewachten Herden beizukommen, und diese sind weder am Tage in dem Scrub, noch Nachts in den Hürden vor ihm sicher, während das blutgierige Tier oft die furchtbarsten Verheerungen unter den armen Wollträgern anrichtet, und nicht allein zerreißt, was es eben verzehren will, das ließe sich noch entschuldigen, sondern mordet, so lange es noch Leben um sich sieht.
Einige der englischen Ansiedler halten sich übrigens sogar Braken, die englische Foxhounds, und sagen den Dingo ganz nach Art der englischen Fuchshetzen, wobei sie manchmal sehr hübsche Jagden haben sollen. Am Murray fand ich einen solchen „Kennel" bei Mr. Jeffries, und in den übrigen Teilen des Landes sollen sie ebenfalls hier und da vorkommen. Die Rute wird eben so gut als Siegeszeichen dabei mit nach Hause gebracht, als vom Fuchs in England, und sie haben auch nie zu fürchten, daß sie einen Tag ausreiten, o h n e auf eine frische Fährte zu kommen und den Dingo zu fassen. Sie kehren selten oder nie ohne Jagdbeute heim. —
Schlangen soll es in sehr großer Menge hier in Australien geben, jetzt, im Winter, lagen sie aber fast sämtlich in ihren Erdhöhlen oder in hohlen Bäumen versteckt, und wenn ich auch hier und da die frische Spur derselben, an einem schönen warmen Tage, im Staube oder Sande fand, bekam ich doch nicht eine einzige selber zu Gesicht. Zu diesen Reptilien kann man übrigens auch eine sehr große Art Eidechse, die mehrere Fuß lang wird, zählen. Die Schwarzen halten diese für einen Leckerbissen, und sie wird auch von vielen Weißen gern gegessen.
An Geflügel findet man den schwarzen Schwan, den Pelikan, die wilde Gans, eine sehr große Menge verschiedener Arten von Enten - eine besonders mit sehr scharfem Mo- schusgeruch, eine wunderschöne Art Kranich, und unter einer großen Anzahl kleinerer den sogenannten native companion, /119/ der bis vier und fünf Fuß hoch wird und in seinem ganzen Gang und Äußern - nur nicht in der Farbe, denn er hat ein sehr hübsches Stahlgrau - ungemeine Ähnlichkeit mit unserem deutschen Storch hat, zu dessen Geschlecht er auch unstreitig gehört, nur daß der Schnabel kürzer ist.
Die Gravität, mit der diese native companions einherschreiten, ist wirklich possierlich anzusehen, und sie gleichen nicht selten in Gang und Bewegungen - so wunderbar das auch klingen mag - Menschen, die sich teils in Gedanken, teils auf müßigem Spaziergang, teils ihren Geschäften nachgehend, hin und her bewegen. So sah ich einst zwei von diesen native companions von einer Lagune zur andern hinüberwechseln. Sie hatten vorher am Wasserrande gestanden und sich den Schlamm und die trübe Flut ungemein aufmerksam besehen; ihre Bemerkungen darüber konnte ich nicht hören, ich war zu weit entfernt; nachdem sie sich aber ein paar Mal gegen einander gewandt und das Terrain abwechselnd mit den Blicken genau untersucht hatten, gingen sie beide in einem Moment, wie nach vorhergegangener Verabredung, den flachen Uferrand hinauf, und schritten nun langsam neben einander hin durch den offenen Wald einer andern Lagune, oder eigentlich derselben, die nur dort eine große Biegung machte, zu, und sahen um's Leben so aus wie ein paar sauber in Stahlgrau gekleidete alte Herren, die, mit den Händen auf dem Rücken, plaudernd und behaglich auf einer kleinen Promenade nach Tisch im Walde spazieren gingen. Langsam schlenderten sie so neben einander hin und verschwanden bald darauf hinter den andern Arm der Lagune begrenzenden Gumbüschen.
Das Schnabeltier, berühmt, weil es bis jetzt das einzige entdeckte Säugetier mit einem Vogelschnabel ist, habe ich mehrere Mal am Murray gesehen, wo es oft in die Höhe springt, daß man im ersten Augenblick glaubt, es sei ein Fisch, der an die Oberfläche schlage; zweimal traf ich es auf dem festen Lande, aber immer dicht am Ufer, und ehe ich es auf's Korn nehmen konnte, war es stets untergetaucht.