deshalb wütend mit einem Fuß gegen den Getöteten. Endlich löste sich die
Klinge. Da traf ein Schlagschwert den Schenkel des Mannes, trennte ihm das
Bein fast ab und verwundete auch sein Reittier, das grell wiehernd aufstieg.
Doch irgendwie gelang es dem Schwerverletzten, dennoch im Sattel zu
bleiben und seine Axt in den nächsten Feind zu treiben.
Lukan hatte bereits seinen vierten Feind gefällt, als ihn ein Lanzenstoß von
hinten traf. Der Schock warf ihn erneut auf die Knie, und er hörte das
Splittern von Holz, als er sich drehte und dabei den Lanzenschaft abbrach.
Der Schmerz war überwältigend, doch es strömte noch genug Adrenalin
durch Lukans Adern, dass er zornig aufbrüllen und nach dem Ork schlagen
konnte, der noch immer verwirrt auf die zerbrochene Lanze starrte. Die
rötlichen Augen des Orks wurden leblos, und er sackte tot zusammen, als
Lukan sein Leben beendete. Keuchend kniete der rothaarige Veteran am
Boden und fand nicht mehr die Kraft dazu, sich zu erheben. Seine Hand
ertastete die Klinge der Lanze, die vorne aus seinem Leib herausragte. Da fiel
schon der Schatten des nächsten Orks auf ihn, und Lukan fand kaum noch die
Kraft, sein Schwert zu heben. Ungläubig starrte er auf das Schwert, das der
Ork in seiner Hand hielt. Es war Kormunds Klinge, die dieser dem toten
Boten des Königs bei der Bestattung eigenhändig in die Hand gegeben hatte.
Die Bestie hatte also die Ruhe des Toten gestört und ihm die Waffe geraubt.
Der aufsteigende Hass verlieh Lukan zum letzten Mal Kraft, und er stieß sein
Schwert nach oben, doch der Ork grunzte nur, wich zur Seite aus und schlug
selbst von oben zu. Kormunds Schwert traf Lukans Nacken, trennte ihm den
Kopf vom Rumpf, und für ein paar Sekunden sah der alte Veteran noch, wie
die Welt um ihn herum zu kreisen begann, bevor seine Sinne für immer
schwanden.
Kormund kämpfte sich aus der Gruppe der Orks frei, die ihn und den
anderen verwundeten Pferdelord umzingelt hatten, und schlug mit der flachen
Klinge auf die Kruppe des verletzten Pferdes des anderen Reiters. Der Mann
hielt sich nur noch mühsam in seinem von Blut getränkten Sattel. Auch die
Flanke des Pferdes war mit dessen eigenem Blut und dem des Pferdelords
bedeckt, aber noch weigerten sich Ross und Reiter zu sterben, und so
galoppierten sie neben Kormund aus dem Kampfgetümmel heraus.
Kormund schrie wütend auf, als er seinen toten Freund Lukan am Boden
liegen sah, und schlug im Vorbeireiten nach dem Ork, der neben der Leiche
stand und ihn triumphierend anschrie, doch er verfehlte die Bestie. Ein Stück
voraus sah der Scharführer Parem. Der junge Reiter hatte sein Pferd gewendet
und war vor der Übermacht geflohen. Kormund spürte Zorn in sich, obwohl
der junge Mann vielleicht richtig entschieden hatte, denn Parem ritt schnell
genug und würde von den Orks nicht eingeholt werden können. So würde der
Pferdefürst Garodem wenigstens Nachricht darüber erhalten, was am Pass
geschehen war.
Der Scharführer blickte zurück und sah, dass die Bestien zurückfielen.
Neben ihm ertönte ein protestierendes Wiehern, und Kormund sah gerade
noch, wie das verletzte Tier des anderen Reiters im vollen Galopp strauchelte
und dann zusammenbrach. Der verwundete Pferdelord konnte sich nicht
halten, wurde nach vorne geworfen und schlug schwer zu Boden. Kormund
zügelte sein Pferd, warf einen Blick zu den wieder näher kommenden Orks
und saß ab. Doch dem Schwerverletzten war nicht mehr zu helfen.
»Schneller Ritt und scharfer Tod, Pferdelord, mein Freund«, murmelte
Kormund zum Abschied, dann saß er wieder auf, schrie die Orks wütend an
und folgte dann Parem, der ihm ein gutes Stück voraus war.
Sein Pferd war erschöpft, und die Orks würden, obwohl sie nur zu Fuß
waren, bald zu ihm aufschließen. Das Ende war nur noch eine Frage der Zeit.
Aber Kormund würde als Pferdelord sterben und Parem dadurch die Zeit
verschaffen, welche dieser benötigte, um zu Garodem zu gelangen und ihn zu
warnen.
Orks!
Die Bestien aus der Vergangenheit waren wieder in der Hochmark. Was
war nur geschehen? Vor langer Zeit waren die rotäugigen Ungeheuer
vernichtet worden, wie hatten sie nun in die Hochmark zurückgelangen
können? Die Orks kamen weit aus dem Osten, aus dem Dunklen Land des
Schwarzen Lords. Es gab nur zwei Wege, über die die Orks in die Mark
eindringen konnten: den südöstlichen Gebirgspfad von der Nordmark des
Königs her oder die alte südliche Straße, die an den westlichen Grenzen des
Pferdelandes und am Hammerturm vorbei ins Hochgebirge führte. Doch in
Hammerturm lebte der große Weiße Zauberer, der ein Freund der Menschen
und ein Feind der Orks war und außerdem zu mächtig, als dass die orkische
Horde sich mit ihm eingelassen hätte. Nein, der Feind musste aus der
Nordmark und von Südosten hergekommen sein. Das Land des Pferdekönigs
war somit in Gefahr und vielleicht sogar schon überrannt worden.
Kormunds Reittier wurde immer langsamer. Vor ihm war Parem nur noch
als kleine Staubwolke zu erkennen. Der Flüchtende würde Garodem warnen,
und doch hätte Kormund dem feigen Reiter am liebsten die Klinge in den
Leib gerammt. Parem war es nicht wert, den grünen Umhang eines
Pferdelords zu tragen. Erneut blickte Kormund über seine Schulter zurück.
Nur eine Handvoll Orks war noch auf seiner Fährte. Sie liefen in ihrem
kräfteschonenden Trab, der sie langsam, aber stetig näher kommen ließ. Nicht
mehr lange, und sie würden ihn eingeholt haben. Wahrscheinlich genau dort,
wo der verlassene Signalturm stand. Vielleicht konnte Kormund sich in dem
schmalen Pfad, der zum Turm hinaufführte, gegen die Verfolger verteidigen.
Über seinem Kopf knatterte der lange dreieckige Wimpel an seiner Lanze,
und ein Teil des grünen Tuchs und des weißen