Herzrasen & Himmelsgeschenke. Pia Wunder. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Pia Wunder
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738099416
Скачать книгу
sich etwas hinlegen und später dazukommen. Also nutze ich die Zeit, und schreibe Lissy wenigstens schon mal eine SMS. Vielen Dank für die tolle Überraschung. Melde mich später. Schon fährt Michaels BMW leise und elegant in den Hof.

      Statt des erwarteten Wirbelsturms kommen aber nur 3 müde Männer aus dem Auto gekrochen. Anscheinend sind auch sie geschafft von der Fahrt. Ben und Tom verkriechen sich gleich nach drinnen, während Michael sich neben mir auf die Bank plumpsen lässt. »Geschafft?« »Mhmm.« Ich neige mich zu ihm hinüber und lege meinen Kopf auf seine Schulter. Nicht bequem, aber ich liebe es, die zarte Haut seines Halses zu spüren und sein Aftershave zu riechen. Schnell scheint Tom allerdings seine Energie wiedergefunden zu haben und steht aufgeregt neben uns. »Kann ich mich heut noch mit Maxi verabreden?« Oh, nein. So schnell wollte ich den Trubel gar nicht zurückkehren lassen.

      »Wir sind doch gerade erst angekommen. Und morgen werdet ihr schon von Papa geholt.« Als hätte ich ihm gerade die passenden Argumente geliefert, kommt prompt seine Antwort: »Genau, dann sehe ich Maxi den Rest der Ferien gar nicht mehr. Das geht nur heute.« Mein Bauch sträubt sich heftig, aber mein Herz wird schon wieder weich. Bis Michael überraschend einlenkt. »Ich habe doch noch eine Überraschung für Mama und da wollte ich Ben und dich gerne mitnehmen.« »Eine Überraschung?«, will Tom wissen. Stimmt, ich hatte es auch schon fast vergessen. Mein Geburtstagsgeschenk. »Das wird euch gefallen«, verspricht Michael. Jetzt bin ich noch neugieriger. MEIN Geburtstagsgeschenk wird den Kindern gefallen?

      »Wo fahren wir denn hin?« Michael grinst verschmitzt. »Überraschung. Hab ich doch gesagt. Du sagst deinen Kindern immer, sie sollen Geduld lernen.« Da stimmt Tom ihm nur zu gerne zu. »Holst du Benny? Wir müssen gleich losfahren«, schickt er den Kleinen ins Haus. Na gut, dann eben doch keine Kaffeepause. Die restlichen Dinge der Kinder räumen wir ins Haus und schon sitzen wir wieder im Auto. Obwohl nun auch die Kinder ständig fragen, wohin es denn geht, lässt sich Michael nicht dazu überreden, auch nur einen kleinen Tipp abzugeben, wohin die Reise gehen soll. Als er jedoch an der Ausfahrt Troisdorf den Blinker setzt, kommt eine starke Ahnung in mir hoch. Ich weiß nicht, ob dieses Gefühl ein gutes Gefühl ist.

      Was hat um diese Zeit geöffnet? Das Schwimmbad. Dazu haben wir keine Sachen eingepackt. Unser Lieblingsitaliener? Die Männer waren doch eben erst bei McDonalds. Ein Gedanke schleicht sich wieder und wieder in meinen Kopf, aber ich versuche, ihn zu verdrängen. Bis es nicht mehr möglich ist, weil Michael genau auf diesen Parkplatz abbiegt: Tierheim Troisdorf. »JA!« Die Kinder sind begeistert. »Dürfen wir uns einen Hund aussuchen? Oder eine Katze? Oder Kaninchen?« Michael lächelt mich an und ist verunsichert, weil ich sein Lächeln nicht erwidere. Ich versuche es zwar, aber es kommt doch nur sehr zurückhaltend, besser gesagt gequält, in mein Gesicht. Ich versuche, die Stimmung nicht zu verderben und steige erwartungsvoll aus.

      Die Jungs sind schon vorausgelaufen. So nimmt Michael meine Hand und geht zielstrebig auf den Eingang zu und am Verwaltungsgebäude vorbei zu den Hundezwingern. Bei diesem schönen Wetter tummeln sich einige Besucher vor den Gittern und begutachten die kleinen und großen Hunde, die hier auf jemanden warten, der sie mit nach Hause nimmt. Ich weiß nicht warum, aber ich fühle mich schlecht. Vielleicht will er ja nur mal gucken. Vergeblich versuche ich, entspannt zu sein und den Nachmittag zu genießen. Michael scheint genau zu wissen, wohin er gehen will und ich folge ihm. Schließlich hält er an einem Zwinger an, vor dem ein junges Pärchen hockt. »Wie süß!«, höre ich das Mädel kreischen und sehe, dass es seine Hand durch die Gitterstäbe streckt, um das Tier zu streicheln. »Dem kann ich bestimmt so einen schicken rosa Strickpulli anziehen. Das sieht voll hip aus. Wie ein Mini-Shetland-Pony.« Oh, mein Gott. Was soll das denn für ein Tier sein? Und was mögen solche Menschen daraus machen? Das Tier tut mir schon leid, bevor ich es sehen kann. Die Mitarbeiterin, die daneben steht, rollt genervt mit den Augen und teilt ihnen mit: »Er ist leider schon reserviert.« Gott sei Dank, kann ich da nur sagen.

      Enttäuscht stehen die beiden auf und sehen sich um, wo sie weiter nach einem Schmuckstück suchen können. »Wäre eh zu groß für meine Handtasche«, kontert sie beleidigt. Michael gibt einen grunzenden Laut von sich und nimmt mich wieder bei der Hand. »Wo sind denn Ben und Tom?« »Dort drüben bei dem großen Kangal. Ich hole sie gleich. Aber erst möchte ich dir jemanden vorstellen.« Zurückhaltend folge ich ihm bis an die Gitterstäbe. »Annie, das ist Sam. Sam, das ist Annie. Eine wunderbare Frau und wenn sie möchte, ab sofort auch DEIN Frauchen.« Er sieht mich glücklich und erwartungsvoll an. Ich hole einmal tief Luft und kann Michael nicht in die Augen sehen. Sicherlich erwartet er, dass ich überschäume vor Freude, weil ich ihm vor einiger Zeit einmal gesagt habe, dass ich irgendwann gerne einen Hund hätte. Aber das trifft mich jetzt völlig unvorbereitet.

      Ich knie mich hin und sehe in den kleinen Zwinger, der notdürftig mit einer Decke ausgestattet ist. Bevor ich irgendetwas sagen kann, oder sein Gesicht sehe, drückt Sam seine Seite gegen die Gitterstäbe, damit ich ihn streicheln kann. Man kann gar nicht anders. Automatisch geht meine Hand in sein helles, weiches Fell und krault ihn. Noch fester drückt er sich gegen die Stäbe. »Sam«, sage ich nur und unverhofft dreht er sich zu mir und sieht genau in mein Gesicht. Nicht mit dunklen Augen, wie bei den meisten Hunden, die ich kenne. Nein, seine sind hellbraun, ganz warm und liebevoll. Und erwartungsvoll. Der schokobraune Fleck, der sein halbes Auge umhüllt, und sich lustig bis zu seinem Ohr durchs Gesicht zieht, lässt seinen Blick noch knuffiger wirken. Ebenso wie der Fleck auf seiner linken Pfote, der aussieht, als wäre ein großer Kleks Brownie-Teig darauf getropft. Mein Magen zieht sich zusammen. Dieser kniehohe, kleine Kerl sieht mich so herzzerreißend an, dass ich spüre, wie ich meine Tränen zurückhalten muss. Ich kann meine Hand nicht von seinem Kopf nehmen.

      Gleichzeitig spüre ich, wie Michael seine Hand an meine Wange legt. Ich nehme sie und richte mich auf. »Was sagst du?« Er lächelt immer noch, mein Gesichtsausdruck verunsichert ihn aber zusehends. »Ach Michael, ich weiß, das ist lieb gemeint von dir, aber wenn ich ehrlich bin, geht mir das alles etwas zu schnell. Ich hatte zwar gesagt, dass ich irgendwann einen Hund möchte, aber dafür muss ich doch erst mal meinen zweiten Job los sein und mehr Zeit zu Hause haben.« »Aber das hast du doch jetzt.« Was meint er denn damit? »Wenn du jetzt für Lotte arbeitest, bist du doch öfter zu Hause und hast die nötige Zeit.«

      Ach, daher weht der Wind. Michael ist schon eingeweiht. Das ist also alles schon beschlossene Sache? Langsam werde ich sauer. »Also erstens habe ich Lotte noch nicht zugesagt und außerdem würde ich den Zeitpunkt für solch eine Entscheidung gerne selbst bestimmen.« Enttäuschung macht sich in seinem Gesicht breit. »Wie du meinst, es war ja nur so eine Idee.« Genau in diesem Augenblick rauschen die Jungs heran. »Oh, ist der süß.« Benny schmeißt sich sofort auf die Knie und krault Sam hinter den Ohren. Tom ist noch ängstlich und beobachtet die beiden mit etwas Abstand. Doch bald hat Benny ihn angesteckt und fordert ihn auf, auch seine Fingerchen in sein weiches Fell zu graben. »Können wir den mitnehmen? Bitteeee.« Beide Jungs sehen mich erwartungsvoll an. Na super. »Nein Jungs, das ist noch zu früh«, rettet Michael mich, »wir wollten uns die Hunde nur einmal ansehen. Vielleicht irgendwann einmal.« »Und wieso hast du dann ein Hundekörbchen in deinem Kofferraum?« Die Frage trifft Michael völlig unerwartet. Er stockt kurz und dann schießt es aus ihm heraus: »Weil ich das dem Tierheim spenden wollte.« Ich bin ihm dankbar, dass er mich den Kindern gegenüber nicht in Erklärungsnot bringt.

      »Aber sieh mal, wie lieb der ist. Der würde sich bestimmt freuen, wenn er bei uns wohnen könnte.« Ich knie mich zu den beiden Jungs und lege die Arme um sie. »Ich verstehe euch. Aber das ist keine leichte Entscheidung. So ein Tier kostet viel Zeit und Geld. Wir überlegen das mal in Ruhe und sehen dann weiter.« »Ich würde auch vor der Schule mit Sam spazieren gehen.« Ja, ausgerechnet mein Benny, der jeden Morgen zum Schulbus rennt, weil er nie aus dem Bett kommt. Ich glaube ihm sogar, dass er es versuchen würde, aber es gibt eine Macht, die oft stärker ist als sein guter Wille. Michael unterbricht unser Gespräch. »Wer kommt mit, das Körbchen holen? Wir fragen die Mitarbeiterin vom Tierheim, ob wir Sam das schenken und in seinen Zwinger stellen können.«

      Beide Jungs laufen sofort mit ihm und ich hocke alleine mit Sam auf dem Boden. Ich kann nicht anders. Immer wieder wandert meine Hand an seinen Kopf und streichelt ihn. Was hat Michael sich denn vorgestellt? Dass wir diesen Hund sofort einpacken und mit nach Hause nehmen? Völlig aufgewühlt sehe ich in Sams traurige