Wege des Himmels. Juna Aveline B.. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Juna Aveline B.
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847631866
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wird, um in der Kurve schon wieder anziehen zu wollen, oder wenn man schneller und schneller wird, und man den Eindruck bekommt, dass die Beschleunigung ewig so weitergeht, auch wenn es nur wenige Sekunden sind, bis man mit 200 Stundenkilometern dahinfliegt.

      Autos sind neben dem Tischtennis und der Medizin meine dritte Leidenschaft. Seit Jahren spare ich jetzt schon auf dieses Auto, aber ich kann mich glücklich schätzen, es mir überhaupt leisten zu können. Ich bin schließlich noch nicht lange mit dem Studium fertig und am Geldverdienen. Aber durch die Zeit als Profi im Tischtennis, in der ich bereits einiges an Geld bekommen habe, kann ich mir meine wunderschöne Wohnung und jetzt auch den neuen Audi leisten.

      Marle hat schon recht, wenn sie mich Glückskind nennt. Irgendwie bin ich das tatsächlich. Aber man darf auch nicht vergessen, dass sehr viel Arbeit hinter dem ganzen Erfolg steht. Als Kind habe ich immer täglich 2 bis 3 Stunden, später - als Jugendlicher - dann noch länger, trainiert. Einfach mal einen ganzen Samstag auf der Couch vor dem Fernseher zu verbringen gab es bei mir nicht. Jeder Tag war auf die Stunde verplant. Schule, Training, Hausaufgaben unter der Woche, Spieleinsätze, Wettkämpfe und Hausaufgaben am Wochenende. Einmal war ich längere Zeit verletzt, mit 17 Jahren habe ich mir während eines Punktspiels einen Bänderriss im linken Knöchel zugezogen, weil ich blöderweise umgeknickt bin. Da zu allem Übel auch noch der Fußknorpel betroffen war, wurde ich operiert und musste den Fuß nach der Operation zunächst zwei Wochen ruhig halten und schonen. Zwei Wochen kein Training, kein Sport, nicht einmal Krankengymnastik. Mir fiel wahrlich die Decke auf den Kopf, ich hatte auf einmal viel zu viel Zeit und wusste nicht, was ich machen sollte ohne mein Training und sonstiger sportlicher Betätigung. Ich habe alle Menschen in meiner Nähe wohl furchtbar genervt mit meiner schlechten Laune. Alex brachte mir damals jede Menge Computerspiele mit, die ich aber allesamt furchtbar langweilig fand. Meine damalige Freundin Sabine besuchte mich zwar auch jeden Tag, aber da wir uns gewöhnlich nur ein- bis zweimal in der Woche sahen, war das wohl auch zu viel, und ich merkte, dass wir uns im Grunde nur ziemlich wenig zu sagen hatten. Nachdem sie mir an einem Nachmittag das wichtigste, was in ihrem Leben vor sich ging, erzählt hatte, kannte sie nur noch ein Thema – Klatsch und Tratsch. Über das Berliner Who’s Who, die Stars und Sternchen aus Film und Fernsehen, Neues aus dem Musikbiz, die aktuellsten Modetrends aus Mailand, Paris, London… ich frage mich, wie viele Klatschmagazine sie täglich lesen musste, um all das zu wissen. Aber bereits am Ende der ersten Woche ging sie mir damit nur noch auf die Nerven und ich beendete die Sache – für sie wohl aus heiterem Himmel, denn sie schien am Boden zerstört zu sein. Als ich Alex die Neuigkeiten berichtete, meinte er nur trocken „Sei froh, dass du sie los bist! Die hat sich doch überhaupt nicht für dich interessiert. Die hat nur gehofft, irgendwann als Frau Bergmann den berühmten Tischtennisspieler von einem Turnier zum anderen zu begleiten, für die Klatschfotografen zu posieren und von deinem Geld zu leben.“

      Im ersten Moment war ich wirklich geschockt über Alex Direktheit, dann sah ich aber ein, dass es durchaus stimmte. Sie hatte keine eigenen Interessen, keinen eigenen Berufswunsch und war jederzeit einzig damit beschäftigt, gut auszusehen. Mehr konnte oder wollte sie nicht.

      „Warum hast du mir das nicht schon früher gesagt?“ fragte ich Alex. Ich wunderte mich wirklich, dass er sich das schweigend mit angesehen hatte.

      „Du bist doch selber ein kluger Kopf, Mann! Ich wusste, dass sie dich früher oder später langweilt. Und außerdem hättest du mir doch nicht geglaubt! Manche Sachen muss man eben selbst merken!“ meinte er mit einem spöttischen Grinsen.

      Ja, das ist Alex. So war er damals schon! Wahrscheinlich mochte ich ihn deswegen schon immer so sehr! Er war einer der wenigen Kumpels, mit denen ich wirklich reden konnte, der mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg hielt, sondern seine Ansicht vertrat, auch wenn sie anderen Menschen nicht gefiel. Man konnte Mist bauen und er half einem aus der Scheiße, ohne zu fragen, warum und wie man da überhaupt hinein geraten war. Er suchte einfach nach einer Lösung. Und er sah immer das Gute in anderen Leuten.

      Ich weiß noch, wie ich einen enormen Bammel gehabt habe, als ich 1996 meinen ersten internationalen Wettkampf spielen sollte. Alex war dagegen total gelassen und meinte „Mach dir keinen Stress. Du nutzt diesen Wettkampf einfach nur, um mal zu sehen, wie so etwas abläuft. Du freust dich einfach, dabei zu sein und hast Spaß am Spielen! Dann rockst du das Haus!“ Seine Worte taten gut und beruhigten. Und ich kam wirklich mit einer Bronzemedaille zurück. Damit hatte ich im ersten internationalen Turnier wahrlich nicht gerechnet, aber ich ließ einfach die Eindrücke auf mich wirken, vergaß meine Angst und Aufregung und hatte einfach Spaß am Spielen. Als ich wieder zuhause war, feierte ich mit Alex noch die ganze Nacht durch. Er freute sich fast mehr als ich mich selbst.

      Das Schönste waren aber in unserer Kindheit immer die zwei Wochen in den Sommerferien, die wir gemeinsam bei meiner Oma am Traunsee in Österreich verbringen durften. Da Alex’ Eltern durch das eigene Immobilienmaklerbüro beruflich ziemlich eingespannt waren, waren sie froh, ihn in den Sommerferien sozusagen abgeben zu können. Und wir waren froh, den Urlaub zusammen verbringen zu können. Meine Oma hat uns oft nur zum Schlafen und Essen gesehen. Den Rest des Tages waren wir mit den Fahrrädern unterwegs, im See schwimmen oder wir sträunerten irgendwo über die Wiesen und Berghänge. Meine Oma versorgte uns dazu mit leckerem selbstgemachtem Apfelstrudel oder Kaiserschmarrn. Einfach herrlich war das!

      Jetzt bin ich aber ganz schön abgeschweift! Dabei muss ich doch meine Hausarbeit für Anatomie fertig schreiben. Aber ich hab ja zum Glück schon mehr als die Hälfte.

      Momentan bekomme ich Tischtennis, Studium und Job wirklich noch gut geregelt. Nächste Woche habe ich noch mal zwei Spieleinsätze und dann vor Weihnachten nicht mehr. Stattdessen stehen als nächstes die verschiedenen Weihnachtsfeiern an, wobei ich nicht zu jeder gehen werde. Und schließlich – momentan aber noch in unerreichter Ferne – haben Marle und ich Urlaub. Und damit geht dann auch ein wunderbares Jahr 2007 zu Ende…

      Freitag, 16. November 2007

      Ich bin krank. Zumindest für die Arbeit. Seit dieser Woche befindet sich die Repräsentanz der GW-Bank am Ku’Damm (Büro kann man das nicht mehr nennen). Ein wahrer Nobelbunker! Neu sanierter Altbau, Parkettboden, die Räume sind zum Teil mit Echtholz verkleidet. Und der Umzug musste natürlich gefeiert werden. Zum Wochenanfang hat der Vertriebsbereichsleiter die Mitarbeiter im neuen Gebäude begrüßt und ihnen von der Neueinrichtung der Büroräume erzählt, an denen er tatkräftig mitgearbeitet hatte.

      „Die Stehlampen habe ich mitentworfen und sie sind exklusiv für unsere Räumlichkeiten gefertigt worden. So eine Lampe hat um die 1600,-€ gekostet….“ berichtete er mit stolz geschwellter Brust, ohne zu merken, dass manchem Mitarbeiter vor Staunen der Mund offenblieb, und diese den Kopf schüttelten. Viele der Mitarbeiter lebten von einer solchen Geldsumme einen ganzen Monat und der Vertriebsbereichsleiter platzte fast vor Stolz, das Monatsgehalt eines Sachbearbeiters für eine Stehlampe ausgegeben zu haben. Und für Richie, unseren Hausmeister, war auch kein Geld mehr da – Richie wurde nicht mitgenommen in die neuen Räumlichkeiten. Neuerdings bin daher ich für Frau Schmesser sozusagen der neue Hausmeister, zumindest was den Transport der Werbeartikel, Banner und Plakate anging. So wurde mein Zuständigkeitsbereich um das Herumtragen von Kartons, Paketen und Sonstigem erweitert.

      Was wäre aber eine Bank ohne ihre gutbetuchten Kunden? Daher waren für gestern die VIP-Kunden der GW-Bank eingeladen. Es gab Infomöglichkeiten bei den Beratern, Schnittchen, Kuchen, Sekt oder Orangensaft und ein Glücksrad mit tollen Gewinnen wie Kugelschreibern oder Schlüsselbändern. Dafür hatte Frau Schmesser ein paar nette Hostessen engagiert. Die sollte ich unterstützen beim Sekt ausschenken, Kuchen und Schnittchen richten und so weiter. Das war ja auch okay soweit, nur dass die Hostessen erst um 18 Uhr mit der Arbeit anfingen, während ich seit neun Uhr morgens ohne Pause durchgearbeitet hatte. Gegen 20 Uhr fingen mir meine Füße langsam an weh zu tun vom vielen Stehen und Gehen den ganzen Tag über. Schließlich konnte ich in einer Bank ja auch nicht gerade mit Turnschuhen aufkreuzen. Zudem war die Resonanz der Kunden nicht gerade überschwänglich, sodass sich die Zeit in die Länge zog. Gegen 22 Uhr durfte ich dann gnädigerweise Feierabend machen und den Hostessen das Aufräumen überlassen.

      Und zudem kreisten