Aufgespürt. Katrin Fölck. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Katrin Fölck
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844279849
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ihr ja nicht mal geantwortet.

      Ich stelle mich vor den Kleiderschrank und ziehe eine Jeans und ein weißes Hemd heraus, und während ich mich schnell anziehe, komme ich ihr mit dem Vorschlag: „Lass uns ihm entgegen gehen und irgendwo einen Kaffee trinken und etwas essen.“

      Sie scheint erleichtert. „Das wird wirklich das Beste sein, John.

      Junge, ich möchte nicht, dass dich dein Vater so sieht. Du weißt, er ist nicht sonderlich davon begeistert, was du machst und dass du mit diesen Jungs zusammen bist. Er hätte dich lieber als Arzt oder Anwalt gesehen…“

      Während sie dies sagt, stehe ich vorm Waschbecken und mache mich schnell etwas frisch. So gut das eben in der Kürze der Zeit geht.

      Das Haargel lasse ich heute lieber weg.

      Dann nehme ich sie bei der Schulter und dränge sie in den Fahrstuhl.

      Gerade noch rechtzeitig.

      Denn als wir im untersten Geschoss ankommen, steht mein Vater schon an der Fahrstuhltür.

      „Vater.“, ist das einzige, was ich sage.

      Er mustert mich und schenkt mir einen abschätzenden Blick.

      Er muss gar nichts sagen, ich weiß ohnehin, was er von mir denkt.

      Wir gehen schweigend nebeneinander her. Wie Fremde.

      Dabei sind wir eine Familie.

      Beim Essen entartet die Unterhaltung regelmäßig und mündet im Streit.

      So wie heute auch.

      Ich frage mich, warum sie überhaupt gekommen sind.

      Als es mir reicht, stehe ich wortlos auf und gehe.

      Ohne mich noch einmal umzudrehen, verlasse ich das Cafe.

      6

      Wieso ich mich gerade jetzt daran erinnere, kann ich nicht sagen.

      Keiner von uns hatte ein eigenes Auto, und wenn wir Lust hatten, einfach mal durch die Gegend zu cruisen, lieh ich mir heimlich einen der Wagen meines Vaters aus. Natürlich war auch schon damals immer Alkohol im Spiel. Er half einfach dabei, Hemmungen und Ängste abzubauen, machte locker.

      Jedenfalls waren wie an diesem Abend alle berauscht, ob vom Erfolg, vom Alkohol oder den Drogen kann ich nicht sagen. Vielleicht wollten wir ja auch nur den Mädchen gefallen.

      Ich war zu schnell unterwegs, und so kamen wir in einer Kurve von der Straße ab. Es war nicht weiter schlimm, wäre da nicht die Straßenlaterne gewesen, an der das Auto schließlich erst zum Stehen kam.

      Das Auto war hinüber, aber zum Glück hatten wir, außer dem Schrecken, nichts abbekommen.

      Eigentlich hatte ich gehofft, im Gesicht meines Vaters Erschrecken über den Unfall zu sehen, und Freude darüber, dass es mir gut ging, aber er drehte sich nur wortlos um und ließ mich stehen, während mir meine Mutter erleichtert und schluchzend in die Arme fiel.

      Bereits am folgenden Tag stand ein neuer Wagen vor der Tür. Das neueste Modell seiner Art.

      Es war das Mindeste, was ich tun konnte, um mich bei ihm zu entschuldigen.

      Ich kann mich noch gut an seinen Blick erinnern; da war so viel Ablehnung darin. Ich habe sofort seinen Vorwurf darin gesehen. Ich weiß, dass mein Vater nie damit klarkam, dass ich mit dem, was ich machte, mehr Geld als rechtschaffene Leute verdiente. Eine Schande.

      Und ich weiß auch, dass es ihm lieber gewesen wäre, sie hätten mich weggesperrt und ich hätte meine Schuld über Jahre mit mir herumtragen und die Schulden nach und nach abarbeiten müssen.

      Wieso konnte er nicht stolz auf mich sein?

      Ich konnte es mir leisten, ihm sofort einen neuen Wagen zu kaufen.

      Wer konnte das in meinem Alter schon von sich sagen?

      7

      Ohrenbetäubender Gitarrensound empfängt mich, als sich die Tür des Lifts in der oberen Etage des „Hyatt“ öffnet. Ich trete heraus und gehe den Hotelgang weiter bis zu der Tür, aus dem der Krach kommt.

      Ich verharre kurz und lasse einige Minuten verstreichen. Doch von einer Oktave zur nächsten schwillt der Lärm weiter an.

      Die Gitarre schreit, wimmert, heult.

      Ich wundere mich, dass sich noch niemand vom Hotelmanagement hat blicken lassen. Denn, obwohl ich weiß, dass sie gutes Geld mit der Vermietung unserer Suiten verdienen, können sie andererseits die anderen gut betuchten Gäste nicht außer Acht lassen und verärgern.

      An die Tür zu hämmern, würde nichts bringen. Also drücke ich die Klinke nach unten, und als sie nachgibt, gehe ich einfach rein.

      Dexter sitzt auf der Ledercouch und quält die Gitarre.

      Er scheint der Welt entrückt und sieht mich nicht wirklich.

      Wahrscheinlich denkt er, ich bin ein Geist, denn plötzlich entgleisen seine Gesichtszüge. Sie werden weich.

      Er lächelt mich erfreut an und redet wie wirr. Dann reicht er mir einen Joint. Seine Pupillen sind riesig.

      „Probier doch mal…“

      Ich hab genug gesehen. „Ja, Mann. Alles klar. Ich gehe wieder.“

      In dem Zustand kann ich eh nichts für ihn tun, also erhebe ich mich wieder und schließe die Tür hinter mir.

      -----

      Ich betrete den Spa-Bereich. Ich blicke mich um.

      Der Boden grau-blau gefliest, helle Wände. Eine davon ist kunstvoll bemalt, mit einem Boot, das im Sand liegt, dahinter Wellen und Palmen.

      Die Wasseroberfläche vor mir liegt wie ein Spiegel, glatt, durchsichtig. Ruhig.

      Kein Geräusch stört die Stille. Kein einziges.

      Ich spüre instinktiv, dass irgendetwas nicht stimmt.

      Dann sehe ich ihn. Den Körper. Im Wasser.

      Ich stehe wie gelähmt und kann nur starren.

      Plötzlich öffnet sich die Tür hinter mir und Stick und Bubble kommen scherzend rein.

      Als sie die Situation erfassen, schreit mich Stick an: „John, was stehst du hier rum? Mach was!“

      Ich kann mich nicht rühren. Ich weiß es schon. Es ist zu spät.

      „Wie lange bist du schon hier drin? John, verdammt!“ Er schüttelt mich an den Schultern. Als ich nicht reagiere, wartet er nicht länger, sondern stürzt sich in den Pool und schwimmt zu Dexter, der an der Oberfläche treibt. Er packt ihn und schwimmt mit ihm an den Beckenrand zurück.

      Bubble zieht ihn auf die Fliesen und legt ihn auf den Rücken.

      Stick ist jetzt über Dexter und versucht, ihn wiederzubeleben.

      Ich drehe mich um und laufe wie in Trance. Ich lasse alles hinter mir.

      Die unzähligen Autos, die meines seltsamen Aufzuges in Badehose und der Flip-Flops wegen, hupen, nehme ich nicht wahr. Ich nehme eigentlich gar nichts wahr, nicht mal das Polizeifahrzeug, welches mich von der Straße sammelt und zurück ins Hotel bringt.

      Ich weiß nur eins, dass sich mit dem Tod Dexters unser aller Leben änderte.

      Nichts würde mehr so sein, wie es mal war.

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