Da ließ ihr Vater, der Kaiser, alle Ärzte zusammenrufen. Und sie klopften und horchten an der Prinzessin herum, sie gaben ihr süße und saure und bittere Medizinen, sie machten ihr trockene Umschläge und packten sie in nasse Tücher, sie ließen sie schlafen und weckten sie wieder auf, sie gaben ihr zu essen und verboten ihr alles Essen, sie machten ihr Zimmer dunkel und trugen sie dann wieder in die Sonne, sie maßen Fieber und zählten ihr den Puls – kurz, sie taten alles, was Ärzte nur tun können. Bloß auf das eine rieten sie nicht, dass die Prinzessin ein Marienkäferchen verschluckt hatte, das eine böse Hexe war.
Darüber wurde die Prinzessin kränker und kränker, und es ging mit ihr bis nahe an den Tod. Ihr Vater, der Kaiser, geriet in große Sorge um seine Tochter, sein geliebtes Kind, und er ließ im ganzen Lande bekanntmachen, wer seine Tochter von ihrer Krankheit heile, solle die Hälfte seines Königreichs bekommen.
Viele kamen darauf herbeigeeilt, aber keiner konnte der Prinzessin helfen. Da wurde der Kaiser zornig und sprach: »Ihr seid ja alle Betrüger! Ihr wollt nur gut essen und trinken in meinem kaiserlichen Palaste, meine Tochter aber macht ihr nicht gesund. Wer jetzt kommt und macht sie doch nicht gesund, dem lasse ich als einem Betrüger den Kopf abhauen. «
Nun kam keiner mehr, denn davor hatten sie alle Angst. Eines Tages aber trat der Torwächter doch wieder vor den Kaiser und sprach: »Herr Kaiser, drunten steht einer, hat ein silberhäutiges Huhn mit einem Goldbein und einem Diamantkopf unter dem Arm und sagt, er kann Ihre Tochter gesund machen. «
»Torwächter«, fragte der Kaiser, »hast du ihm auch gesagt, dass ich ihm den Kopf abschlagen lasse, wenn er die Prinzessin nicht gesund macht? «
»Das habe ich ihm gesagt«, sprach der Torwächter.
»So schicke ihn herauf! « gebot der Kaiser.
Also kam der Mann hinauf in die kaiserliche Halle, wo auch die Prinzessin sterbenskrank auf einem Bette lag, und es war der großmächtige Zauberer mit seinem Unglückshuhn. »Erlaubet, Herr Kaiser«, sprach der Zauberer, »dass ich hier vor den Augen der Prinzessin aus diesem Huhn eine Suppe koche. Das ist eine Lebenssuppe, und wenn die Prinzessin davon isst, wird sie wieder gesund. «
»Man mache hier ein Feuer«, gebot der Kaiser, »und bringe einen Kochtopf mit heißem Wasser. – Du weißt aber, wenn es dir nicht gelingt, lasse ich dir den Kopf abschlagen? «
»Es gelingt mir«, sprach der Zauberer und warf das Unglückshuhn in das kochende Wasser.
Als das Huhn eine Weile gekocht hatte, fragte der Kaiser, der ungeduldig war, seine Tochter wieder gesund zu sehen: »Riecht die Lebenssuppe schon? «
»Nein«, sprach einer von seinen Leuten, die dabeistanden und zusahen.
»Wie sieht sie denn aus? « fragte der Kaiser.
»Wie klares Wasser«, wurde ihm geantwortet.
»Was tut denn das Huhn? « fragte der Kaiser wieder.
»Es sitzt im Wasser und spricht: ›Puttputtputt, ich Unglückshuhn! ‹«
»So macht ein stärkeres Feuer unter dem Topf! « Gebot der Kaiser. » Dieses Huhn muss wohl auf gewaltigem Feuer gekocht werden. «
Sie taten es, und nach einer Weile erkundigte sich der Kaiser von neuem. Aber alles war unverändert: die Suppe roch nicht, war wasserklar, und das Huhn saß darin wie in einem Bad und sprach nur: »Puttputtputt, ich Unglückshuhn! « Noch einmal wurde stärkeres Feuer gemacht, aber alles blieb, wie es war. Da runzelte der Kaiser die Stirne fürchterlich und fragte den Zauberer: »Nun, was ist dies, du Mann? Wird das eine Suppe oder bleibt es Wasser? «
Der Zauberer aber sprach zitternd: »Mächtiger Kaiser, ich gestehe, ich habe einen großen Fehler gemacht. Diesem Huhn wurde von seinen Feinden sehr nachgestellt, und so habe ich ihm ein Goldbein, eine Silberhaut und einen Diamantkopf gegeben, dass niemand ihm noch etwas zuleide tun konnte. Aber ich habe dabei nicht bedacht, dass man Silber, Gold und Diamant nicht kochen kann. Wir könnten dieses Unglückshuhn wohl noch drei Jahre auf dem Feuer haben, das Wasser würde Wasser bleiben und keine Suppe werden. «
»So kannst du also die Lebenssuppe nicht kochen? « fragte der Kaiser zornig.
»Nein«, antwortete der Zauberer betrübt.
»So muss ich dir den Kopf abschlagen lassen«, sprach der Kaiser. »Denn ich habe mein kaiserliches Wort darauf gegeben. «
Damit winkte er einem seiner Soldaten, der sofort den Säbel zog. Der Zauberer sah betrübt darein und dachte: ›Schade, nun muss ich also sterben.‹
Das Hexlein aber, in der Prinzessin Kehle, wollte gerne sehen, wie ihrem bösen Feind, dem großmächtigen Zauberer, der Kopf abgehauen wurde. Es kroch also aus dem Munde der Prinzessin und setzte sich auf die Lippe, um bequem zuzuschauen. Da sah der Zauberer es, und mit seinen Zauberaugen erkannte er, dass dies kein Marienkäferchen war, sondern ein verwandeltes Hexlein. Er rief mit lauter Stimme zu dem Unglückshuhn im Kochtopf: »Pick auf! Pick auf! «
Da flatterte das Unglückshuhn aus dem Topf und pickte das Marienkäferchen auf und zermalmte es mit seinem diamantenen Schnabel.
In demselben Augenblick war die Prinzessin wieder so gesund und schön und lieblich, wie sie gewesen.
Der Kaiser gebot dem Soldaten, wieder seinen Säbel einzustecken, zu dem Zauberer aber sprach er: »Du hast zwar die Lebenssuppe nicht kochen können, aber dein Huhn hat meiner Tochter das Leben gerettet. Darum sollst du auch dein Leben behalten und die Hälfte meines Reiches bekommen. «
Der Zauberer freute sich gewaltig, und zum Dank schenkte er der Prinzessin das Unglückshuhn. Das durfte nun im kaiserlichen Schlosse wohnen und bekam jeden Tag Weizen auf goldenen und Regenwürmer auf silbernen Tellern zu fressen. Ging es aber einmal spazieren, so schritten zehn stolze, bunte Hähne voraus, und zehn an seiner Seite, und zehn Hähne gingen hinterher. Und alle dreißig Hähne kikerikiten aus ganzer Kraft und riefen: »Platz da! Aus dem Wege! Hier kommt das Huhn der kaiserlichen Prinzessin, das Huhn aller Hühner, das Glückshuhn! «
Das Huhn aber sprach bei sich: ›Ach, wenn mich doch meine Schwestern und der stolze, bunte Hahn vom Hofe des Zauberers so sehen könnten! Aber die sind nicht hier, und so macht es mir auch keinen Spaß. Puttputtputt, ich bin ein rechtes Unglückshuhn! ‹
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