Magdalena Countz, eine geborene Countz, 54 Jahre alt und von Beruf Lehrerin an der kleinen Grundschule in Eschbach, hat blonde, halblange Haare, ist knapp einmetersiebzig groß, schlank und engagiert sich, neben ihrer beruflichen Lehrtätigkeit, ehrenamtlich in der örtlichen katholischen Kirche und der Erwachsenenbildung. Auch sie ist mit Leib und Seele gerne in der Ahnenforschung tätig. Auf die Gleichheit ihres Ehenamens mit ihrem Geburtsnamen angesprochen, entgegnete sie immer laut lachend, sie sei weder mit ihrem Ehemann verwandt noch verschwägert oder sonst in irgendeiner Art und Weise „verbandelt“.
Das Ehepaar Countz ist, wie man gerne sagt, geerdet und logisch pragmatisch ausgerichtet. Sie wohnen am Ortsrand des kleinen idyllischen Wasgauer Dorfes, in ihrem eigenen Haus mit einem schönen großen Garten, den vor allem Magdalena wie ihren Augapfel hütete.
Die Stammbäume beider Familien ließen sich aus dem Wasgau herleiten. Das hatten Jacob und Magdalena herausgefunden, ließen sich bis ins 8. Jahrhundert zurückverfolgen und verliefen parallel. Die erste nachweisbare Erwähnung ihrer Vorfahren, die Grafen Veiox Countz von Wasgau und Joannes Veiox von Steinseltz, erfolgte, als beide Urahnen zur gleichen Zeit von Kaiser Karl dem Großen zu Rittern geschlagen und in den Grafenstand erhoben worden sind. Die beiden Familien waren auch seit Jahrhunderten eng befreundet. Der Wasgau erstreckt sich vom Pfälzerwald, mit Pirmasens, bis tief in das Elsass, bis Saverne, hinein.
Den Adelstitel hatten ihre Vorfahren bereits Ende des 18. Jahrhunderts, zur Zeit der französischen Revolution, abgelegt und die Familienschlösser waren von den Jakobinern enteignet und niedergebrannt worden. Dies hatten Jacob und Magdalena gemeinsam bei der Erforschung ihrer Stammbäume herausgefunden. Sie legten aber auch keinen Wert darauf bekannt werden zu lassen, dass sie eigentlich von Adel sind, sondern hielten die Familiengeschichte für sich in einer Familienchronik fest.
Ihre Kinder, Niclas und Maria, hatten auch kein großes Interesse an der Familiengeschichte und rümpften oft die Nase, wenn Jacob oder Magdalena von ihrer Forschung erzählten. Nur wenn Jacob seine Frau ärgern wollte, sagte er „Frau Gräfin“ zu ihr.
Besonders amüsiert hatten sie sich, als sie feststellten, dass ihre Familien bereits seit dem 8. Jahrhundert sehr eng miteinander befreundet waren und es erst durch sie im 20. Jahrhundert zu einer Hochzeit, einer Vermählung beider Familien, gekommen ist.
Magdalena und Jacob hatten zwei Kinder, Maria 25 Jahre alt und Niclas, 28 Jahre alt und zwei Enkelinnen. Beide sind aus dem Haus; Maria lebt mit den beiden Töchtern und Ehemann Tom in England und Niclas mit seiner Frau Jenny in Amerika.
Jetzt stand zunächst einmal der verdiente Urlaub von Jacob und Magdalena an, der sie nach Bayern in Deutschland führen sollte. Weit weg von ihrer Arbeit und ihren ständigen Bemühungen, etwas über ihre Ahnen heraus zu bekommen. Die Urlaube der letzten zehn Jahre hatten sie damit verbracht entweder ihre Kinder zu besuchen oder ihre Ahnenforschung zu betreiben und dabei in staubigen Archiven sehr viel Zeit zu verbringen. Der diesjährige Urlaub sollte aber einzig und alleine der Wellness für Körper und Geist dienen.
„Magdalena, sag mal, weißt du wo meine Wanderschuhe sind. Ich find die Dinger nicht“, ruft Jacob seiner Frau zu.
„Die sind bestimmt im Keller, noch von unserer letzten Wanderung und bestimmt auch mit dem alten Dreck dran. Wenn du sie hast, wäre putzen nicht schlecht“, lachte Magdalena.
„Keller? Ich geh mal nachsehen, die brauche ich doch, sonst können wir ja nicht in die Berge“, brummte Jacob und ging missmutig in den Keller. Magdalena hörte von der Wohnung aus ein Gerumpel aus dem Keller.
„Und wie sieht es aus? Du räumst dein Chaos unten aber selber wieder auf“ rief sie ihrem Mann im Keller zu.
Kurze Zeit später antwortete Claude von unten: „Ich hab sie. Ist ja gut. Ich räume die Sachen wieder zusammen. Und sauber sind sie auch.“
„So das war jetzt das Letzte was ich noch gebraucht habe für unseren Urlaub. Ich freu mich schon total drauf“, lachte Jacob gelöst, als er mit seinen Wanderstiefeln aus dem Keller zurück kam.
„Ich bin auch gleich fertig. Wann wollen wir morgen los fahren?“ erkundigte Magdalena.
„Ich denke, wenn wir gegen 10 Uhr losfahren, sind wir zum Abendessen in unserem Hotel. Also reine Fahrzeit sind es etwa 3 bis 4 Stunden. Aber ich will es geruhsam angehen, Stress hatten wir genug“, überlegte Jacob.
„Stimmt. Außerdem hat es auf der Strecke immer jede Menge Staus“, murmelte Magdalena, „in Ordnung, wir fahren gegen 10 Uhr los und lassen uns Zeit. Wir können dann auch noch schön und ausgiebig frühstücken. Holst du morgen früh noch Croissants? Wer weiß wie die in unserem Hotel Kempinski schmecken.“
„Ja, klar mach ich und für unterwegs nehmen wir ein paar Baguette mit und natürlich Kaffee“, lächelte Jacob.
„Du und dein Kaffee“, lachte Magdalena.
Sie packten ihre Koffer fertig und Jacob verstaute sie im Auto. Anschließend legten sie sich vor den Fernseher und gingen frühzeitig zu Bett.
Am nächsten Morgen ging die Fahrt pünktlich los. Jacob fuhr und Magdalena hatte die Straßenkarte und einen Reiseführer auf ihrem Schoss liegen, in den sie immer wieder mal rein sah. Plötzlich fing sie an heftig zu lachen.
„Jacob, stell dir vor. In Berchtesgaden, da gibt es einen Berg, in dem immer wieder Menschen spurlos verschwinden sollen. In dem Berg soll Kaiser Karl der Große, in einer Art Spiegelwelt, über ein Volk aus Bauern, Zwergen, Ritter und Adeligen herrschen. Karl der Große ist doch schon seit mehr als 1000 Jahren tot. So einen Blödsinn hab ich noch nie gehört“, lachte Magdalena laut heraus.
„Uh, das hört sich ja gruselig an“, grinste Jacob.
„Ja und stell dir vor, es wird erzählt, dass in den 14 Kirchen des Untersbergs Unbekannte nachts Gottesdienste feiern würden. Und diese Unbekannten sollen von dem Volk der Untersbergler, aus einer anderen Welt, stammen. Ich glaub die spinnen“, lachte Magdalena laut.
„So ein Quatsch. Das sind doch nur Märchen. Aber ich könnte mir vorstellen, dass es Leute gibt, die diesen Blödsinn glauben, andererseits wird der Name Untersberg am 28. Juni 1306 erstmals urkundlich erwähnt, als Berg des Lichts, was auf seine Lichtphänomene und auf seine Sonnenphänomene zurückzuführen sein soll. Zeitreisen am Untersberg wurden erstmals schriftlich im Jahre 1521 festgehalten. Eine silberne Platte mit einem Templerkreuz wurde gefunden, die 500 bis 600 Jahre alt sein soll. Alles sehr mysteriös“, grinste Magdalena.
„Bestimmt“, lachte auch Jacob, „wir haben jetzt knapp die Hälfte des Weges hinter uns. Wollen wir eine Pause machen?“
„Ja, gerne bei der nächsten Raststätte, da kann ich dann auch schnell zu Toilette gehen“, antwortete Magdalena grinsend.
Nach nur 5 Kilometern bog Jacob zu einer Raststätte ab und parkte das Auto ein.
„Schatz, pass aber auf, nicht dass dich noch Außerirdische entführen“, lachte Jacob und küsste seine Frau.
Magdalena stieg aus und ging direkt zur Toilette, während Jacob den Picknickkorb holte und alles für ihr zweites Frühstück im Freien herrichtete. Als Magdalena wenige Minuten später zurück war, ließen sie es sich richtig gut schmecken.
„Unsere Baguette fehlen mir jetzt schon, wenn ich nur daran denk, dass wir wohl dieses Roggenbrot oder so essen werden müssen“, brummte Jacob, während er ein Stück Käse und Brot aß.
„Ja Schatz, glaub ich dir. Aber dieses andere Brot soll ja sehr gesund sein“, lächelte Magdalena.
„Klar, Lebertran soll auch sehr gesund sein, und wer bitteschön isst freiwillig Lebertran?“ lachte Jacob laut heraus.
„Niemand, wir werden sehen. Unser Hotel ist ja ein internationales Luxushotel, da werden die bestimmt auch für uns ein vernünftiges Brot haben. Und jetzt beeil dich mal,