RAYAN - Die Serie (Teil 1 - 4). Indira Jackson. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Indira Jackson
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738093896
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weigerte sich Rayan, auch nur in Erwägung zu ziehen, Carina einfach fortzuschicken, doch wie sie es drehten und wendeten, sie wäre in Gefahr, wenn er sie hier behielt. Sie würde sicher sofort zustimmen, abzureisen, wenn er sie einweihte, aber das würde sie erst recht gefährden. Aus diesem Grund fasste er den schweren Entschluss, ihr eine Geschichte aufzutischen, um sie zum Gehen zu bewegen.

      „Hanif, ich möchte, dass du Carina nach Alessia begleitest. Wir können uns nicht sicher sein, ob diese Irren wirklich ihr Wort halten. Womöglich warten sie bloß darauf, dass Carina den Schutz von Zarifa verlässt …“

      Zu Rayans Überraschung sah Hanif statt einer direkten Antwort Julie an: „Würdest du uns kurz alleine lassen?“

      Sie wollte gerade aufstehen und gehen, als Rayan sie zurückhielt und Hanif fragte: „Was soll das? Sie ist meine Mutter. Und somit direkt betroffen. Es geht auch um ihre Familie und gerade deshalb kann und soll sie in diesem Fall ruhig alles hören.“

      Hanif zögerte einen Moment, dann sah er Rayan ruhig direkt in die Augen und sagte. „Also gut - Ihr wollt, dass ich mit Carina nach Alessia gehe? Nein. Das werde ich nicht tun. Ich werde nicht mit ihr reiten. Ich werde hier bleiben, bei Euch.“

      Rayan glaubte, sich verhört zu haben. Dass Hanif ihm direkt widersprach, war etwas ganz Neues. Fassungslos brachte er nur „Was zum Teufel …?“, heraus.

      Er war noch nicht einmal wütend, zu sehr war er über die sachliche Feststellung verblüfft.

      Hanif fuhr fort: „Meine Aufgabe ist es EUER Leben zu schützen. Nicht das von Carina. Und gerade jetzt, wo Jassim verschwunden ist, weiche ich Euch keinen Millimeter mehr von der Seite. Wenn es sein muss, schlafe ich auf dem Boden neben Eurem Bett. “

      Rayan versuchte ruhig zu bleiben: „Das war eben keine Bitte, es war ein Befehl.“

      Doch Hanif zuckte noch nicht einmal mit der Wimper – Rayan hatte ihn noch nie so entschlossen gesehen. „Dann müsst Ihr mich töten. Aber gehen werde ich nicht. Ich habe Eurem Vater damals in der Oase und nochmals auf seinem Totenbett geschworen, Euer Leben zu schützen. Ihr habt die E-Mail gelesen: sie wollen Euch – nicht Carina.“

      Bevor die Situation weiter eskalieren konnte, schaltete sich Julie ein: „Junge, es tut mir leid, dass auch ich dir widersprechen muss, aber er hat recht! Gegen diese Gegner kommst du nicht alleine zurecht. Du musst alle Hilfe nutzen, die du bekommen kannst. Schon um Tahsin zu retten! Du hast auch andere fähige Männer, die sich um Carina kümmern können.“

      Die Erwähnung des Namens seines Sohnes brachte den Ausschlag. Rayan schaute noch einmal von einem zum anderen, schüttelte den Kopf und meinte: „Ja, verbündet euch nur alle gegen mich - ihr seid sturer als eine Herde Esel!“ er schüttelte nochmals ungläubig den Kopf. „Also gut, aber wer bringt dann Carina nach Alessia?“

      Auch hier hatte Hanif schon eine Antwort parat: „Nihat. Zusammen mit Halef und einigen weiteren Männern. Halef ist noch immer Euer größter Fan, nach so vielen Jahren kann er Euren Auftritt in der Oase von Farah nicht vergessen und würde alles für Euch tun.“ Er grinste und war froh zu sehen, dass Rayan ihm mit einem kurzen Lächeln antwortete.

      Rayan seufze tief: „Also gut, dann gehe ich jetzt mal los und bringe die Frau, die ich liebe dazu, mich für immer zu hassen!“ Während er die Worte sprach, hatte er sich von seinem Stuhl erhoben, aber dann erstarrte er mitten in der Bewegung und auch die beiden anderen schauten ihn mit offenem Mund an. Was hatte er da gerade so beiläufig gesagt? Die Frau „die er liebte“?

      Und auf einmal begann Julie zu lächeln, während sich auf Hanifs Gesicht ein breites Grinsen breitmachte.

      Verlegen überlegte Rayan, was er sagen sollte, dann beließ er es bei einem knappen: „Ach was soll‘s“, und verließ das Büro.

      Er ging hinunter in den Garten und fragte sich, wie er ihre sofortige Abreise klar machen sollte. Er musste sie quasi verjagen, aber wie? Und auf einmal kam ihm eine Idee.

      2014 - Tal von Zarifa - Effektive Notlüge

      Carina war in den hinteren Garten gegangen, nachdem Julie sich ohne Erklärung entschuldigt hatte und sie hatte stehen lassen.

      Sie setzte sich in den Pavillon und beobachtete die Fische in dem kleinen Teich. Diese Stelle war zu ihrem Lieblingsplatz geworden.

      Rayan zögerte einen Moment, bevor er aus dem Schatten des Hauses trat. „So will ich sie in Erinnerung behalten.“ Sein Herz krampfte sich zusammen, als ihm auffiel, dass sie fast an der gleichen Stelle saß, wo sie vor so wenigen Tagen endlich zusammengekommen waren.

      Dann rief er sich ins Gedächtnis, dass es hier um mehr ging als seine persönlichen Belange und Empfindungen. Tahsin war in Gefahr! Und Jassim ebenfalls. Der Leibwächter hatte in den vergangenen Jahren so viele Male mit ihm Seite an Seite gekämpft und schon so viele Stunden vor seinem Zelt Wache gestanden, dass es für ihn einfach nicht vorstellbar war, wenn er nicht mehr da wäre. Er musste beide finden und das schnell.

      Und so holte er nochmals tief Luft, setzte sein Pokerface auf, bei dem sich Carina schon so oft ratlos gefragt hatte, was in ihm vorging und trat zu ihr.

      Sie lächelte ihn an, war aber verwirrt, dass er ihr Lächeln nicht erwiderte. Etwas stimmte nicht, das merkte sie sofort. Er wirkte auf einmal wieder unnahbar.

      „Ist etwas passiert?“, fragte sie unsicher.

      „Aber nein, was soll passiert sein?“, fragte er sie mit dem ironischen Unterton, den er so perfekt beherrschte. Carina hatte das Gefühl, als treibe er ihr einen eiskalten Dolch in ihr Herz. Sie hatte so gehofft, sie hätten diese Phase der Ironie für immer hinter sich gebracht. Aber gnadenlos fuhr Rayan fort: „Obwohl doch, äh ich hoffe, du verstehst das jetzt nicht falsch, aber ich habe eine Nachricht erhalten ...“, er hielt einen Moment kunstvoll inne, damit die nächsten Worte ihre volle Wirkung entfalten konnte. „Naja, weißt du, Leila hat mich angerufen. Sie ist auf dem Weg hierher …“

      Bei der Erwähnung von Leilas Namen verdunkelte sich Carinas Gesicht und sie zog die Brauen zusammen. Rayan wusste sofort, dass er ins Schwarze getroffen hatte und seine Idee richtig gewesen war.

      „Und was soll das heißen …?“, fragte Carina langsam, als wolle sie jedes Wort in die Länge ziehen.

      „Naja, es wäre doch etwas geschmacklos, wenn du noch hier bist, wenn die Frau des Hauses zurückkehrt, meinst du nicht?“

      Carina wurde blass, ihre Stimme zitterte, als sie ungläubig fragte: „Die Frau des … des Hauses?!“

      Innerlich meinte Rayan zu verbrennen, als er sah, wie sehr er sie mit seinen Worten verletzte, doch äußerlich zeigte er einen erstaunten Ausdruck: „Aber ja. Naja und du weißt ja, dass das Innere eines Zeltes, in diesem Falle natürlich das Innere eines Hauses – DIESES Hauses, das Revier der Frau ist. Leila wäre bestimmt nicht erfreut, wenn du ihr das streitig machst.“ Er hielt kurz inne, um seine Worte wirken zu lassen. Dann setzte er zum Dolchstoß an und hatte das Gefühl sich dabei selbst das Herz herauszureißen:

      „Du schaust so überrascht. Was denn? Du hattest doch nicht etwa gedacht, DU würdest hier die Frau des Hauses werden? – Nein, so naiv kannst du nicht sein, oder?“, er schaute sie mit schief gelegtem Kopf an, um dann fortzufahren. „Nein, natürlich nicht. Du wolltest ja in zwei Wochen ohnehin wieder gehen. Macht doch nicht viel Unterschied, wenn du jetzt schon abreist, oder?“

      Sie schaute ihn nach wie vor erschüttert an, doch dann siegte ihr Stolz und sie sagte eisig: „Aber nein, kein Problem. Wann kommt die Dame denn an?“

      Und mit einem gespielt fröhlichen Unterton, der ihm so perfekt gelang, dass er sich selbst dafür hasste, erwiderte er: „Übermorgen Abend kommt sie in der Oase an.“

      Und wie er vermutet hatte, antwortete die stolze Carina prompt: „Dann werde ich wohl besser gleich morgen früh aufbrechen.“

      Er tat verlegen: „Naja, also weißt du, dann würdet ihr euch unterwegs ja noch treffen. Es wäre am besten,