Stefan Grau
Herzerwachen - Herzlichen Glückwunsch, Sie haben gewonnen!
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Inhaltsverzeichnis
Ein Indianer kennt keinen Schmerz
Vorwort
In allererster Linie will ich meiner Familie für die bisherige glorreiche Lebenszeit danken. Ich habe mich, glaub ich, noch nie wirklich bedankt.
Dafür, dass die Omas und Opas auf mich acht gegeben haben, wenn Mum und Paps mal anderweitig beschäftigt waren. Dafür, dass ich in einer Umgebung aufwachsen durfte, die vielleicht als Jugendlicher nicht immer leicht war, doch mir trotzdem nie was fehlte. Dafür, dass ich keine Liebe und Zuneigung vermissen musste. Dafür, dass mir eine gute Ausbildung gewährleistet wurde. Dafür, dass ich bei meinen Machenschaften unterstützt wurde. Dafür, dass ich einen Bruder habe, der mir vorangegangen ist und mir die raue Welt auf einem Federkissen präsentiert hat. Mit dem man Spaß haben kann, und damit meine ich nicht die Schlägereien im Badezimmer, als mein Kopf die Fliesen küsste. Oder als ich dir nackig, bewaffnet mit einem Que, um den Wohnzimmertisch hinterhergerannt bin.
Für das alles und viel mehr möchte ich euch allen danken. Die zweite Linie behalte ich für mich. Erstmal.
Danke auch an Jule und Matti für die Unterstützung.
Es ist ein Buch, seht es als ausartende Belletristik, nicht als Biografie.
Schaut für euch selbst, was wahr sein kann, was ausgeschmückt besser aussieht und was dem Trug am meisten ähnelt.
»Du bist so bekloppt,
du wirst durch so einen scheiß Klingelton
wie Crazy Frog reich!«
Mein Bruder
Good old Pott
Sind Sie stolz, Deutscher zu sein?
Was würde ich antworten, falls ich auf der Straße in eine Umfrage verwickelt werde? Dieser Gedanke schoss mir immer wieder beim Lernen durch den Kopf.
»Werkstoffwissenschaften, wer braucht den Schrott überhaupt?«, fluchte ich laut. »Yttrium dotiertes Zirkonoxid in der Brennstoffzelle, ihr habt doch gelitten!«
Wenn man lernt, ist sowieso alles andere interessanter als die Materie, die vor einem liegt. Das Zimmer aufräumen macht unglaublich viel Spaß, die ARD-Nachrichten sind großartig und man muss auf jede SMS in Bruchteilen einer Sekunde antworten.
Kommt drauf an, worauf Sie abzielen. Auf die Ingenieurkunst, die Kultur, die Sozialleistungen, welche aus der deutschen Entwicklung hervorgegangen sind? Definitiv! Auf den Zusammenhalt der Deutschen eher weniger, führte sich mein Gedanken-Interview fort.
Darf man fragen, wieso Sie diesen negativ auffassen?
Auf die Frage hatte ich gewartet, jetzt konnte ich punkten! Oder? Erstmal den ganzen Mist, den du erlebt hast, erfassen, chronologisch ordnen und »interview-schön« verpacken, befahl ich meinen Gedanken. Wobei man ja auch so viel Zeit bei einem Interview hat, um nachzudenken. Spätestens nach einer Minute der Grübelei und gleichzeitigem Ins-Nichts-Starren winkt der Interviewer vor deinen Augen rum, um deine dauerhafte, geistige Abwesenheit zu überprüfen.
Nein, nix grübeln, es sind die spontanen Menschen heutzutage gefragt. Meist kommt dann nur Dünnpfiff dabei raus und man wird in einer Comedy-Sendung im Fernsehen ausgestrahlt. Aber genau diese Vorstellung, diese Angst muss man abschütteln und drauf losschießen. Das haben mein Bruder und ich auch mal sehr glorreich vermasselt, als wir auf die Frage »Was verstehen Sie unter Fernweh?« eine kompakte Analyse des Begriffes »Heimweh« einem Radiosender dargelegt haben.
Angst abschütteln!, meldet sich ein anderer Gedanke.
Das ist eine lange Geschichte!
Wir haben Zeit.
Ich hoffe, du auch …
***
Damit man sich die Gesamtsituation etwas besser vorstellen kann, liefere ich mal eine kurze Einleitung. Ich bin im schönen Nord-Rhein-Westfalen aufgewachsen. Einer kleinen Stadt nahe Dortmund. Das Tor zum Münsterlande, obwohl dies fast jede Stadt in dieser Region als Aushängeschild trägt. Da ich genau zwischen zwei Realschulen wohnte, durfte ich mir eigentlich aussuchen, welche ich besuchen wollte. Die Wahl war schnell getroffen, da die eine Realschule, die im Nachbardorf ansässig war, ihre berüchtigte Ausländerquote nicht verschweigen konnte.
»Die Fünftklässler werden von den Zehntklässlern kopfüber in die Müllcontainer gesteckt«, kam es einem zu Ohren. Und wir sprechen hier nicht von Altpapiercontainern.
Lange Rede, kurzer Sinn, auf die Schule wurde ich geschickt, Òle.
Dort lernte ich sehr schnell sehr viele Feinde kennen sowie Dominik. Der Mitstreiter, der mein bester Freund werden sollte.
Dominik war ein Gigolo, wie er im Buche stand. Etwas kleiner geraten als ich, gutaussehend, dunkle Haare, 3-Tage-Bart, die Mädels rannten ihm hinterher. Es sollte sich herausstellen, dass er unter anderem zum Amokraucher mutieren sollte.
Es war an der Zeit, mit Dominik Sammelkarten zu kaufen. Am besten an einem Kiosk, der nahe an einer Gesamtschule liegt, sodass man die frustrierten Schüler nach der Schule für ihre ganztägige Schulpflicht hänseln konnte.
Nein, hauptsächlich ging es um Sammelkarten. Das Geld war schnell ausgegeben, die Kartenpackung fix aufgerissen und man ärgerte sich mal wieder, dass man Geld für Karten ausgegeben hatte, die man schon drei Mal besaß.
Glücklicherweise hatten die Gesamtschüler zu dem Zeitpunkt Schluss, zu dem wir den nahegelegenen Park durchqueren wollten.
Es dauerte nur die Hälfte des Weges, bis Dominik die erste unreife Kastanie zwischen seinen Schulterblättern spürte. Schulterblick.
Dickes, dösig guckendes Moppelchen auf seinem Fahrrad, mit seinem nur halb so schlau aussehendem Hornbrillen-Kumpanen im Schlepptau. Schätzungsweise Anfang sechzehn.
Ich fand die Angelegenheit amüsant. So lange es einen nicht selbst trifft, ist die Schadenfreude immer groß.
Dann spürte ich einen