Sterne, die begehrt man nicht. Juli van Bohm. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Juli van Bohm
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753184005
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in deren überwältigendem Anblick man sich verlieren konnte. Fasziniert starrte sie ihn an und vergaß für einen kurzen Moment, wo sie sich befand.

      „Dann sind jetzt ja alle Wünsche erfüllt, nehme ich an?“, seine Worte holten sie zurück in die Wirklichkeit.

      „Ja, danke“, hauchte Emily, während sie bemüht war, sich von diesen Augen loszureißen. Leise räusperte sie sich, ehe sie auf das Display der Kamera wies. „Möchten Sie einen Blick auf die Bilder werfen?“

      „Nicht nötig, ich bin diesbezüglich relativ relaxed.“ Er grinste und nahm sachte ihren Arm. „Es tut mir sehr leid, aber ich muss Sie jetzt wirklich verabschieden. Der nächste Termin wartet nämlich bereits auf mich. Ich habe die große Freude, mit meinem Manager meinen Auftritt in der Samstagabendshow zu besprechen.“ Er warf einen genervten Blick auf sein iPhone. „Wie es scheint, hat Leo schon mehrmals versucht, mich anzurufen. Vermutlich befürchtet er, dass ich Sie mit Haut und Haaren verspeist habe.“ Offensichtlich schien ihn diese Vorstellung zu erheitern. Er reichte ihr die Hand. „Wir sehen uns dann am Sonntagabend bei Ihnen. Ich freue mich. Sehr sogar.“

      Leise schnappte die Tür seiner Suite hinter Emily ins Schloss. Einen Moment verharrte sie, ehe sie sich langsam in Bewegung setzte. Sie war wie in Trance. Der Termin war ganz anders verlaufen als erwartet. Sie würde Connor Leary wiedersehen! Entgegen aller Vernunft klopfte ihr Herz bei dieser Vorstellung heftig. Beinahe hätte Emily vergessen, den Fahrstuhl im Erdgeschoss zu verlassen, derart versunken war sie in ihre Gedanken. Was für eine absurde Situation! Sie kam sich vor wie ein schmachtender Teenie beim Auftritt einer Boygroup. Auf keinen Fall durfte sie derart pubertäre Gefühle zulassen. Und doch hatte sie eine ganz spezielle Verbindung zu diesem Mann gespürt, dem sie heute zum ersten Mal begegnet war. Emily schüttelte unwillig den Kopf, um sich von ihren Empfindungen zu befreien. Eilig verließ sie das Hotel durch die gigantische Drehtür und war erleichtert, frische Luft einatmen zu können. Ihre aufgewühlten Gefühle irritierten sie. Seit Toms Tod hatten andere Männer sie nicht mehr interessiert. Sie war emotional mit ihm gestorben. Und nun brachte ausgerechnet ein Filmstar sie derart aus der Fassung – unglaublich! Als sie in ihren Käfer stieg, hatte Emily sich soweit beruhigt, dass sie über sich selbst schmunzeln konnte. Jetzt ab in die Redaktion. Sie musste Corinne Bericht erstatten. Die würde staunen!

      ⋆⋆⋆

      Auch Connor war überrascht von dem ungewöhnlichen Treffen, das ganz anders verlaufen war als jedes andere Interview, das er bislang gegeben hatte. Noch immer war er sich nicht sicher, was er davon halten sollte. Einerseits ärgerte er sich, dass er sich geschickt von dieser Journalistin hatte einwickeln lassen, andererseits war es ihm in ihrer Gesellschaft erstmals seit langer Zeit gelungen, sich nicht völlig zu verschließen. Sie war ihm wie eine Freundin erschienen. Dabei hatte sie, das war ihm schmerzlich bewusst, nur ihren Job gemacht – den allerdings verdammt gut. Er fragte sich, warum Emily ihm ein zweites Treffen vorgeschlagen hatte? Sie hätte den Entwurf problemlos mailen und freigeben lassen können. Eigentlich gab es nichts mehr zu besprechen. Seiner Meinung nach hatte sie genug Informationen von ihm erhalten. Vielleicht war es ihm wieder einmal nicht gelungen, seine Skepsis der Presse gegenüber zu verbergen und sie wollte ihn in Sicherheit wiegen? Ob das Interview tatsächlich eine so große Bedeutung für sie hatte? Er war sich sicher, dass die Chefredaktion der Francine keine Anfängerin zu ihm geschickt hatte. Andererseits – besonders routiniert hatte sie wirklich nicht auf ihn gewirkt.

      Connor ließ die vergangene Stunde gedanklich Revue passieren. Auf eine seltsame Weise, die er sich nicht erklären konnte, fühlte er sich zu Emily Simon hingezogen. Am Sonntagabend würde er sie also in ihrer Wohnung besuchen, fernab vom steifen Ambiente des Hotels und Leo Holmes‘ wachsamen Augen. Er grinste zufrieden. Endlich hatte er die Gelegenheit, zumindest für einen Abend ein bisschen Normalität zu erleben. Auch wenn sein unstetes Leben für ihn wie eine Droge war, die er immer wieder aufs Neue brauchte, sehnte er sich ab und an nach einem ruhigen Zuhause, in dem jemand auf ihn wartete. Wie früher, als Hannah und er noch ein Paar gewesen waren. Lange bevor sie sich entfremdet und schließlich getrennt hatten. Connor versuchte, die unliebsamen Gedanken zu verdrängen. Vorbei war vorbei! Er musste von vorne anfangen. Am besten gleich heute, das war ihm nach dem Gespräch mit Emily Simon bewusst geworden. Aus einem ihm unerklärlichen Grund freute er sich sogar darauf, sie wiederzusehen. Er trat ans Fenster und blickte hinaus über die Dächer der Stadt, als es erneut klopfte. Ob sie etwas vergessen hatte? Zerstreut genug schien sie jedenfalls zu sein. Aber es war lediglich Holmes, der wieder einmal ungefragt eintrat.

      „Und? Ist alles planmäßig verlaufen?“, mit prüfendem Blick taxierte er Connor, als könne er an dessen Mimik ablesen, ob das befürchtete Fiasko eingetreten oder ausgeblieben sei.

      „Ja sicher, du kannst völlig beruhigt sein. Es war okay.“

      „Wirklich?“ Holmes entging nicht, dass Leary in sich gekehrt wirkte. „‚Okay‘ ist eine ziemlich nichtssagende Formulierung.“

      Connor seufzte genervt.

      „Du kannst mir glauben, Leo, es ist alles glattgelaufen.“

      „Schön, dann hast du jetzt sicherlich Zeit und Lust, mit mir deinen Auftritt in der Abendshow morgen durchzusprechen.“

      Connor zuckte gleichgültig die Achseln. „Lust eher weniger, aber wenn es unbedingt sein muss, stehe ich zur Verfügung.“

      „In der Tat, es muss sein“, versicherte Holmes unbeirrt.

      „Na schön, dann leg los.“ Connor gab sich geschlagen und ließ sich auf das riesige Sofa fallen. Holmes ging ihm in letzter Zeit immer öfter mit seinem fordernden Eifer auf die Nerven. Aber Connor wusste, dass er seine Pflichten erfüllen musste. Und dazu gehörte nun einmal die Besprechung des morgigen Auftritts. Nur am Sonntagabend würde er sich auf keinen noch so dringenden Termin einlassen. Dieser Abend gehörte ausschließlich einer reizenden Journalistin mit grünen Augen.

      Stadtbummel mal anders

      Als Emily die Räume der Redaktion erreichte, fühlte sie sich ungewohnt beschwingt. Rasch ging sie in ihr Büro, um ihre Unterlagen zu holen. Sie wollte in aller Ruhe zu Hause mit der Ausarbeitung des Interviews beginnen. Corinne war offensichtlich noch unterwegs, sodass sie ihr erst später Bericht erstatten konnte. Es war nicht ungewöhnlich, dass Emily ab und zu im Homeoffice arbeitete. Letztendlich war es Corinne egal, Hauptsache, das Ergebnis stimmte.

      „Ich bin dann mal weg, Jenny“, rief sie ihrer Kollegin zu, bevor sie eilig zum Parkplatz lief. Nur wenig später stieg Emily in ihren geliebten Käfer ein und drehte das Radio laut. Elvis schmachtete hingebungsvoll „Always on My Mind“ und Emily sang ebenso inbrünstig mit. Immer noch in Hochstimmung parkte sie kurze Zeit später vor ihrem Haus.

      Zum Glück waren Jessie und Tobias bei Sophie, sodass sie sich in Ruhe ihrer Arbeit widmen konnte. Sie warf ihre Tasche neben den Schreibtisch und zog den Ordner mit den Informationen über Connor Leary hervor, den Corinne ihr am Tag zuvor gegeben hatte. Zwar hatte sie bereits vor dem Treffen mit ihm viele dieser Berichte gelesen, aber gestern waren es nüchterne Fakten über einen Unbekannten gewesen. Jetzt war alles anders. Ah, da waren die Informationen, nach denen sie gesucht hatte.

      Connor Leary war 35 Jahre alt, 1,92 Meter groß, hatte dunkelbraune Haare und braune Augen. Er war geschieden von Hannah Leary, geborene Bellwood, hatte keine Kinder und lebte auf einer Ranch im Umland von Los Angeles. Falls er überhaupt zuhause war, dachte Emily, bevor sie interessiert weiterlas. Seit gut zehn Jahren war Leary erfolgreich im Filmbusiness unterwegs. Für seinen letzten Film ‚Dream Weaver‘ hatte er sogar eine Oscarnominierung erhalten. Das also war sein Leben in Kurzform. Schwarz auf weiß. Aber was sagten diese Informationen über den Menschen Connor Leary aus? Nichts, fand Emily. Sie sagten nichts über seine Gefühle, seine Hoffnungen, seine Wünsche aus. Wieder schweiften ihre Gedanken ab. War das Schauspielerleben wirklich beneidenswert? Wer hatte nicht schon davon geträumt, berühmt zu sein und auf dem roten Teppich umjubelt zu werden? Zum ersten Mal machte sie sich Gedanken darüber, was mit diesem Ruhm alles verbunden war. Ein gestörtes Privatleben, eine Hotelsuite statt eines gemütlichen Zuhauses und hartnäckige Fans, die