Dort angekommen starrte er im Spiegel sein gerötetes Gesicht an, nachdem er auch das letzte Stück Croissant aus seiner Luftröhre gehustet hatte. »Ich habe überhaupt kein Problem mit deiner Homosexualität!«, hallten ihre Worte noch immer in seinem Kopf nach und er konnte es kaum glauben. Sie dachte, er stünde auf Männer! Und er hatte nicht die geringste Ahnung, wie sie auf das schmale Brett kam.
Einige ihrer Aussagen bekamen unter diesem Gesichtspunkt eine völlig neue Bedeutung für ihn und im Moment wusste er nicht, ob er lachen oder sich ärgern sollte. Der Spruch über die Wahl seines Autos, ihre Andeutung, den Mann am Nebentisch betreffend. Er erstarrte. War etwa auch ihre Zusage zu dem gemeinsamen Frühstück nur der Tatsache geschuldet, dass sie dachte, er sei homosexuell?
Das würde erklären, warum sie sich in seiner Gegenwart so entspannt verhielt. Stöhnend raufte er sich die Haare und unterdrückte einen Fluch. In seinem Leben hatte er schon so einiges erlebt, aber ... für homosexuell gehalten zu werden, gehörte mit Sicherheit nicht dazu. Er musste das schleunigst aufklären! Hastig spritzte er sich etwas Wasser ins Gesicht und öffnete dann die Tür nach draußen.
Bevor er jedoch den Gastraum erreichte, schoss ihm ein weiterer Gedanke durch den Kopf und er blieb abrupt stehen. Was, wenn sie ihm die gerade erst geschlossene Freundschaft gleich wieder kündigte, wenn er ihr sagte, dass er keineswegs auf Männer stand, sondern absolut hetero war? Jetzt entwich ihm doch noch der Fluch, den er schon eben nur mühsam hatte unterdrücken können. Verdammt, er wusste doch noch nicht einmal, warum sie überhaupt auf diese hirnrissige Idee gekommen war!
»Jeff, deine Freundin ist wirklich herzallerliebst«, riss ihn da die Stimme von Rosemarie aus den Tiefen seiner Grübelei und er ruckte mit dem Kopf herum zu der alten Dame, die ihn herzlich anstrahlte.
»Ja. Wirklich herzallerliebst«, brummte er.
Rose legte ihre Stirn in Falten. »Nicht?« Sie wirkte irritiert.
»So herzallerliebst, dass sie denkt, ich stehe auf Männer!«, erklärte er missmutig. »Was vermutlich auch der Grund dafür ist, dass sie überhaupt meine«, er deutete mit den Fingern Gänsefüßchen an, »Freundin ist.«
»Was redest du denn da für einen Quatsch, Jeff? Du denkst, sie würde nicht mit dir befreundet sein wollen, wenn sie wüsste, dass du nicht auf Männer stehst?«
Er zuckte mit den Schultern.
»Jefferson Hunt, ich kenne dich seit über 20 Jahren. Du denkst, dass sie mit deiner Vergangenheit ein Problem hätte?«
Hastig riss er beide Hände abwehrend nach oben, auch wenn es ihn schmerzte, schon wieder daran erinnert zu werden. »Nein, nein!«, beeilte er sich, zu sagen. »Ich glaube eher, dass es ihre Vergangenheit ist, in der das Problem liegt.«
»Dass ihr jungen Leute immer darin herumwühlen müsst«, seufzte die alte Dame und sah ihn kopfschüttelnd an. »Wir sind im Hier und Jetzt, und da haben diese ollen Kamellen doch nichts zu suchen!«
»Manchmal sind es aber gerade diese, die uns zu dem machen, was wir heute sind, Rose.« Genau da tauchte das Gesicht seines Chefs Patrick St. Claire vor seinem inneren Auge auf, das beste Beispiel für seine Aussage.
»Aber es ist eure eigene Entscheidung, ob ihr euch davon beherrschen lasst oder daraus lernt.« Mit diesen Worten drehte sich Rose um und verschwand in der Küche.
Jeff sah ihr einen Moment nach, dann gab er sich einen Ruck und betrat den Gastraum wieder. Auch er hatte eine Entscheidung getroffen, ob es aber die Richtige war, wusste er nicht. Mit einem schiefen Grinsen trat er an den Tisch, wo ihm Fran mit besorgter Miene entgegensah. »Entschuldige, mir ist das Croissant in den falschen Hals geraten«, erklärte er und setzte sich wieder.
Ein kurzer Blick zum Nebentisch verriet ihm, dass der Typ mit dem abgespreizten Finger offenbar gegangen war und er unterdrückte das erleichterte Aufseufzen.
»Er ist gegangen, aber ...«, mit einem Grinsen schob sie ihm ein Stück Papier zu, »... das hier soll ich dir geben!« Sie kicherte. Bemüht darum, seine Mimik unter Kontrolle zu behalten, nahm er den Zettel in die Hand und sah darauf. Eine Telefonnummer. Oh Gott. Eine Telefonnummer!
»D ... danke.« Hastig knüllte er den Zettel zusammen und stopfte ihn in die Hosentasche, was Francoise ein verzücktes Seufzen entlockte. Offenbar verstand sie einfach jede seiner Gesten vollkommen falsch. Aber gut, da würde er nun durch müssen. Er hatte beschlossen, sich zwar nicht aktiv als homosexuell zu outen, aber er würde das Missverständnis vorerst auch nicht aufklären. Daher holte er nun tief Luft und stellte die entscheidende Frage. »Also Fran, womit habe ich mich deiner Meinung nach verraten?«
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