»Aber vielleicht möchtest Du es um Mama's Willen behalten.«
»O nein, ich habe andere Dinge von Mama, ihren Kasten von Sandelholz, den ich so sehr liebe, – eine Menge anderer Dinge. Die Juwelen sollen alle Dir gehören, liebes Kind. Wir brauchen also darüber nicht länger zu verhandeln. Komm, nimm Dein Eigentum zu Dir.«
Celia fühlte sich ein wenig verletzt. Es lag etwas von anmaßlicher Überlegenheit in dieser puritanischen Toleranz, die für das leichte Blut der weniger überspannten Schwester kaum minder empfindlich war als puritanische Verfolgungssucht.
»Aber wie kann ich Schmucksachen tragen, wenn Du, die ältere Schwester, nie dergleichen tragen willst?«
»Nein, Celia, es ist zu viel verlangt, daß ich Schmuck tragen soll, um Dir Gesellschaft zu leisten. Wenn ich ein solches Halsband tragen müßte, so würde mir zu Mute sein, als wenn ich Ballet tanzen sollte. Alles würde sich mit mir im Kreise herumdrehen, und ich würde nicht mehr aufrecht stehen können.«
Celia hatte das Halsband wieder abgenommen und – sagte mit einiger Genugtuung: »Es würde für Deinen Hals etwas zu eng sein; etwas Herabhängendes würde besser für Dich passen.« Das aus allen Gesichtspunkten vollkommen Unpassende des Halsbandes für Dorothea ließ Celia dasselbe um so lieber annehmen. Dann öffnete sie einige Kasten mit Ringen, unter denen ein schöner Smaragd mit Diamanten um so prächtiger erglänzte, als die eben hinter einer Wolke hervorbrechende Sonne den Ring mit einem hellen Strahl beleuchtete.
»Wie schön diese Edelsteine sind,« sagte Dorothea, in welcher der Sonnenstrahl plötzlich neue Empfindungen erweckt zu haben schien. »Es ist sonderbar, wie tief wir von Farben wie von Gerüchen beeindruckt werden. Ich denke mir, darum kommen in der Offenbarung Johannis Edelsteine als Embleme der Seele vor. Sie muten uns an, wie Bruchstücke des Himmels. Mir scheint, der Smaragd da ist der schönste von allen.«
»Und da,« sagte Celia, »ist ein Armband, das dazu paßt und welches wir vorhin gar nicht bemerkt haben.«
»Sie sind reizend,« sagte Dorothea, indem sie den Ring und das Armband über ihren Finger und ihr schön geformtes Handgelenk gleiten ließ und ihre Hand auf einer Höhe mit ihren Augen gegen das Fenster hielt. Gleichzeitig war sie innerlich bemüht, ihr Gefallen an den schönen Farben dadurch vor sich selbst zu rechtfertigen, daß sie dieselben in ihre mystisch religiöse Ekstase verwebte.
»Diese Steine würden Dir doch gefallen, Dorothea,« sagte Celia mit etwas zitternder Stimme, indem sie staunend zu bemerken glaubte, daß ihre Schwester nicht frei von Schwäche sei, während sie andererseits dachte, daß Smaragden für ihren Teint noch besser passen würden als Amethyste.
»Wenn Du auch sonst nichts willst, den Ring und das Armband mußt Du behalten. Aber sieh doch, auch die Achate sind sehr hübsch und haben etwas so Ruhiges.«
»Ja,« erwiderte Dorothea, »ich will diesen Ring und das «« IF Armband behalten.« – »Aber,« fuhr sie, indem sie ihre Hand auf den Tisch fallen ließ, in einem anderen Tone fort. »Was sind es doch für unglückliche Menschen, die solche Dinge auffinden und verkaufen.« Sie hielt abermals inne, und Celia dachte, ihre Schwester werde nun wieder auf die Schmucksachen verzichten, wie sie es konsequenter Weise hätte tun müssen. »Ja, liebste Celia,« nahm Dorothea in einem ganz entschlossenen Tone wieder auf, »ich will diese beiden Sachen behalten; aber nimm alles Übrige mitsamt dem Kasten an Dich.« Sie nahm ihren Bleistift wieder zur Hand, ohne jedoch die Juwelen, welche sie noch immer ansah, zu entfernen. Sie dachte daran, wie sie dieselben oft vor sich haben möchte, um ihre Augen an diesen kleinen Quellen reiner Farben zu weiden.
»Wirst Du die Sachen in Gesellschaft tragen?« fragte Celia, welche wirklich neugierig darauf war, was Dorothea damit tun würde. Diese warf ihrer Schwester einen raschen Blick zu. Durch all das verklärende Licht, in welchem ihre Phantasie ihr Alle erscheinen ließ, die sie liebte, fuhr doch bisweilen blitzartig ein scharfes Urteil. Wenn Dorothea jemals zu einer vollkommenen Milde ihres Wesens gelangen sollte, so würde nicht Mangel an innerem Feuer diese Umwandlung bewirken.
»Vielleicht,« erwiderte sie in etwas hochmütigem Tone. »Ich kann nicht voraussagen, wie tief ich noch einmal sinken werde.«
Celia errötete und fühlte sich unglücklich. Sie sah, daß sie ihre Schwester verletzt hatte, und wagte es nicht einmal, etwas Freundliches über die ihr überlassenen Schmucksachen zu sagen, sondern legte dieselben schweigend wieder in den Kasten und nahm sie fort.
Dorothea ihrerseits fühlte sich gleichfalls unglücklich, als sie wieder an ihren Bauplänen zeichnete, indem sie sich zweifelnd fragte, ob ihre Gefühle und ihre Worte bei dem Auftritte, dem jener kleine Zornesausbruch ein Ende gemacht hatte, ganz rein gewesen seien.
Celia's Bewusstsein sagte ihr, daß sie durchaus nicht im Unrecht gewesen sei; es war ganz natürlich und durchaus zu rechtfertigen, daß sie jene Frage getan hatte, und sie fand noch immer, daß Dorothea inkonsequent sei: entweder hätte sie ihren vollen Anteil an den Juwelen für sich nehmen oder nach der Art, wie sie sich geäußert hatte, ganz auf dieselben verzichten müssen.
»Ich wenigstens glaube zuversichtlich,« sagte sich Celia, »daß das Tragen eines Halsbandes mich nicht in meinen Gebeten stören wird und ich sehe nicht ein, warum ich mich jetzt, wo wir Gesellschaften besuchen werden, durch Dorotheen's Ansichten gebunden fühlen sollte, wenn sie selbst auch natürlich durch dieselben gebunden ist. Aber Dorothea ist nicht immer konsequent.« Das waren Celiens Gedanken, als sie den Kopf auf ihre Stickerei gesenkt wieder dasaß, bis sie sich von ihrer Schwester gerufen hörte.
»Komm, Kitty, sieh Dir einmal meinen Plan an; ich werde mich für eine große Architektin halten, wenn ich nicht unmögliche Treppen und Kamine angelegt habe.«
Als Celia sich, dieser Aufforderung entsprechend, über das Blatt neigte, lehnte Dorothea liebkosend ihre Wange an den Arm ihrer Schwester. Celia verstand den Sinn dieser Liebkosung. Dorothea hatte eingesehen, daß sie Unrecht gehabt habe, und Celia verzieh ihr. So lange sie denken konnte, hatte in der Stimmung Celia's gegen ihre ältere Schwester eine Mischung von Ehrfurcht und Kritik gelegen. Die jüngere Schwester hatte stets ein Joch getragen; aber es gibt kein Geschöpf, welches ein Joch trüge, ohne wenigstens in seinen Ansichten seine Freiheit zu behaupten.
2
»›Dime; no ves aquel caballero que hacia nosotros viene sobre un caballo rucio rodado que trae puesto en la cabeza un yelmo de oro?‹ ›Lo que veo y columbro‹, respondio Sancho, ›no es sino un hombre sobre un as no pardo como el mio, que trae sobre la cabeza una cosa que relumbra‹. ›Pues ese es el yelmo de Mambrino‹, dijo Don Quijote.« – Cervantes.
»›Seest thou not yon cavalier who cometh toward us on a dapple-grey steed, and weareth a golden helmet?‹ ›What I see‹, answered Sancho, ›is nothing but a man on a grey ass like my own, who carries something shiny on his head‹. ›Just so‹, answered Don Quixote: ›and that resplendent object is the helmet of Mambrino.‹«
Mit Sir Humphrey Davy,« sagte Herr Brooke bei der Suppe in seiner behaglich lächelnden Weise, indem er an die Bemerkung Sir James Chettam's, daß er mit dem Studium von Davy's Agrikulturchemie beschäftigt sei, anknüpfte, »mit Sir Humphrey Davy habe ich vor Jahren bei Cartwright gegessen, und Wordsworth war auch da – Sie wissen der Dichter Wordsworth. Das war nun sonderbar. Ich hatte zugleich mit Wordsworth in Cambridge studiert und hatte ihn dort nie getroffen, und nun saß ich zwanzig Jahre später bei Cartwright mit ihm zu Mittag. Es passieren doch oft eigentümliche Dinge! Also Davy war da, und er war auch ein Dichter; oder, richtiger würde ich wohl sagen: Wordsworth war der Poet Nummer eins und Davy der Poet Nummer zwei. Das ist in jedem Sinne wahr.«
Dorothea fühlte sich bei diesen Reden ihres Onkels noch etwas unbehaglicher als gewöhnlich. Gerade im Anfang des Mittagessens bei einer so kleinen Gesellschaft, wo es noch still im Zimmer war, machten sich die Ergüsse des Herrn Brooke gar zu bemerklich. Sie fragte sich, wie wohl solche Trivialitäten auf einen Mann, wie Herrn Casaubon wirken müßten. Sein