Der Ruf der wilden Insel. Stefanie Gislason. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Stefanie Gislason
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742776198
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als Halli plötzlich stehen blieb und in seiner Jacke nach dem Schlüssel zu suchen begann.

      „Gefunden.“, rief er ihr schliesslich zu, hielt den Schlüssel triumphierend in die Höhe und lächelte etwas verlegen.

      Ihre Augen folgten ihm, als er zielstrebig sein Auto ansteuerte.

      Der Geländewagen hatte die besten Jahre wohl schon hinter sich gebracht.

      Kritisch musterte die junge Frau das Gefährt von oben bis unten.

      An vielen Stellen war die rote Farbe abgesplittert und liess den Rost durchschimmern.

      Überhaupt schien der Rost ein treuer Begleiter zu sein.

      Und als Halli schliesslich ihre beiden Koffer in das Heck einlud und das Auto unter der Last zu ächzen begann, bekam sie eine kleine Ahnung davon, wie es um den Restzustand des Autos stand.

      Der Isländer bemerkte ihren Blick und schien plötzlich zu wachsen, als er stolz die Brust reckte.

      „Sein Aussehen täuscht. Er ist sehr zuverlässig. Hat mich noch nie im Stich gelassen, der Gute.“

      Seine grosse Hand tätschelte das Dach des Suzukis, als würde er einem Pferd lobend auf den Hals klopfen.

      Der Geländewagen knarrte zustimmend.

      Ein grosses Grinsen erschien in Hallis Gesicht, als er sich der Komik dieser Situation bewusst wurde, dann schritt er um das Auto herum und hielt Kristín galant die Tür auf.

      „Na los, komm her und steig ein. Er beisst dich nicht und ich verspreche dir, dass er sich benehmen wird.“

      Die junge Frau schüttelte belustigt den Kopf und kam näher, den Blick immer noch misstrauisch auf den roten Suzuki gerichtet.

      „Augnablik…“, rief Halli plötzlich, als sie gerade neben ihn trat.

      Er kletterte ins Auto und man konnte hören, wie einige Dinge auf dem Rücksitz landeten.

      Kristín wagte einen Blick durch die Scheibe, um zu sehen, was vor sich ging.

      Der Isländer war geschäftig dabei, eine Unmenge an leeren Flaschen, Plastiktüten und Getränkedosen auf dem Rücksitz und in dessen Fussablage zu verstauen.

      Leicht verlegen kratzte er sich am Kopf, als er wieder auftauchte und ihr nun mit einer einladenden Geste den Beifahrersitz anbot.

      „Tut mir leid.. Ich war nicht auf eine Mitfahrerin vorbereitet. Hab nicht aufgeräumt…“

      Kristíns Blick glitt über das Chaos auf der Rückbank, als sie sich auf den Sitz fallen liess, doch sie sagte nichts.

      Stattdessen lächelte sie still in sich hinein, als sie dem grossen Mann dabei zusah, wie er sich behände auf den Fahrersitz gleiten liess und den Schlüssel ins Schloss steckte.

      Sein Gesicht strahlte vollste Konzentration aus, als er den Motor startete.

      Würde es peinlich werden?

      Oder bewies der Gute vierrädrige Begleiter Anstand in Gegenwart einer schönen Frau?

      Der Geländewagen sprang knatternd an und Halli atmete erleichtert aus.

      „Guter Junge. Ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann…“

      Erneut wurde Kristín Zeuge davon, wie der Isländer lobend den Suzuki tätschelte, dieses Mal jedoch weniger kraftvoll.

      Es war eher ein Streicheln des Armaturenbrettes.

      Doch die junge Frau nahm es belustigend zur Kenntnis.

      „Áfram... Bist du bereit, Kristín?“

      Halli wandte sich ihr zu, als er den Gang einlegte und die Handbremse des Wagens löste.

      Sie suchte in ihrer Jackentasche nach dem Foto.

      Als sie es zwischen ihren Fingern spürte, begegnete sie dem Blick des Isländers.

      Dann nickte Kristín zustimmend.

      „Ich bin bereit.“

      Ihre Augen trafen sich einen Moment länger als nötig.

      Dann rollte der Rothaarige den Wagen zielsicher über den Parkplatz Richtung Ausgang.

      Kapitel 4

      Zerklüftete, moosbewachsene Felder, die verschiedensten herbstlichen Farben und die unendliche Weite des Landes zogen Kristín in ihren Bann, während Halli sicher und ruhig das Auto auf der Strasse hielt.

      Immer wieder warf er ihr einen kleinen Seitenblick zu und lächelte warm und belustigt über ihre Faszination, doch sie bemerkte es nicht.

      Erst, als wieder vermehrt Häuser in Sichtweite kamen, wandte sich Kristín dem Fahrer zu.

      „Wohin fahren wir eigentlich?“

      Halli grinste breit und deutete auf seine Tankanzeige.

      „Wir sollten wohl als Erstes eine Tankstelle ansteuern. Der gute Junge hat Durst.“

      Wie um seine Worte zu unterstreichen, verliess er die Strasse nach links und fuhr auf einen grossen Platz, auf dem sich eine Tankstelle und ein Supermarkt niedergelassen hatten.

      Zielsicher steuerte er die letzte freie Tanksäule an, schaltete den Motor aus und öffnete die Fahrertür.

      Doch er stieg nicht gleich aus.

      Halli begann erneut wie bereits auf dem Flughafenparkplatz, in den Tiefen seiner Jackentasche zu wühlen.

      Dann beförderte er ein Handy ans Tageslicht, das dem Zustand des Autos in Nichts nachstand.

      Er grinste schief, als er ihren skeptischen Blick bemerkte.

      „Nicht mehr das neueste Modell, aber es erfüllt seinen Zweck.“

      Er drehte den Autoschlüssel etwas im Schloss und fummelte am Radio herum.

      Plötzlich erklang leise Musik.

      „Du entschuldigst mich, Kristín? Ich tanke das Auto und erledige noch kurz einen Anruf. Wartest du hier drin?“

      Doch wirklich Zeit, zu antworten, liess er der jungen Frau nicht.

      Er drehte die Musik lauter und mit dem Zuknallen der Tür war er auch schon am hinteren Teil des Autos verschwunden.

      Sie konnte hören, wie er am Tankdeckel herumschraubte und einen Moment später sprang die Säule an und begann das Benzin in den Suzuki zu pumpen.

      Kristín drehte die Musik wieder etwas leiser und konnte nun deutlich hören, wie Halli ein angeregtes Telefonat führte.

      Einen Moment war sie versucht, ihn auf das Schild „Telefonieren verboten“ aufmerksam zu machen, dann überlegte sie es sich jedoch anders, als ihr zwei weitere Isländer auffielen, die sich ebenfalls nicht um diese Tafel zu kümmern schienen.

      Wofür ein Verbots-Schild, wenn sich doch keiner dran hielt?

      Verständnislos schüttelte sie den Kopf.

      Dann konnte sie deutlich ihren Namen hören.

      Halli war immer noch in ein angeregtes Gespräch vertieft.

      Sie konnte durch den Rückspiegel erkennen, wie er aufgebracht hinter dem Auto hin und her lief.

      Mit wem sprach er wohl?

      Doch weiter kam sie mit ihren Gedanken nicht, denn der Isländer beendete das Telefonat abrupt, klapperte erneut mit dem Tankdeckel und trat wieder neben die Fahrertür.

      Als er diese öffnete, war die Verärgerung aus seinem Gesicht verschwunden und er lächelte sie schelmisch an.

      „Na, hast du Durst? Wir könnten uns hier mit etwas Proviant eindecken.“

      Halli deutete in Richtung Supermarkt.

      Kristín