"Das ist mir egal. Es sieht einfach nur nuttig aus in diesem Rot und den nackten Schultern. Ich muss so den ganzen Tag mit dir herumlaufen, nicht irgendeiner deiner geliebten Designer!"
"Das heute sind meine Freunde, John. Unsere Freunde. Sie kennen uns und sie wissen, was ich gern trage."
"Na und? Da werden haufenweise Fotografen sein und die Bilder werden nicht nur unsere Freunde sehen, sondern Geschäftspartner auf der ganzen Welt. Und du siehst aus wie ein Flittchen."
Zoeys Magen zog sich zusammen. Manchmal kam es ihr vor, als würde er von Woche zu Woche noch kälter werden. Aber wahrscheinlich bildete sie sich das nur ein.
"Ich zieh noch was drüber für die Kirche", sagte sie deshalb nur.
"Für die Kirche?" Er schnaubte. "Kannst du es bitte den ganzen Abend anlassen? Die ganze Welt wird meinen, ich sei mit einer Schlampe zusammen! Ich habe einen Ruf zu verlieren. Ein Image, auf das ich achten muss!"
Gerne würde sie ihm ihre Meinung sagen, aber das Ganze würde nur wieder in einem riesen Streit eskalieren und dafür sorgen, dass sie die ganze Feier versauten.
Also sagte sie lediglich: "Wie du wünschst."
Dann nahm sie die rote Seidenstola und legte sie sich um die Schultern.
John trat neben sie, legte ihre Hand in seine Ellenbeuge und setzte dieses widerliche Saubermanngrinsen auf, das er immer tragen konnte, egal wie schwer sie sich gerade gestritten hatten.
An der Tür hielt er noch einmal an, wandte sich ihr zu und das Grinsen verschwand sofort.
"Showtime, Zoey.", knurrte er und sie wusste genau, was er meinte.
Sie sollte aufhören zu schmollen und ihren Job machen. Einfach nur schön aussehen und die Klappe halten.
Allein der Gedanke daran stieß ihr sauer auf.
Aber sie tat es. Wie jedes Mal.
Sie setzte ihr Grinsen auf, neigte den Kopf leicht und gab ihm, was er wollte.
Unterwegs trafen sie viele ihrer Freunde von den Setarips, der Gruppe, mit der sie früher immer auf das Mittelalterfestival in Talin gefahren waren. Im letzten Jahr hatten sie es nicht geschafft, weil John zu einer Geschäftsreise nach Asien musste.
Sie hielt es wie immer. Lächelte und nickte und überließ es John zu sprechen. So wie John es am liebsten hatte.
Auch Ryans Mittelaltergruppe Fire&Ice war auf der Hochzeit. Genauso wie viele ortsansässige Politiker und die Bostoner High Society.
Menschen, unter denen Zoey sich eigentlich wohl fühlen sollte, unter denen sie sich früher wohl gefühlt hatte. Bis sie aufhören musste, sie selbst zu sein.
Das ist es wert, Liebes, echote die Stimme ihrer Mutter durch ihren Kopf.
John führe sie zu ihren Sitzplätzen auf der linken Seite der Kirche. Ganz Gentleman half er ihr sich hinzusetzen und ließ sich dann mit diesem schmierigen Fakegrinsen neben ihr nieder.
Ihre Wangen schmerzten bereits vom falschen Dauerlächeln. Aber es half nichts, sie musste noch eine Weile durchhalten.
Alexa, eine ihrer Freundinnen aus Kindertagen, saß auf ihrer anderen Seite. Sie hatte ihre kleine, bezaubernde Tochter Lia auf dem Schoß und ihr Ehemann Brandon saß neben ihr. Sein Arm lag auf der Rückenlehne der Bank und sein Daumen streichelte sanft über Alexas Schulter.
Zoey beneidete sie ein wenig um diese Art von Beziehung.
Alexa stupste sie mit dem Ellenbogen an. Gerne hätte sie sich ihr zugewandt, aber das hätte nur wieder eine Diskussion mit John zur Folge gehabt.
"Alles in Ordnung?", raunte Alexa ihr zu, die sie einfach zu gut kannte.
"Alles bestens."
"Lüg mich nicht an, Zoey …"
"Psst, die Trauung geht los."
Das kam ihr gerade gelegen. Sie hatte im Moment einfach keine Kraft, sich mit dem auseinanderzusetzen, was in ihrem Leben schief lief.
"Später?"
"Klar." Eine andere Antwort hätte Alexa sowieso nicht zugelassen.
Der Hochzeitsmarsch erklang und alle wandten sich auf ihren Plätzen um, um die beiden Bräute zu sehen, die nacheinander den Gang entlang kamen.
Maya ging voraus, was Zoey nicht wunderte. Sie war die selbstbewusstere der beiden und hatte bestimmt kein Problem damit, wenn die ganze Kirche sie anstarrte.
Ryan und Shane warteten bereits vorne am Altar.
Sie sahen beide zum Anbeißen aus. Groß, breite Schultern, die dunklen Haare, die so gut zu den Smokings passten.
Vor allem strotzten sie nur so vor Selbstbewusstsein. Und die Art, wie sie ihre Frauen ansahen, sagte alles über die Tiefe ihrer Gefühle.
Einen Mann zu finden, der einen so sehr liebte, war wohl das Beste, was einem passieren konnte. Maya und Sky hatten definitiv das gefunden, wonach die meisten Frauen sich sehnten.
Mayas Dad führte Maya den Gang entlang nach vorne zum Altar. Sie sah umwerfend aus.
Ihr Kleid war klassisch geschnitten und hatte einen Queen Anne Ausschnitt.
Es lag eng an ihrem kurvenreichen Oberkörper und ihrem Po. Am Oberschenkel wurde es weiter und lief in einer kleinen Schleppe aus.
Wenn Zoey es richtig erkannte, bestand es aus Seidencharmeuse und Spitze, was einen sehr edlen Eindruck machte.
Als Maya an ihr vorüberschritt, sah sie die zarte Knopfleiste, die im Nacken begann und sich bis hin zur Hüfte über den Rücken zog. Es war atemberaubend und passte perfekt zu den kunstvoll aufgesteckten, dunklen Locken.
Dann folgte Sky, die von Jonas begleitet wurde, dem man deutlich ansah, wie stolz er war, diesen Part übernehmen zu dürfen.
Skys Eltern waren beide bereits verstorben und Jonas, nach Fabio, Skys engster Freund.
Zoey fand es, vor allem für Sky, sehr schade, dass es Fabio nicht möglich war, dabei zu sein.
Skys Brautkleid war im Princess-Stil gehalten. Schulterfrei mit einem engen, sehr schlichten Mieder aus weißer Seide.
Ab der Taille wurde das Kleid sehr breit und hatte eine lange Schleppe.
Die langen, blonden Haare trug sie offen und in großen, seidig aussehenden Wellen.
Sie hatte nie schöner ausgesehen, nicht einmal, als sie die Modenschau in Talin gelaufen war.
Die beiden Brautführer übergaben die Frauen an ihre Männer. Dann begann die Zeremonie.
Von den Worten des Pfarrers bekam Zoey kaum etwas mit. Sie war vollkommen vertieft in die Betrachtung dieser beiden wunderbaren Paare vor dem Altar.
Die Liebe, die sie für einander empfanden, war beinahe greifbar.
Trotz aller Schwierigkeiten hatten diese vier es geschafft und sie hatten es verdient.
"… und Sie dürfen die Braut jetzt küssen."
Die letzte Silbe hatte die Lippen des Pfarrers noch kaum verlassen, da hatten beide Männer ihre Frauen bereits an sich gezogen und küssten sie leidenschaftlich.
Einige ihrer Freunde pfiffen und Applaus brandete auf. Sie selbst hätte das auch gern getan, aber John hätte es nicht gut geheißen und sie hätte sich auf einen weiteren Streit mit ihm einlassen müssen.
Also beließ sie es bei dem leisen Geklatsche, das er bevorzugte.
Nachdem die Brautpaare die Kirche verlassen hatten, folgten ihre Freunde ihnen.
John legte ihre Hand wieder in seine Ellenbeuge und führte sie ebenfalls den Gang entlang.
Dann fuhren sie im Konvoi zu CB-Resorts,