Abb. 2.2 Schematische Darstellung der retinalen Schaltkreise beim Menschen. Verbindungen der Fotorezeptoren (engl. cones: Zapfen, rods: Stäbchen) über die Zapfenbipolarzellen (ON CBC), Amakrinzellen (AII) und Stäbchenbipolarzellen (RBC), ipRGC: intrinsisch lichtempfindliche retinale Ganglienzelle mit dem Pigment Melanopsin. Reproduziert aus [2] mit Genehmigung von Trends in Neurosciences.
Durch Anspannen der Ziliarmuskeln kann die Brennweite der Linse verändert werden. Der Sehwinkel schneidet die Netzhaut an der Fovea centralis, dem Ort des schärfsten Sehens. Zu den wichtigsten optischen Parametern der Bestandteile des Augenmediums gehören die Brechungsindizes (die typischerweise zwischen 1,33 und 1,43 liegen) und die spektralen Transmissionsfaktoren. Alle Parameter variieren bei verschiedenen Personen erheblich und unterliegen mit zunehmendem Alter deutlichen Veränderungen. Insbesondere die Akkommodation, die Sehschärfe und die Pupillenreaktionen sind mit zunehmendem Alter beeinträchtigt. Die spektrale Transmission der Augenmedien nimmt mit dem Alter deutlich ab, insbesondere für kurze Wellenlängen (ausführliche Angaben gibt es dazu in Abschn. 12.6.1).
Abb. 2.3 Stäbchendichte (durchgezogene Kurve) und Zapfendichte (Punkte) in Abhängigkeit von der Netzhautposition (Abszisse: in Grad) gezeichnet nach Oesterbergs Daten [3]. O: Blinder Fleck; Inset-Diagramm: Zapfenmosaik der stäbchenfreien inneren Fovea mit einer Ausdehnung von ca. 1,25°, d. h. ca. 350 μm. Rote Punkte: langwellenlängenempfindliche Zapfen (L-Zapfen). Grüne Punkte: mittelwellenlängenempfindliche Zapfen (M-Zapfen). Blaue Punkte: kurzwellenlängenempfindliche Zapfen (S-Zapfen). Quelle: Reproduziert mit Genehmigung von Wiley-VCH [1], außer dem Inset-Diagramm. Quelle des Inset-Diagramms: Abb. 1.1 aus Sharpe, L.T., Stockman, A., Jägle, H., Nathans, J. (1999). Opsin genes, cone photopigments, color vision and colorblindness, S. 3–51 in [4]. Reproduziert mit Genehmigung von Cambridge University Press.
Nachdem die Lichtstrahlen die Netzhaut erreicht haben, durchlaufen sie die Netzhautschichten und in der zentralen Netzhaut auch die sog. Macula lutea (eine gelbe Pigmentschicht, die die zentrale Netzhaut schützt), bevor sie die Fotorezeptoren erreichen, die auf der Rückseite der Netzhaut liegen. Der blinde Fleck ist die Stelle (in den Abb. 2.1 und 2.3 mit O bezeichnet), an der der Sehnerv durch das Auge verläuft. Die Netzhaut ist an der Stelle O blind, da die Dichte der Stäbchen und Zapfen dort gleich null ist.
Die Netzhaut (eine Schicht mit einer Dicke von durchschnittlich 250 μm) ist Teil des optischen Systems des Auges und mit ihrer Fotorezeptorstruktur auch Teil des visuellen Gehirns. Die Netzhaut enthält eine komplexe Zellschicht mit zwei Typen von Fotorezeptoren, Stäbchen und Zapfen. Sowohl die Stäbchen- als auch die Zapfenrezeptoren sind über ein komplexes Netzwerk aus den oben erwähnten vorverarbeitenden Zellen mit den Nervenfasern des Sehnervs verbunden, das aus den Rezeptorsignalen weitere neuronale Signale berechnet. Die Netzhaut enthält etwa 6,5 Millionen Zapfen und 110–125 Millionen Stäbchen, während die Anzahl der Nervenfasern etwa eine Million beträgt. Die Dichte der Stäbchen und Zapfen ist unterschiedlich und hängt von der Position auf der Netzhaut ab (s. Abb. 2.3).
Es existiert auch ein dritter Typ lichtempfindlicher Zellen, die sog. ipRGC (engl. intrinsic photosensitive retinal ganglion cell, d.h. eine intrinsisch lichtempfindliche retinale Ganglienzelle, die das Pigment Melanopsin enthält), die für die Regulierung des zirkadianen Rhythmus verantwortlich ist (s. Abschn. 2.3). Die Abb. 10.3 illustriert die Verteilung der ipRGCs auf der Netzhaut. Gemäß der Darstellung in Abb. 2.2, die die heutigen Kenntnisse der Neurophysiologie widerspiegelt, werden die Signale der Zapfen und Stäbchen auch nicht nur zu den „normalen“ Ganglienzellen, sondern auch zu den fotoempfindlichen Ganglienzellen ipRGCs übertragen. Die Signale der ipRGCs wiederum fließen sowohl in visuelle als auch in nicht visuelle Signalverarbeitungskanäle ein, wobei die visuellen und nicht visuellen Kanäle im menschlichen Gehirn stark vernetzt sind (s. Abb. 2.2 sowie 10.6 und Kap. 3).
Durch das Fotopigment Melanopsin sind die ipRGCs (die nur ca. 1–5% derretinalen Ganglienzellen darstellen [2]) unmittelbar lichtempfindlich und könnendaher auch isoliert vom Rest der Retina auf Licht reagieren [2]. Sie sind in situ mit den Stäbchen- und Zapfenfotorezeptoren über die retinalen Schaltkreise verbunden (s. Abb. 2.2). Infolgedessen kann das ipRGC-Signal sowohl durch die intrinsische Melanopsinfotorezeption als auch durch die extrinsischen Stäbchen- und Zapfensignale beeinflusst werden [2] (s. auch Abb. 2.13). Die Abb. 2.3 zeigt die Stäbchen- und Zapfendichte in Abhängigkeit von der Netzhautposition, während das Inset-Diagramm von Abb. 2.3 das LMS-Zapfenmosaik (ähnlich einer Digitalkamera) der stäbchenfreien inneren Fovea darstellt.
Wie es aus Abb. 2.3 ersichtlich ist, befinden sich an der Stelle des blinden Flecks keine Rezeptoren, da der Sehnerv an dieser Stelle aus dem Auge austritt (bezeichnet mit O). Die Fovea ist in der Mitte der Region der Macula lutea. Ein charakteristischer Wert zur Darstellung des Durchmessers der Fovea beträgt 1,5 mm, was einem Sehwinkel von etwa 5° entspricht. Die Fovea ist aufgrund der hohen Zapfenrezeptordichte für die beste Sehschärfe verantwortlich, siehe das Zapfendichtemaximum in Abb. 2.3. Außerhalb der Fovea nimmt der Zapfendurchmesser bis etwa 4,5 μm zu, die Zapfendichte nimmt ab und die Stäbchendichte (Durchmesser der Stäbchen: 2μm) nimmt zu, um bei etwa 18°–20° ein Stäbchendichtemaximum zu erreichen.
Die Stäbchen sind für das Nachtsehen, auch skotopisches Sehen genannt, bei Leuchtdichten kleiner als 0,001 cd/m2 verantwortlich. Stäbchen sind empfindlicher als Zapfen, werden aber oberhalb von etwa 60–100 cd/m2 völlig inaktiv. Die Zapfen sind für das Tagessehen oder fotopisches Sehen (bei Leuchtdichten von etwa 10 cd/m2 oder höher) verantwortlich. Der Übergangsbereich zwischen skotopischem (Stäbchen-) Sehen und fotopischem (Zapfen-) Sehen wird als Dämmerungsbereich oder mesopischer Bereich bezeichnet, in dem sowohl die Stäbchen als auch die Zapfen aktiv sind. Eine akzeptable Farbqualität (s. Abschn. 6.7) kann nur im fotopischen Bereich erwartet werden.
Neben der Pupillenkontraktion stellt der Übergang zwischen Stäbchen- und Zapfensehen im mesopischen Bereich einen zweiten wichtigen Anpassungsmechanismus des menschlichen Sehsystems an