Auf nach Berlin!. Friedrich Rentschler. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Friedrich Rentschler
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги о Путешествиях
Год издания: 0
isbn: 9783842283923
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schwer war die Mechanik, die fünfzehn Kilogramm wog. Und dann konnte ich mir auch nicht vorstellen, wie diese in ein anderes Ruderboot eingebaut werden könnte.

      Da ich grundsätzlich ein eigenes Ruderboot haben wollte, schaute ich mir schon im Januar 2009 in Berlin am Müggelsee ein leichtes Freizeitruderboot an. Das hatte aber keinen Stauraum und sah auch nicht wellentauglich aus.

      Im Internet suchte ich nach weiteren Herstellern und stieß dabei auf einen Bootshändler in Königswinter bei Bonn. Der bot ein norwegisches Ruderboot der Marke Hasle an, das speziell für Wanderfahrten entwickelt wurde. Es hat Stauraum und ist wellentauglich, allerdings wiegt es neununddreißig Kilogramm. Mit dem Inhaber, Herrn Behr, machte ich einen Termin aus und besah mir dieses Boot im März 2009.

      Herr Behr konnte mir alle Fragen so beantworten, dass ich sicher war, mit diesem Boot kann ich die Tour machen. Er beantwortete mir auch meine Fragen zum Rudern auf dem Rhein. Seine Kernaussage war: »Regeln beachten, auf Schiffsverkehr achten und losfahren.«

      Bei der Bootswerft Empacher in Eberbach bei Heidelberg nahm ich ebenfalls im März 2009 an einer Werksführung teil, um mehr über den Bootsbau und die Eigenschaften eines Bootes zu erfahren.

      Ende März bestellte ich das Hasle-Boot samt Rollsitz und Ruder mit Holzgriffen. Nach Aussage von Herrn Behr greifen diese die Hände weniger an und deshalb gibt es auch weniger Schwielen.

      Den Anhänger zum Transport des Bootes bestellte ich bei Firma Schick in Stuttgart. Es ist ein Harbeck-Anhänger, bis zu einer Geschwindigkeit von hundert Stundenkilometer fahrbar.

      Mehrere Wochen bearbeitete ich meine Streckenplanung. Erst suchte ich geeignete Karten. Für die Strecken, für die es keine Karten gab, suchte ich Reisebücher für Wasserfahrten in motorgetriebenen Booten. Zusätzlich kaufte ich Fahrtenbücher für Radtouren an den Kanälen, auf denen ich fahren würde. Natürlich auch den Deutschen Wanderruderführer. Zusätzlich noch einen Kanuführer für Deutschland. So ausgerüstet ging ich an die Streckenplanung. Als ich meinem Bruder Gottfried die Fahrstrecke zeigte, meinte er, so was würde er auch gerne mal machen. Allerdings nur mit dem Fahrrad, nicht im Boot.

      Das Hasle-Boot holte ich mit dem Harbeck-Anhänger Anfang August 2009 bei Behr in Königswinter ab. Erst jetzt bekam ich die Möglichkeit, Boot und Hänger in einer Scheune in Kochertürn bei Neuenstadt unterzustellen. Aus Platzmangel war eine Unterbringung im Ruderclub erst ab Juli 2010 möglich.

      Ich gab meinem Boot den Namen Schwalbe und bestellte ein Schild mit Bootsnamen, meinem Namen und Adresse von mir. Das ist Vorschrift für jedes Schiff, wenn es auf Deutschlands Wasserstraßen fährt.

      Im September 2009 bin ich mit meiner Schwalbe in Berkenbrück zum ersten Mal gerudert. Ich war sehr nervös, als ich einstieg. Und ich strahlte vor Freude, als ich spürte. wie gut das Boot lief.

       Wie trainiere ich?

      Herr Behr gab mir folgende Tipps: Zuerst an einem Tag zehn Kilometer rudern, Pause machen und dann noch einmal zehn Kilometer rudern. Wenn es geht, schon ab dem ersten Tag dieses Programm. Zur Steigerung am Tag fünfzehn Kilometer rudern, Pause machen und dann noch einmal fünfzehn Kilometer rudern. Danach täglich so viel Kilometer wie ich mir zumutete. Unsere abwechslungsreiche und von mir geliebte Ruderstrecke zwischen Rosensteinbrücke und Schleuse Hofen einmal rauf- und runtergefahren umfasst zehn Kilometer. Ideal als Maßeinheit zum Trainieren.

      Herr Behr meinte, dass auf der Tour täglich fünfzig bis sechzig Kilometer möglich sein müssten. Auf dem Rhein bis hundert Kilometer, wenn es gut läuft. Ich wollte ursprünglich mit hundert Kilometern täglich planen.

      Die Wanderfahrt von Prag nach Meißen Anfang Juni 2010 war für mich die Generalprobe für meine Tour. Schon auf meiner ersten Wanderfahrt im Mai 2009 nach Poppenweiler über dreißig Kilometer war mir klar geworden, dass Wanderfahrten für mich das Schönste beim Rudern sind. Und das obwohl ich damals kaum noch sitzen konnte, weil der Po so entsetzlich weh tat.

      Im Ruderclub versuchte ich wenigstens zweimal die Woche mit meinen Ruderkollegen zu rudern. Mit dem eigenen Boot wollte ich wenigstens einmal die Woche rudern. Es blieb bei zweimal rudern außerhalb des Ruderclubs. Einmal ruderte ich auf dem Kocher bei Neuenstadt vier Stunden und zwanzig Kilometer. Als ich an Land ging, blieb ich im Schlamm stecken und verlor dabei meine Uhr. Das zweite Mal ruderte ich im Schleusenbereich Lauffen zwanzig Kilometer.

      Als ich im Juli 2010 das Boot beim Ruderclub unterstellen konnte, ruderte ich jede Woche viermal mit meiner Schwalbe.

      Insgesamt hatte ich vor dem Start zu meiner Rudertour gerade mal 405 Kilometer im Ruderclub gerudert und 140 Kilometer mit meinem eigenen Boot.

      Zu Hause trainierte ich täglich auf meinem Pacific Rower Rudergerät und machte Gymnastik mit speziellen Übungen für das Rudern. Außerdem verbrachte ich im Ruderclub wöchentlich dreißig Minuten auf dem Ergometer.

      Um Kraft und Ausdauer weiter zu steigern, schwamm ich im Winter zweimal die Woche bis zu einer Stunde ohne Pause. Anfangs war ich nach zwanzig Minuten platt.

       Start

      Der Start war für den 18.07.2010 geplant. Am 15.07.2010 wurde vor dem Bootshaus gegrillt. Gesprächsthema war meine Rudertour. Von Elmshorn waren Ruderer da, die ebenfalls am 18.07.2010 Richtung Mannheim rudern wollten.

      Mit Heidi vereinbarte ich, dass sie jeden Tag eine SMS bekommt, in der ich mitteile, wo ich bin, wie weit ich gefahren bin usw. Dieses »Rudertagebuch« soll dann im Clubreport veröffentlicht werden.

      Am 17.07.2010 habe ich das Boot beladen. Es hat in Bug und Heck verschließbare Luken, in die ich Zelt, Schlafsack, Rettungsweste, Kleidung, Kulturbeutel und Essensvorräte verstaute. Dabei wurde möglichst alles Kleinere in Seesäcke gestopft. Es konnte ja Wasser überkommen oder bei Regen alles nass werden. Getränke, Bootshaken, Becher zum Wasserschöpfen und Bootswagen wurden in den Fußraum des Bootes gelegt.

      Heute ist der 18.07.2010. Gottfried holt mich in Botnang ab. Er ist allein. Ich bin etwas enttäuscht, da ich fest damit rechnete, dass seine Frau und Tochter mitkommen. Wir fahren über die Pragkreuzung zum Ruderclub nach Bad Cannstatt.

      Um 10 Uhr will ich starten. Zuerst wird ein gesteuerter Vierer ins Wasser gesetzt, dann Peter im Einer, dann ich und zuletzt der Achter. Alle drei Boote wollen mich bis zur Schleuse Hofen begleiten. Ich warte im Wasser und bin sehr angespannt.

      Ich denke an meine Freundin in Berkenbrück. Und ich weiß, Michaela fiebert mit, dass alles gut klappt. Sie machte mir wiederholt Vorschläge, wie ich die Reise besser und auch leichter gestalten könnte. Zuletzt meinte sie, ich könne ja den ersten Tag durchhalten und dann überlegen, was ich mache. Für sie ist eine Bootsfahrt, schon allein wegen dem kleinen Rollsitz, unvorstellbar.

      Jetzt rücke ich meinen Spiegel am Käppi zurecht. Damit kann ich die Fahrzeuge, die vor mir fahren, rechtzeitig sehen. Nervös greife ich nach meinen Skulls. Aber nicht richtig. Mit der Folge, dass sich die Schwalbe nach nicht mal fünfzig Meter mit dem linken Ruder fast in einem eisernen Begrenzungspfosten verfängt.

      Na, das geht ja gut los. Ich steige ins Boot und greife nicht richtig nach den Skulls. Ja, ja liebe Ruderkameraden, ich höre euch deutlich grummeln: »Ob das gut geht?« – »Allein den Rhein runter.« – »Allein in die Schleusen.«

      Obwohl, als ich mir vorstelle, in wenigen Minuten unter der Aubrücke durchzufahren und dann in vier Wochen in Berlin sein zu wollen, geht mein Puls ganz schön hoch.

      Jetzt schaue ich auf die drei Boote, die mich begleiten und konzentriere mich darauf, die so oft in den letzten Wochen gefahrene Hausstrecke bis Hofen in mich aufzunehmen. Unter der Aubrücke durch, rechts danach die Auwiese, links voraus das Restaurant direkt am Wasser, bei dem wir ab und zu etwas tranken oder aßen, rechts den Durchlass zum Max-Eyth-See, über mir der Max-Eyth-Steeg – eine Fußgängerbrücke –, danach die Einfahrt in die Schleuse, rechts Wassersport Center mit Anlage für Sportboote und Ausstiegstelle für den Stuttgarter Kajak-Club.

      An