Die sogenannten Machtideale bedürfen keiner Erwähnung. Sie passen auf jeden, der die Mittel zu haben glaubt oder sucht, um sich auf Kosten anderer Vorteile zu schaffen.
Nun ist es von Weltanschauungen stiller geworden, und wir beschäftigen uns wieder vorwiegend mit Interessen und Tagesfragen. Wo sind die deutschen Ideale, wo sind ihre Träger?
Wir haben sieben Millionen Arbeiter, die zum großen Teil von Schulagitatoren geführt werden. Wir haben acht Millionen unselbständige in der Landwirtschaft Beschäftigte, die sich nicht organisieren dürfen und nicht Träger eigener Gedanken sind. Wir haben zwei bureaukratisch geordnete Kirchen, die dem Austretenden mit Minderung bürgerlicher Rechte drohen dürfen. Wir haben die Stände der Interessierten, die mit der Dialektisierung ihrer Gewerbe befaßt sind. Wir haben eine Beamtenkaste auf Grund eines Gesinnungsnachweises. Wir haben einen selbständigen Mittelstand, der nach den Gründen seines Niederganges sucht. Wir haben ein Großbürgertum, das nach Beziehungen und Beförderungen lechzt. Wir haben einen staatsbeamteten Gelehrtenstand, der zur Verteidigung alles Bestehenden erzogen ist. Wir haben Interessenvertreter und Ortsgrößen, die im politischen Leben stehen und ihre Wünsche und Kritiken mit denen ihrer Auftraggeber in Übereinstimmung zu bringen suchen.
Und dennoch! Solange noch Selbstbewußtsein und Willenskraft in uns ist, lieber in tätigem Glauben und edlem Irrtum vergehen als in kranker Resignation und galliger Verneinung leben. Abermals rufe ich zu dir, deutsche Jugend! Noch haben dich die Kleinheiten des Lebens nicht zermürbt, die wütenden Interessen und giftigen Händel dich nicht verfeindet, ein großes Schicksal hat dich verschmolzen und geläutert, hilf die Quellen des schmachtenden Landes erschließen.
Laßt uns diesen einen Gang gemeinsam gehen. Laßt uns durch die Öde des Zweifels schreiten, laßt uns an das Tor des Glaubens pochen, laßt uns das Schicksal unserer Prüfung befragen und unserer eigenen Seele tief ins Antlitz blicken, und glaubt mir, wir kehren nicht entmutigt heim. Müßten wir auch ein schweres Teil der Völkerschuld auf uns selbst nehmen, müßten wir tiefe Sühne und Einkehr von uns selbst verlangen: Laßt uns hart sein aus Liebe und arg aus Treue. Lassen wir anderen das Behagen der Beschönigung und des Selbstlobes, das seit vier Jahren zur schamlosen Pest der Völker geworden ist, und suchen wir den Weg zur alten Wahrhaftigkeit und Furchtlosigkeit, die unser vornehmstes Erbteil war.
Mag unser Gang beklemmend sein, mag er uns zeigen, wie fern wir dem Lande unserer Verheißung sind, genug, wenn wir heimkehren mit der Botschaft, daß unser Schicksal bei uns selbst steht, daß wir inne geworden sind dessen, was uns von neuer Geistigkeit, von innerer Wiedergeburt und Weltverantwortung trennt.
Was trennt, kann sinken. Den Kampf, den wir kämpfen, und den härteren, den wir kämpfen werden, beendet nur ein Sieg: der Sieg der Einkehr. Und die Nation wird ihn erstreiten, die ihrer eigenen Seele entgegentritt und sie zum Phönixopfer weiht.
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