Wann wird man je verstehn?. Rose-Marie Braun. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Rose-Marie Braun
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783991079378
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1963

      Der Bus ist voll mit indischen Gastingenieuren von Siemens. Zwei deutsche Studentinnen haben die zwei letzten freien Plätze ergattert. München–Prag.

      Der Aufenthalt an der Grenze dauert. Ein Mann wird, von einem Zollbeamten eskortiert, zum Frisör geschickt. Nach einer Stunde kommt der früher Bärtige bartlos wieder. Sein Konterfei im Pass war nicht identisch mit seinem Erscheinungsbild vor einer Stunde.

      Gleich nach der Grenze steigt die tschechische Reiseleiterin zu. Sie preist die Errungenschaften der sozialistischen Wirtschaft. „Rechts die Papierfabrik, links die Schokoladenfabrik, links die Papierfabrik, rechts die Schokoladenfabrik.“

      Sie kommen an. Das Hotel in der Vorstadt von Prag entpuppt sich als sozialistischer Kasten.

      Im Eingang zur Etagentoilette sitzt die Klofrau, vor sich einen Stapel hauchdünner, brauner, quadratischer Papiere in der Art von Merkzetteln. „Eins oder zwei?“, das ist ihre Frage. Soll man sie mit der Zahl drei in Unannehmlichkeiten stürzen? Man wagt es nicht. Bald sind die mitgebrachten Tempos aufgebraucht.

      Am letzten Tag Ausgang ohne die Reiseleitung zum Wenzels Platz. Man traut den Ausländern inzwischen. Sie eilen in ein Café im ersten Stock mit zusammengekniffenem Hintern auf die Toilette. Aber auch hier nichts, kein Papier, nicht einmal eine Klofrau.

      Wird in Prag das Toilettenpapier gehortet? Der Kellner scheint Deutsch zu sprechen. Man erklärt ihm leise die missliche Lage. Er nickt mitfühlend, eilt davon und kommt mit einem Stamperl Schnaps zurück. Es wird unangenehm. Die Rettung naht! Ein Mann erscheint mit einer Zeitung unter dem Arm, vermutlich Journalist oder Schriftsteller. Sie stürzen sich auf ihn, einigen sich auf einen unangemessen hohen Preis und enteilen.

      Am Abend lädt die Reiseleiterin sie zum Tanz mit tschechischen Studentinnen und Studenten ein: Großer Saal, Live-Kapelle! Sie ist spürbar lockerer geworden. Der Westen hat sein humanes Gesicht gezeigt.

      Die Studenten tanzen hervorragend, Walzer, Polka. Sie muss den Knopf am Bund etwas lockern, hat sogar zugenommen in den vier Tagen mit einer Maß tschechischen Bier am Tag, Schweinebraten, Knödel, Gulasch und mehreren Deka Karpfen und Prager Schinken. Nicht zu vergessen die Powidltascherl. Das Rezept der Tante Jolesch, das sie mit ins Grab genommen hat.

      Seit Jahren versuchte die Familie Torberg, es ihr zu entlocken. Dann am Sterbebett: „Tante Jolesch, verrate uns wenigstens jetzt das Rezept deiner hervorragenden Powidltascherl!“ Da erhebt sich die Sterbende mit letzter Kraft und haucht: „Immer zu wenig machen.“

      Marrakech/Marrakesch

      August 1963

      Eine Reise nach Istanbul, das prächtige Byzanz, das sagenhafte Konstantinopel und danach Badeferien am Meer. An der Uni ist ein Dorf ausgeschrieben mit Hütten und Badegelegenheit:

      Selim Pasa am Marmarameer zwischen Istanbul und Silivri. Der Vater ist entsetzt: „Du wirst im Harem landen.“ Die Mutter erklärt, dass seit Atatürk, dem Vater der Türken, die Einehe gesetzlich vorgeschrieben ist und 1924 bereits das Wahlrecht für Frauen eingeführt wurde, wovon die moderne Schweiz noch meilenweit entfernt ist. „Nun, das Gesetz ist eine Sache, die Durchführung vielleicht die andere.“ Der Skeptiker streicht ihr sicherheitshalber den Zuschuss zum Studium.

      Sie arbeitet an den Wochenenden. Man kann ja vorher die Kultur des Orients an einem etwas näheren Ziel erkunden. Go west! Auf nach Marrakesch per Autostopp! Zwei weitere Studenten sind begeistert. Man setzt sich in Bewegung. München, der Genfer See, die Rhône hinunter, durch Montélimar, die nach Nougat duftende Stadt.

      Da, ein Kastenwagen: Zwei policiers! „Bloß höflich!“ „Oui, Monsieur, bien sûr, Monsieur.“ Die französische Polizei duldet noch weniger Widerspruch als die deutsche. Und ja nicht von flics sprechen, ein Schimpfwort. Wie lässt sich auch ein Volk im Zaum halten und regieren, das 360 Käsesorten kennt, so ihr großer General de Gaulle.

      Die Polizisten überprüfen die Ausweise, telefonieren nach Paris, wohl mit Interpol. Vielleicht suchen sie Ausreißer. Sie lassen warten. Endlich Freigabe!

      Ein Stierzüchter, der Stiere zur Corrida nach Spanien bringen will, erzählt, dass unter Franco in Spanien Autostopp verboten ist, sogar unter Androhung von Haftstrafe.

      Danach nimmt sie ein Matador mit. Sie ist begeistert. Er verspricht ein Plakat von sich. Er hat es in einer Kabine am Meer. Die Studenten folgen misstrauisch. Falls wirklich Gefahr in Verzug ist, soll sie klopfen. Er hat tatsächlich ein Plakat. Aber vorher möchte er ihr noch seine heldenhaft errungenen Narben am Körper zeigen. Er zieht sein Hemd aus. Sie soll die Wunden begutachten und natürlich sind das noch nicht alle. Sie klopft. Die Studenten schreien und klopfen. Er entlässt sie ohne Plakat.

      Ankunft in Barcelona. Jetzt heißt es den Geldbeutel öffnen. Sie finden ein Zimmer in einer einfachen Pension, beschließen zu schlafen und danach das Weitere zu überdenken. Es ist brütend heiß. Die Pensionswirtin lugt herein. Ménage à trois. So züchtig, seltsam!

      Weiter geht es an die Costa Brava. In einem Rohbau in Lloret de Mar wird zum halben Preis Quartier bezogen.

      Das Geld nach Marrakesch hätte nie gereicht.

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