Der Güldene Baum. Hans-Joachim Rech. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Hans-Joachim Rech
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783966511742
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sich Tommy nicht erschreckt."

      Luna klopfte dreimal auf den Holzrahmen und drückte die Klinke herunter. Knarrend öffnete sich die Tür, und im gleichen Augenblick hörten sie Tommys Stimme aus der Werkstatt.

      "Herein und guten Morgen. Ich bin in der Werkstatt, herein bitte" klang es fröhlich an die Ohren der Freunde.

      "Hallo Tommy, guten Morgen, schön dass du da bist. Wir wollten dich besuchen, einfach nur so. Weil wir nächste Woche in Urlaub fahren, und dann ist niemand da, - ich - wir meinen, wem erzählst du dann deine wunderschönen Geschichten und Märchen? Wir stören doch hoffentlich nicht? Wenn du viel Arbeit hast, dann gehen wir lieber" sprachen die Kinder wie aus einem Mund.

      "Ach was, ihr habt mich noch nie gestört, im Gegenteil, ich freue mich immer ganz besonders über euren Besuch. Es ist doch schön Kindern Geschichten und Märchen zu erzählen, weil sie die einzigen sind, die noch zuhören wollen. - Na , dann setzt euch und sagt mir, was ich für euch tun kann?"

      "Was du für uns - wieso meinst du - ach eigentlich wollten wir nur..." stotterte Miriam

      verlegen,

      "eigentlich -- ach - nichts."

      "Ja Miriam, was wolltet ihr nur - mir vielleicht etwas erzählen über eine alte Gasse mit windschiefen alten Häusern, wo die Menschen ihre Kinder in den Schlaf singen und ein Zauberer von geheimnisvollen Märchen träumt?"

      "Wieso kommst du ... woher weißt du ... bist du etwa...?" riefen die Kinder aufgeregt.

      "Nein - nein - nein, ganz langsam und eins nach dem anderen. - Kommt hier her, an meinen Arbeitstisch, ich möchte euch etwas zeigen."

      Neugierig traten Miriam, Luna und Max näher an Tommys Arbeitstisch heran. Über dem Tisch lag ein blaues Tuch mit vielen goldenen Sternen, das ihnen nur zu gut bekannt war.

      "Seht her meine Freunde, das ist unsere Heimat, das alte Filigrania."

      Mit einem schnellen Griff zog Tommy das blaue Tuch mit den goldenen Sternen beiseite - und von einem zum anderen Augenblick standen Miriam, Luna, Max und Tommy in der kleinen alten Gasse mit den windschiefen alten Häusern, wo aus kleinen Fenstern der Gesang der Kinder zu hören war.

      "Wauuu - Mann - Tommy" rief Max aufgeregt,

      "das ist ja unsere Gasse, ich meine, wir waren schon einmal...."

      "Ja - ich weiß, ihr wart bereits in dieser Gasse und habt meinen Freund, den großen Zauberer Bonalibona getroffen. Er hat mir von eurem Besuch erzählt und auch davon, dass er wohl ein wenig zu grob war zu euch. Es tut ihm sehr leid und er würde sich freuen, wenn ihr ihn wieder besuchen würdet. Bonalibona wartet bereits auf uns" sprach Tommy leise und geheimnisvoll.

      "Aber woher kennst du den Zauberer - ich meine, wir waren bei ihm und - na ja, er hat sich wohl über uns ein wenig geärgert, weil wir an ihm herumgemäkelt haben. Das tut uns auch leid und wir möchten uns gern bei ihm entschuldigen. - Wo steckt er denn jetzt, sein Haus ist ja gar nicht zu sehen?" sagte Luna.

      "Nun - wir müssen bis zum Ende der Gasse gehen, dort wo der Wald beginnt. Da hat der große Zauberer diesmal sein Haus stehen. Er nimmt es immer mit - müsst ihr wissen, heute ist er hier, morgen dort, gerade immer da, wo es ihm gefällt."

      "Er - er nimmt sein Haus mit? Ja wie geht denn das? Wie kann man sein Haus mitnehmen - etwa so wie eine Tasche? Das ist doch ganz sicher ein Märchen - nicht wahr Tommy?" lachte Miriam.

      "Oh nein - liebe Miriam, das ist kein Märchen. Wozu ist Bonalibona denn ein Zauberer? Hat er euch nicht gezeigt, wie aus einem alten windschiefen Haus ein Palast wird - einfach so. Genauso schnell und einfach macht er aus einem Palast einen Fingerhut, den er sich in die Tasche steckt. - Unter uns Freunde, Bonalibona war schon an jedem Ort der Welt und besitzt unzählig viele Häuser und Paläste. Aber da er nur in einem wohnen kann, stehen die anderen die meiste Zeit leer. Das hat ihn ziemlich geärgert, und er kam auf die Idee, seine Häuser und Paläste an liebe und aufrichtige Menschen - sagen wir - kostenlos zu vermieten. „Aber das bleibt unser Geheimnis - Ehrenwort. - Meine Werkstatt - das ist so ein altes Haus, ein ehemaliger Palast. Für die meisten Menschen sieht es aus wie ein ganz normales Haus, aber für einige, da wird daraus ein Palast, eine alte Stadt mit kleinen alten Gassen und windschiefen Häusern. Ihr meine Freunde, seid solche Menschen, ihr könnt die alten Märchen und Erzählungen lebendig sehen und wirklich erleben. Das ist doch märchenhaft - findet ihr nicht auch?"

      "Ob wir das - na aber - was hast du denn gedacht, das ist ja - also auf - was stehen wir hier noch, Bonalibona wartet sicher schon vor seinem Haus und..."rief Max aufgeregt.

      "Er raucht bestimmt wieder seine Pfeife, die so gut duftet" freut sich Luna,

      "und den blauen Mantel mit den goldenen Sternen hat er sich über die Schultern gelegt."

      "Bonalibona ist der König der Zauberer" ruft Miriam und klatscht in die Hände.

      "Besuchen wir Bonalibona, den König der Zauberer" rufen die Kinder zusammen.

      "Na denn los, statten wir unserem besten Freund einen Besuch ab" sagt Tommy.

      Miriam, Luna, Max und Tommy schreiten die alte Gasse mit den windschiefen alten Häusern entlang, die erfüllt ist vom Lachen, Schwatzen und Tuscheln der Menschen, die darin wohnen. Aus den Fenstern ertönt der Gesang der Kinder und das Miauen der Katzen. Vor den Häusern sitzen die Leute auf ihren Bänken und lassen sich die Sonne ins Gesicht scheinen. Die Hunde liegen zwischen den Füßen der Menschen und dösen einfach in den Tag. Auf dem Mist krähen die Hähne und die Hühner gackern aufgeregt durcheinander. In der kleinen alten Gasse mit den windschiefen alten Häusern herrscht fröhliches Leben und ein buntes Treiben. Auf dem kleinen Marktplatz, fast am Ende der Gasse, haben die fahrenden Händler ihre Stände aufgebaut. Die Pferde stehen ausgeschirrt an der Tränke, trinken frisches Wasser und futtern leckeres Heu. Und die Marktschreier preisen ihre Waren als die einzig besten von allen an.

      "Frische Kartoffeln, frische Tomaten, frischer Salat. Nur vom besten - liebe Leute, kauft nur bei mir"

      "Frischer Räucherfisch, fetter Aal, saftiges Schweinefleisch - kauft Herrschaften, kauft nur bei mir"

      "Frisches Obst, die leckersten Äpfel und Birnen, Zwetschgen und Pflaumen. Kauft werte Bürger, kauft nur bei mir."

      Miriam, Luna, Max und Tommy bestaunen das quirlende Leben auf dem kleinen Marktplatz, auf dem noch Gaukler und Spaßmacher ihre Künste aufführen.

      "Schau nur, wie lustig die Burschen sind. Und was hier los ist, fast so wie in der Altstadt am Samstag" freut sich Luna.

      "Für die Menschen damals war der Markttag genauso wichtig, wie für uns heute die Zeitung oder die Nachrichten. Wer etwas wissen oder einem anderen etwas ausrichten wollte, der ging auf den Markt. Dort trafen sich alle Menschen des Ortes und aus der ganzen Umgebung. - Aber jetzt müssen wir weiter, schließlich wollen wir unseren Freund nicht verärgern. Denn eines kann Bonalibona überhaupt nicht vertragen - das ist Unpünktlichkeit. Wir sind ja gleich da - seht ihr, da vorne am Waldrand, da steht sein Haus."

      "Was - das soll sein Haus sein?" ruft Max ungläubig.

      "Typisch Bonalibona, nur nicht auffallen. Immer schön bescheiden sein" lacht Miriam.

      "Ein echt cooler Typ, der Zauberer, hat alles, kann alles und lebt wie ein Bettler" spricht Luna geheimnisvoll.

      "Hallo - Bonalibona - wir sind es, Miriam, Luna und Max. Hier ist Tommy mit seinen Freunden. Dürfen wir in dein Haus kommen?" ruft Tommy durch den verwilderten Garten zu dem alten Haus hinüber.

      Nichts rührt sich, alles ist still. Nur ein paar Amseln zanken sich um die reifen Himbeeren, die dick und rot an den Sträuchern leuchten.

      "Hallo - Zauberer - hier ist Tommy mit seinen Freunden. Wo bist du? Wir möchten dich besuchen" ruft Tommy noch Mal durch den Garten, doch diesmal viel lauter. Im Gesträuch raschelt es, das Gras knistert, dürre Zweige knacken - und dann steht plötzlich und wie durch Zauberei der große Bonalibona vor ihnen. Aber er sieht gar nicht aus wie ein Zauberer. Auf seinem Kopf trägt er eine Wollmütze,