Abb. 1.2 Die vier verschiedenen Modi der 2D-LC-Trennung.
Das genaue Gegenteil von LC-LC in Bezug auf die analytische Bandbreite ist der umfassende Modus der 2D-Trennung (D; LC × LC). Wie die Abbildung zeigt, werden in diesem Fall Fraktionen des 1D-Eluats gesammelt und nacheinander einzeln in die 2D-Trennung überführt. Typischerweise ergibt dies eine lange Reihe von vielen (zehn bis hundert) 2D-Chromatogrammen, die in einem einzigen Detektionsdatensatz gesammelt werden. Dieser lange Datensatz kann dann in Abschnitte zerlegt werden, die den einzelnen 2D-Trennungen entsprechen, und dann neu formatiert werden, sodass ein zweidimensionales Datenfeld entsteht, das dann entweder als Konturkarte oder als 3D-Oberflächendarstellung visualisiert werden kann. Die Vor- und Nachteile des LC × LC-Ansatzes sind im Grunde genommen umgekehrt wie beim LC-LC-Ansatz. Der Hauptvorteil besteht darin, dass die Bandbreite der 2D-Trennung genauso groß ist wie die Bandbreite der 1D-Trennung. Der größte Nachteil besteht darin, dass die Zeit, die für jede einzelne der 2D-Trennungen zur Verfügung steht, stark eingeschränkt ist aufgrund der großen Zahl der Fraktionen des 1D-Eluats, die von der zweiten Dimension verarbeitet werden müssen.
Die beiden anderen in Abb. 1.2 dargestellten Modi sind Hybride der LC-LC- und LC × LC-Modi. Im Falle des mehrfachen Heartcut (B; mLC-LC) wird eine Fraktion des 1D-Eluats je Abschnitt der 1D-Trennung gesammelt, die für eine weitere Trennung vorgesehen ist. Dies entspricht dem Vorgehen bei der LC-LC, wird im Verlauf der 2D-Trennung aber zwei- oder mehrmals wiederholt. Schließlich werden bei selektiven umfassenden Trennungen (C; sLC × LC) mehrere Fraktionen des 1D-Eluats über eine bestimmte Zone der 1D-Trennung gesammelt, in Schleifen oder „Fallen“ gespeichert, und dann wie bei LC × LC-Trennungen einzeln in die 2D-Säule injiziert. Diese Hybridmodi sind in vielen Fällen deshalb interessant, weil sie die Stärken von LC-LC und LC × LC ausnutzen und gleichzeitig deren Schwächen mildern. Insbesondere bieten mLC-LC und sLC × LC dem Analytiker eine große Flexibilität bei der Entwicklung und Implementierung einer 2D-LC-Methode, da sie die Entkopplung des Sammelns von 1D-Eluatfraktionen von deren weiteren Trennung in der zweiten Dimension ermöglichen [11].
1.2.3 Hybride Modi bieten Flexibilität
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, wie die zusätzliche Flexibilität, die mLC-LC und sLC × LC sich bieten, genutzt werden kann, und ich möchte im Folgenden zwei Beispiele zeigen. Erstens ist sLC × LC hilfreich, um das sogenannte Untererfassungsproblem (Undersampling) bei 2D-Trennungen zu vermeiden. Undersampling bezieht sich auf den unerwünschten Effekt beim Sammeln von 1D-Eluatfraktionen, die breiter als etwa die Hälfte einer 1D-Peakbreite sind. In diesem Fall können Analyten, die nahe beieinander von der 1D-Säule eluieren, bei der Probenahme wieder vermischt werden, und die Trennleistung der ersten Dimension einer 2D-Trennung wird effektiv vermindert [12–14]. Dieses Problem tritt im LC × LC-Modus besonders dann auf, wenn die 1D-Peaks schmal sind (z. B. < 5 s breit). Zur Bewältigung dieser Herausforderung können mehrere schmale (< 1 s) Fraktionen über eine be stimmte Region gesammelt werden, die für die 1D-Trennung von Interesse ist. Zweitens kann der sLC × LC-Modus auch dazu verwendet werden, das Volumen des 1D- Eluats zu steuern, welches für jede interessierende Region der 1D-Trennung in die 2D-Säule injiziert wird. Ein konkretes Beispiel soll diesen Vorteil deutlicher machen. Angenommen, wir haben eine bestehende 1D-LC-Trennung und möchten einen bestimmten Peak auf eine 2D-Säule zur weiteren Trennung und/oder Charakterisierung durch Massenspektrometrie übertragen. Wenn der 1D-Peak 15 s breit ist, dann beträgt das Volumen des zu übertragenden Peaks 250 μl. Obwohl es sicherlich möglich ist, dieses Volumen in einer einzigen Fraktion zu übertragen, gibt es viele Fälle, in denen die Injektion eines solch großen Volumens in die 2D-Säule die Trennleistung der 2D-Trennung beeinträchtigt, insbesondere wenn ein Unterschied zwischen den mobilen Phasen der 1D- und der 2D-Trennung vorliegt [15]. Mit sLC × LC kann man nun vier Fraktionen anstelle einer einzigen des interessierenden 1D-Peaks sammeln, wobei jede der Fraktionen etwa 60 μl beträgt. Diese vier Fraktionen können dann einzeln in die 2D-Säule injiziert werden [16]. Dies wird zwar die Analysezeit erhöhen und erfordert eine komplexere Schnittstelle, aber diese Art von Flexibilität kann bei der Methodenentwicklung sehr wertvoll sein.
1.3 Wahl der Trennmodi
Nachdem man sich für den Modus der 2D-Trennung entschieden hat, besteht die nächste wichtige Entscheidung darin, welche zwei Trennmodi in der ersten und zweiten Dimension des 2D-Systems verwendet werden.
1.3.1 Komplementarität als Leitmotiv
In der Literatur über 2D-Trennungen wird viel über das Prinzip der „Orthogonalität“ diskutiert, in Bezug auf die Auswahl der Trennmodi, die in einer 2D-Trennung verwendet werden sollten. Der Grund für die Forderung nach Orthogonalität ist, dass es von einem rein theoretischen Standpunkt aus gesehen am besten ist, wenn die aus den 1D- und 2D-Trennungen erhaltenen Retentionsmuster nicht korrelieren [17]. Ich denke jedoch, dass es von größerer praktischer Relevanz ist, über die Komplementarität der beiden in der 2D-Trennung verwendeten Trennmodi nachzudenken. Inwieweit ergänzt der in der zweiten Dimension verwendete Trennmodus die bereits in der ersten Dimension verwendete Trennung? Ein konkretes Beispiel soll helfen, diesen Punkt zu verdeutlichen. Nehmen wir an, wir trennen eine Mischung von Peptiden, die sowohl in der Gesamtzahl der Aminosäurereste als auch in der Anzahl der Lysinreste variieren, sodass deren positive Ladung in Lösung ebenfalls variiert (bei niedrigem pH-Wert). Wenn wir ein 2D-LC-System aus RP-C18-Säulen und mobilen Phasen mit niedrigem pH-Wert in beiden Dimensionen vorsehen würden, wird dies keine effektive 2D-Trennung ergeben, da die zweite Trennung keine neue Trennselektivität hinzufügt. Nehmen wir nun an, wir ändern die 1D-Trennung in Kationenaustausch (CEX), wo die Peptide hauptsächlich nach ihrem Grad der positiven Ladung eluieren werden (niedrige Ladung eluiert zuerst, hohe Ladung eluiert zuletzt). Wenn wir nun eine 2D-Trennung mit einer RP C18-Säule hinzufügen, wird diese die 1D-Trennung gut ergänzen, da sie sich hauptsächlich nach der Wasserlöslichkeit der Peptide trennt (die am besten löslichen eluieren zuerst, die am wenigsten löslichen zuletzt). In diesem Fall können wir zwei Peptide haben, die die gleiche Ladung tragen – und somit in der CEX-Trennung koeluieren – aber aufgrund von Unterschieden in der Anzahl und/oder der Art der Aminosäuren sehr unterschiedliche Wasserlöslichkeiten (und somit unterschiedliche Hydrophobizität) haben, die sich durch die 2D-RP-Säule leicht trennen lassen.
In der Vergangenheit wurde viel Mühe darauf verwendet, herauszufinden, welche Trennmodi für verschiedene Probentypen und Anwendungen am besten geeignet sind. Heutige Anwender können diese Ergebnisse als Grundlage für ihre eigene Arbeit verwenden. Für einige Anwendungsbereiche gibt es gute Veröffentlichungen, die die Komplementarität verschiedener Trennungen für bestimmte Molekültypen wie z. B. Peptide veranschaulichen [18]. Ich empfehle den Lesern, auch 2D-LC-Datenbanken zu konsultieren, um die jeweils besten Trennungen für ihre Anwendung herauszufinden.1)
1.3.2 Die Pirok-Kompatibilitätstabelle
Leider müssen wir mehr als nur die Komplementarität der Selektivitäten der unterschiedlichen Trennmodi berücksichtigen,