Zeit ist eine kostbare Ressource. Noch schlimmer: Zeit ist eine Ressource, deren Angebotsmenge unveränderlich ist. Deshalb ist das Beste, was die Technik für uns tun kann, uns zu ermöglichen, in der begrenzten Menge an Zeit, die wir haben, mehr zu produzieren oder aufgrund besserer medizinischer Technik einige Jahre länger zu leben. Aber selbst wenn Sie länger leben, können Sie nicht an zwei Orten gleichzeitig sein. Falls dies möglich wäre, wäre die Zeit keine wirkliche Einschränkung, weil Sie dann in derselben Zeit die doppelte Arbeit leisten könnten. Aber weil Sie stets nur an einer Stelle sein können, sind Sie in jedem Moment gezwungen, die Sache zu wählen, mit der Sie Ihre Zeit in dem jeweiligen Moment bestmöglich verwenden.
Opportunitätskosten: Die unvermeidbare Einschränkung
Das wirtschaftliche Konzept der Opportunitätskosten ist eng mit dem Konzept der zeitlichen Beschränkungen verbunden. Sie können nur eine Sache gleichzeitig tun; dies bedeutet, dass es unvermeidlich ist, dass Sie immer eine Reihe anderer Dinge aufgeben.
Die Entscheidung, auf nur zwei Optionen zu reduzieren, erleichtert die Wahl: Sie sollten die Option A (anstelle der besten alternativen Option B) nur dann wählen, wenn der Nutzen, den Ihnen diese Option X bietet, die Opportunitätskosten übersteigt, die Ihnen entstehen, weil Sie nicht in den Genuss der besten alternativen Option kommen. Und Sie sollten die beste alternative Option B nur wählen, wenn die Opportunitätskosten auf einen Verzicht dieser Option den Nutzen übersteigen, den Sie durch den Konsum der Option A erlangen würden.
Meine Entscheidung, welche Nachspeise ich essen möchte, ist jetzt auf eine einfache Wahl zwischen zwei Möglichkeiten reduziert: Mag ich im Moment Eiscreme oder Schokoladenkekse lieber? Die Opportunitätskosten von Eis bestehen in einem Verzicht auf die Schokoladenkekse. Diesen Verzicht leiste ich nur, wenn mir das Eis besser schmeckt als die Kekse. Und ich entscheide mich für die Kekse nur, wenn die Opportunitätskosten des Verzichts auf die Kekse höher sind als der Nutzen, den ich von einem Verzehr der Eiscreme habe.
Die endgültige Entscheidung treffen
Auf ihren Kern reduziert besteht der dritte Schritt des wirtschaftlichen Entscheidungsmodells nur aus einer reinen Kosten-Nutzen-Analyse. Beim dritten Schritt wählen Sie einfach die Option, deren Nutzen die Kosten um den größten Betrag übersteigt.
Das Kosten-Nutzen-Modell der menschlichen Entscheidungsfindung ist insofern recht leistungsstark, als es viele Entscheidungen durchaus realitätsnah abbilden kann. Doch diese Version der Kosten-Nutzen-Analyse kann Ihnen nur sagen, ob eine gegebene Option gewählt würde. Anders ausgedrückt: Es eignet sich nur, um Alles-oder-nichts-Entscheidungen zu beschreiben – beispielsweise ob Sie Eis essen sollten oder nicht. Eine viel leistungsstärkere Version der Kosten-Nutzen-Analyse arbeitet mit dem Konzept des sogenannten Grenznutzens, um Ihnen nicht nur zu sagen, ob ich Eis essen werde, sondern auch, wie viel ich essen werde. Ein Problem dabei ist, dass man nicht nur angeben muss, ob man eine Handlungsalternative gegenüber einer anderen bevorzugt, sondern um wie viel Nutzeneinheiten genau; das nennt man das Problem der Kardinalisierung von Nutzen.
Um zu sehen, wie der Grenznutzen funktioniert, müssen Sie in Betracht ziehen, dass der Nutzen eines gegebenen Gutes normalerweise davon abhängt, wie viel dieses gegebenen Gutes eine Person bereits hat. Wenn Sie beispielsweise wirklich hungrig sind, bringt Ihnen das erste Stück Pizza, das Sie essen, einen großen Nutzen. Das zweite Stück schmeckt auch noch gut, aber nicht ganz so gut wie das erste, weil Sie nicht mehr drohen zu verhungern. Desgleichen bringt das dritte Stück weniger Nutzen als das zweite. Und wenn Sie sich zwingen, weiterzuessen, werden Sie wahrscheinlich feststellen, dass Ihnen nach dem 12. oder 13. Stück Pizza tatsächlich übel wird; das heißt, dass es Ihnen einen negativen Nutzen bringt.
Wenn ich nur vier Stück Pizza kaufe, habe ich 2 Euro übrig, die ich für Pommes verwenden kann. Und weil dies meine erste Portion Pommes ist, bringt sie mir wahrscheinlich einen großen Grenznutzen. Falls der Grenznutzen der ersten Portion Pommes tatsächlich größer als der Grenznutzen ist, den ich verliere, wenn ich auf das fünfte Stück Pizza verzichte, werde ich ganz bestimmt die Pommes wählen. Auf diese Weise werde ich die Mengen jedes Nahrungsmittels so lange verändern, bis ich die Kombination gefunden habe, die meinen Gesamtnutzen maximiert, den ich mit meinen 10 Euro erzielen kann.
Weil verschiedene Menschen unterschiedliche Präferenzen haben, unterscheiden sich normalerweise die Mengen der Güter, die den Gesamtnutzen der jeweiligen Person maximieren. Jemand, der keine Pommes mag, wird die gesamten 10 Euro für Pizza ausgeben. Eine Person, die keine Pizza mag, gibt ihr gesamtes Geld für Pommes aus. Und bei Menschen, die etwas von beidem haben möchten, hängen die optimalen Mengen jedes Einzelnen von seiner individuellen Einschätzung der beiden Güter und der Schnelligkeit ab, mit der der Grenznutzen dieser Güter für ihn abnimmt. In Kapitel 5 werden der abnehmende Grenznutzen und sein Einfluss auf das Absinken der Nachfragekurven ausführlicher behandelt.
Wenn wir den abnehmenden Grenznutzen in Betracht ziehen, sagt unser Modell uns nicht