Wybitul, Tim: Strafbarkeitsrisiken für Compliance-Verantwortliche, BB 2009, 2590, Dfv Mediengruppe, Frankfurt am Main (zit.: Wybitul)
Zimmer, Mark: Rolle der Mitarbeiter bei unternehmensinternen Ermittlungen, ZRFC 2011, 259, Erich Schmidt Verlag, Berlin (zit.: Zimmer)
Zöllner, Wolfgang/Noack, Ulrich: Kölner Kommentar zum Aktiengesetz Band 2 Teil 1: §§ 76-94 AktG, 3. Auflage, 2009, Carl Heymanns Verlag, Köln (zit.: Kölner Kommentar zum Aktiengesetz/Bearbeiter)
I. Was verbirgt sich hinter „Compliance“?
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„Compliance“ ist einer der am meisten gebrauchten Begriffe der gegenwärtigen Auseinandersetzung mit Unternehmensrisiken aller Art. Eine Google-Recherche erzielt rund 643 Mio. Treffer (Stand 3.10.2021). Große und kleine Beratungsunternehmen schreiben sich die „Compliance-Beratung“ auf die Fahnen und auch die Presse nimmt den Begriff in Bezug.
Dabei bedeutet „Compliance“ eigentlich nichts anderes als Regeltreue. Welche Regeln eingehalten werden sollen, definiert der Begriff allerdings nicht. Es kann sich demnach um (offizielle) Gesetze, Verordnungen und Richtlinien, aber auch um unternehmenseigene Regelwerke handeln.[1]
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Inhaltlich kann letztlich jeder Rechtsbereich (z.B. Arbeitsrecht, Gesellschaftsrecht, Kartellrecht, Strafrecht) eine Rolle spielen. Der Begriff der Compliance ist daher so etwas wie ein geflügeltes Wort unserer Zeit geworden, welches nicht selten zweckentfremdet und neuen Bedeutungen zugeführt wird. Im Kern geht es jedoch stets um Haftungsvermeidung.[2] Unternehmen sind angehalten, sich und ihre Mitarbeiter so zu organisieren, dass aus dem Unternehmen heraus keine Rechtsverstöße begangen werden. Geschäftsführung und Mitarbeiter müssen sich also „compliant“ verhalten. Tun sie dies nicht, besteht das Risiko persönlicher wie unternehmerischer Haftung. Dies zu vermeiden ist Aufgabe und Inhalt der allseits hervorgehobenen Compliance-Bemühungen der Unternehmen.
II. Compliance in der Unternehmenswirklichkeit
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Während noch vor einigen Jahren das Feld der Compliance vornehmlich bei den großen (überwiegend international tätigen) Unternehmen erkannt und ernst genommen wurde, hat es inzwischen auch bei kleinen und mittelständischen Firmen Beachtung gefunden. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass im Laufe der letzten Jahre gleich mehrere Gerichte entschieden haben, dass ein funktionierendes Compliance- Programm (also unternehmensinterne Prozesse, welche der Vermeidung von rechtswidrigem Verhalten dienen[3]) sich haftungsmildernd auswirken kann.[4] Zudem hat sich im Markt zwischenzeitlich ein gewisser Standard etabliert, der zwischen Geschäftspartnern vorausgesetzt wird und damit gleichzeitig Voraussetzung für die notwendige Wettbewerbsfähigkeit ist.[5]
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Dabei ist die Einhaltung von bestehenden (rechtlichen) Regeln aber nur ein Teil dessen, was die Praxis unter „Compliance“ versteht. Daneben treten regelmäßig Aspekte der Unternehmensführung und Unternehmenskultur.[6] Größere Unternehmen beschäftigen ganze Abteilungen mit der Beratung operativ tätiger Mitarbeiter und investieren viel Zeit und Geld, um ein gemeinsames, von Integrität geprägtes Mindset herbeizuführen sowie eine ausreichende Sensibilität (Awareness) der Unternehmensmitglieder zu erreichen. Zudem ist eine ethisch einwandfreie Unternehmenspolitik und deren Repräsentanz nach Außen ein erklärtes Ziel der für den Bereich Compliance verantwortlichen Mitarbeiter. Den bekanntesten Posten in diesem Metier bekleidet gemeinhin der Compliance-Officer.[7] Dieser findet sich in jedem größeren Unternehmen und war zunächst überwiegend der Rechtsabteilung zugeordnet. Inzwischen wird die Position häufig auch mit Nicht-Juristen besetzt und unabhängig von einer etwa vorhandenen Rechtsabteilung angelegt.
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Natürlich ist der Umstand, dass sich alle Beteiligten rechtskonformes Verhalten und eine einwandfreie Unternehmensethik zum Ziel setzen, das Idealbild des Gesetzgebers und etwaiger Kontrollinstanzen. Die Unternehmenswirklichkeit sieht jedoch teilweise anders aus. Mitunter wird die bestehende Rechtsprechung zur Haftung und Haftungsvermeidung zwar zur Kenntnis, jedoch nicht sonderlich ernst genommen. Viele – insbesondere kleinere – Unternehmen lassen es daher bewusst „drauf ankommen“ und bemühen sich nicht um die Etablierung von Compliance-Programmen oder entsprechendem Gedankengut. Wieder andere Unternehmen haben nach außen hin durchaus beachtliche Compliance-Standards etabliert, diese werden aber intern nicht als verbindlich angesehen oder bewusst ignoriert (Feigenblatt-Compliance). Ein solches Verhalten ist meist profitgetrieben und im Ergebnis kurzsichtig. Denn die Strafverfolgungs- und Aufsichtsbehörden lassen sich schon lange nicht mehr nur von der bloßen Existenz eines Compliance-Systems beeindrucken. Es wird vielmehr untersucht, ob ein solches von den Mitarbeitern und insbesondere auch der Führungsebene unterstützt und gelebt wird.[8]
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Im Folgenden werden die Rechtsbereiche besprochen, aus denen sich Verpflichtungen und Haftungsrisiken eines Unternehmens bzw. seiner Organe ergeben können. Diese Darstellung kann aufgrund der Fülle an Rechtsquellen, die einen Bezug zum Thema „Compliance“ aufweisen, nicht abschließend sein. Sie werden aber in jedem Falle die wichtigsten Gebiete und Vorschriften kennenlernen.
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