unter Mitarbeit von Katrin Schmiderer
Testen und Bewerten fremdsprachlicher Kompetenzen
mit Beiträgen von Martin M. Bauer, Kathrin Eberharter, Carmen Konzett-Firth, Benjamin Kremmel, Matthias Zehentner
A. Francke Verlag Tübingen
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E-Book-Produktion: pagina GmbH, Tübingen
ePub-ISBN 978-3-8233-0067-0
Einleitung
Das vorliegende Studienbuch ist an Lehramtsstudierende in Ausbildung sowie an ReferendarInnen, Schul- und UnterrichtspraktikantInnen in Deutschland und Österreich, der Schweiz und Südtirol gerichtet, die an einer Universität und einer Hochschule Fremdsprachen oder die klassischen Sprachen Latein oder Griechisch studieren. Entstanden ist das Studienbuch an der Universität Innsbruck. Hier werden am sog. Innsbrucker Modell der Fremdsprachendidaktik (IMoF) künftige FremdsprachenlehrerInnen seit dem Studienjahr 2001/2002 sprachenübergreifend und sprachspezifisch ausgebildet. IMoF widmet sich schulischer Mehrsprachigkeit und multilingualen Herangehensweisen in schulischen Kontexten und wird über Innsbruck und Österreich hinaus als Meilenstein einer sprachenintegrierenden fachdidaktischen Ausbildung gewürdigt (Krumm & Reich 2013; s. auch BMUKK & BMWF 2008, 48f.), die den Rahmen monolingualer Studiengänge hinter sich lässt und sprachenverbindende sowie mehrsprachigkeitsdidaktische Ansätze in den Fokus rückt.
Das Modell hat seine Anfänge im Jahr 2000, als ein neuer Studienplan für die Ausbildung künftiger FremdsprachenlehrerInnen an der Universität Innsbruck zu konzipieren war. Es stellte sich für den fremdsprachlichen Unterricht die Frage, ob es Theorien, Grundlagen und Prinzipien gibt, die jeweils nur auf eine Zielsprache zutreffen, oder ob nicht vielmehr Theorien, Grundlagen und Prinzipien der sprachdidaktischen Vermittlung allen Zielsprachen gemein sind. Auf Initiative von Barbara Hinger kamen FremdsprachendidaktikerInnen der Institute für Anglistik, Romanistik und Slawistik bei Diskussionen am Runden Tisch schließlich überein, dass Synergien nicht von der Hand zu weisen sind: Gemeinsame sprachenübergreifende Theorien und Grundlagen des Unterrichtens moderner Sprachen sind deutlich auszumachen, diese wären aber auch auf einzelsprachliche Inhalte zu spezifizieren, um den Unterricht in einer konkreten Zielsprache adäquat umsetzen zu können. Diese zweifache Perspektive, gebündelt in der Kombination von sprachenübergreifender und sprachspezifischer Fremdsprachendidaktik, sollte sowohl das Erarbeiten theoretischer Ansätze und empirischer Forschungsergebnisse als auch deren reflektierte Übertragung in den schulischen Alltag gewährleisten.
Dieselbe Herangehensweise wurde auf Anregung von Wolfgang Stadler auf den Bereich des Prüfens und Bewertens von Fremdsprachen übertragen und in das Curriculum integriert: Bis dahin war dieses Gebiet in der Ausbildung kaum vorgesehen, obwohl Lehrpersonen ihr gesamtes Berufsleben hindurch die sprachlichen Leistungen von SchülerInnen zu bewerten haben (vgl. Arras 2009, 169, die von der Beurteilung fremdsprachlicher Leistungen als dem „täglichen Brot“ aller Lehrkräfte spricht), Klassen-/Schularbeiten, Tests und mündliche Prüfungen erstellen, deren Ergebnisse auswerten und auf der Basis dieser sowie formativ bewerteter Leistungen zu einer summativen Gesamtbeurteilung für jede/jeden SchülerIn am Ende eines Lernjahres gelangen müssen. Die dafür nötigen Kompetenzen (assessment literacy) sollten in entsprechenden Lehrveranstaltungen erworben werden. Diese Argumente führten dazu, auch den Bereich des Testens und Bewertens fremdsprachlicher Kompetenzen in das Konzept der neuen Lehramtsausbildung aufzunehmen und eine sprachenübergreifende, theoriebasierte Lehrveranstaltung „Testen und Bewerten“ zu konzipieren, die von sprachspezifischen und schulbezogenen Begleitkursen flankiert wird.
2002 wurde die erste sprachenübergreifende „Einführung in die Didaktik des Fremdsprachenunterrichts“ im team teaching-Verfahren umgesetzt; für die sprachspezifischen Begleitkurse konnten schulische Lehrpersonen gewonnen werden, die ihre praktische Erfahrung einfließen ließen und sich durch die Kooperation mit Lehrenden an der Universität auch weiter professionalisieren konnten. Darüber hinaus wurde IMoF Motor für eine zuvor nur marginal existierende Forschung in der Fremdsprachendidaktik an der Universität Innsbruck1. Bereits 2002, im ersten Semester der Durchführung, wurde das Modell mit dem „Europasiegel für innovative Sprachenprojekte“ ausgezeichnet.
2015 wurde – im Zuge der Neukonzipierung der Curricula als Bachelorstudiengänge – die Präsenzzeit für die Lehrveranstaltung „Einführung in das Testen und Bewerten von Fremdsprachen“ erhöht. Diese Erweiterung basiert in nicht unwesentlichem Ausmaß auf dem Feedback von Studierenden, die die Bedeutung dieser Thematik für ihr späteres Berufsfeld erkannten und in Befragungen entsprechend hervorhoben. In der Dissertation von Hirzinger-Unterrainer (2013), die IMoF aus Sicht der Studierenden evaluierte, konnte für das Abschlussmodul „Testen und Bewerten“ Folgendes festgehalten werden:
Das ganze Abschlussmodul erachtet [eine Studierende] als sehr wichtig, sie habe sich „[…] nämlich nie die Frage gestellt, wie stelle ich einen Test zusammen“ … Die Lehrveranstaltung, aber vor allem das [begleitende] Korrekturpraktikum, habe sie zum Nachdenken über geeignetes Testen und Bewerten angeregt. Das Wissen aus diesem Modul erachte sie für ihren späteren Beruf als sehr bedeutend. (ebd., 293)
Dass adäquates Heranführen an Prinzipien des Testens und Bewertens fremdsprachlicher Leistungen grundsätzlich von Studierenden geschätzt wird und sie diesem Bereich in ihrer Ausbildung großen Wert beimessen, zeigt folgendes Zitat:
[Studierende geben] den Wunsch an, durch dieses Modul gegen Ende des Studiums Sicherheit in der Notengebung zu erlangen. […] Da die Studierenden eine große Unsicherheit im Bereich Testen und Bewerten spüren, sind sie für die vermittelten Hilfestellungen dankbar. (ebd., 356)
In den Augen der beteiligten FremdsprachendidaktikerInnen hat die Beschäftigung mit dem Testen und Bewerten fremdsprachlicher Kompetenzen auch ihre eigene Professionalisierung vorangetrieben und das Teambewusstsein gestärkt: So absolvierten die Verantwortlichen der sprachspezifischen Begleitworkshops gemeinsam eine Fortbildung im kommunikativen Sprachentesten an der Lancaster University in England. Damit entstand neben einer positiven Gruppendynamik im Erwerb und der Erweiterung ihrer Expertise auch eine Vertiefung ihrer Sprachbewertungskompetenz (language assessment literacy), die mittlerweile international in unterschiedlichsten Kontexten gefordert wird (vgl. u.a. Harsch 2015, Harding & Kremmel 2016). Einige Teammitglieder sowie junge IMoF-AbsolventInnen erwarben einen ebenfalls von der Lancaster University angebotenen Online-Master in Language Testing, andere haben an Ausbildungen in Item Writer Training-Seminaren teilgenommen und sind ExpertInnen für die Erstellung kriterienorientierter Aufgabenformate im Rahmen der mittlerweile flächendeckend an österreichischen Schulen der Sekundarstufe II eingeführten und gesetzlich verankerten standardisierten, teilzentralen und kompetenzorientierten Reife- und Diplomprüfung (SRDP) in den Fremdsprachenfächern geworden. Carol Spöttl, die zu Beginn die einzige Expertin im Sprachentesten an der Universität Innsbruck war, etablierte eine Language Testing Research Group Innsbruck (LTRGI2), im Rahmen derer Forschungsprojekte lukriert, junge AbsolventInnen in der Sprachtestforschung verankert und nationale wie internationale Vernetzungen geschaffen werden konnten: Erwähnt sei an dieser Stelle die Organisation der 9. Tagung von EALTA-European Association of Language Testing and Assessment 2012 und die Umsetzung der 4. Summer School von EALTA 2016.
Das vorliegende Buch spiegelt zu einem großen Teil Inhalte des IMoF-Moduls „Testen und Bewerten“ wider, geht aber in einigen Kapiteln darüber hinaus. Ausbildungsinhalte beziehen sich auf unterschiedliche Funktionen sprachlicher Leistungsbeurteilung und ihre gesetzlichen Vorgaben im schulischen Kontext, auf die für das Überprüfen von