DiagnoseDiagnose und Förderung. Die DiagnoseDiagnose soll Lehrkräften, Lernenden und eventuell auch Eltern Informationen liefern, die dann in die weiteren unterrichtlichen Entscheidungen und Handlungen (z.B. Förderung spezifischer Schülerinnen und Schüler, Fokussierung spezifischer Kompetenzbereiche) einfließen. Die diagnostische Zielsetzung sollte möglichst für die Beteiligten transparent sein. Eine DiagnoseDiagnose kann vor Beginn einer geplanten Unterrichtssequenz (LernausgangsdiagnoseDiagnose), während des unterrichtlichen Lernprozesses (LernprozessdiagnoseDiagnose) oder am Ende einer Unterrichtssequenz (LernergebnisdiagnoseDiagnose) durchgeführt werden. Sie kann sich auf individuelle Schülerinnen und Schüler oder auch ganze LerngruppenLerngruppe beziehen und auf der Basis einer gruppenbezogenen oder kriterialen Bezugsnorm erfolgen.
Feedback (Rückmeldungen). Feedback ist dazu gedacht, den Lernenden oder auch den Eltern relevante Hinweise zu den erreichten Kompetenzen, Fortschritten, Defiziten und zur weiteren Entwicklung von Kompetenzen zu geben. Für Lehrkräfte können die Ergebnisse von Prüfungen Anlass sein, ihren Unterricht zu überdenken und gegebenenfalls neu auszurichten. Rückmeldungen können geplant z.B. in Form von systematischen lehrerseitigen Korrekturen von Schreibaufgaben oder auch ungeplant z.B. in Form einer spontanen Reaktion der Lehrkraft auf einen Tafelanschrieb einer Schülerin oder eines Schülers erfolgen (zu Formen des Feedbacks siehe Kapitel 9.2). Darüber hinaus können sich Rückmeldungen auch auf die Leistungen größerer Einheiten wie Schulklassen, Schulen oder Bundesländer beziehen.
Motivierung. Unterrichtliche Prüfungen sollen häufig dazu dienen, Lernende zu erhöhter Anstrengung anzuspornen und sie so z.B. zu veranlassen, bestimmte Kenntnisse zu festigen oder bestimmte Inhalte zu wiederholen. Auch das erfolgreiche Ablegen einer externen Zertifikatsprüfung kann sich positiv auf das Selbstwertgefühl der Schülerinnen und Schüler auswirken und zu weiteren Anstrengungen im Unterricht motivieren.
Entwicklung diagnostischer und reflexiver KompetenzenKompetenzdiagnostisch. Schülerinnen und Schüler können diagnostische und reflexive KompetenzenKompetenzdiagnostisch nur entwickeln, wenn eine informative Rückmeldung zu den Schreibleistungen gegeben wird, die auf transparenten, den Lernenden klar verständlichen Kriterien beruht (zur kriterialen Bewertung und Rückmeldung siehe Kapitel 6, 8 und 9). Die Rückmeldung kann darüber hinaus – auch im Rahmen von Selbst- und Peer-EvaluationenEvaluationSelbstevaluationEvaluationPeer-Evaluation – die Lernenden dazu anregen, sich mit den eigenen Produktionen noch einmal auseinander zu setzen. Diagnostische und reflexive KompetenzenKompetenzdiagnostisch gelten als wichtige Voraussetzung für Lernerautonomie.
Vergabe von NotenBenotung. Die Bewertung von Schreibkompetenzen erfolgt üblicherweise an Hand von Ziffernnoten, denen Punktzahlen zu Grunde liegen und die zum Teil mit zusätzlichen verbalen Beurteilungen verbunden werden. Ohne zusätzliche verbale Beurteilungen bieten ZiffernnotenBenotung im Hinblick auf eine DiagnoseDiagnose und Weiterentwicklung spezifischer Kompetenzen keine inhaltlich relevanten Informationen.
Betrachtet man fremdsprachliche Tests und Prüfungen aus einer bildungspolitischen Perspektive, dann zielt deren Einsatz im Schulkontext stets auch auf Rechenschaftslegung und Qualitätsentwicklung. In diesem Zusammenhang wird häufig im Hinblick auf den Einsatz von Tests und Prüfungen auch der Begriff LernstandserhebungLernstandserhebung verwendet. So werden etwa Vergleichsarbeiten wie VERA-8Vergleichsarbeiten auch als eine Form der LernstandserhebungLernstandserhebung angesehen (vgl. Kniffka, 2016 sowie auch Groß Ophoff, 2013).1LernstandserhebungDiagnoseLerngruppe Im Rahmen dieses Monitoring-Paradigmas lassen sich folgende spezielle Funktionen und Ziele formulieren, die sich wiederum überschneiden können:
Evaluation von erreichten Kompetenzen. Es sollen mit Hilfe standardisierter Tests Erkenntnisse darüber gewonnen werden, welches NiveauNiveaustufe Lernende oder auch größere Bildungseinheiten zu einem bestimmten Zeitpunkt in einem bestimmten Kompetenzbereich tatsächlich erreicht haben. Ein Beispiel hierfür ist die DESI-Studie (Deutsch Englisch Schülerleistungen International) aus dem Jahre 2003/2004 zur Entwicklung von sprachlichen Fähigkeiten. Hierbei wurden insb. rezeptiveKompetenzrezeptiv und produktive KompetenzenKompetenzproduktiv untersucht – unter Einschluss von Schreibkompetenzen (vgl. DESI-Konsortium, 2008).
Evaluation des Erreichens von bildungspolitischen Zielen. Es sollen mit Hilfe standardisierter Tests Erkenntnisse darüber gewonnen werden, inwieweit spezifische bildungspolitische Ziele erreicht wurden, wie etwa die BildungsstandardsBildungsstandards für die erste Fremdsprache (Englisch/Französisch) für den Mittleren Schulabschluss. Entsprechende Untersuchungen fanden in den Jahren 2008 (Französisch), 2009 (Englisch) sowie 2015 (Englisch und Französisch) für HörverstehenHörverstehen und LeseverstehenLeseverstehen statt. Für die Überprüfung von Schreibkompetenzen wurden zwar 2007 und 2008 TestaufgabenAufgabenTestaufgaben entwickelt und pilotiert (vgl. die Hinweise in Kapitel 2.5), allerdings u.a. aus Gründen des hohen Bewertungsaufwandes nicht flächendeckend für die Überprüfung der BildungsstandardsBildungsstandards eingesetzt. Ergebnisse aus Überprüfungen bildungspolitischer Ziele können für die Weiterentwicklung von CurriculaCurricula (Formulierung realistischer Lernziele) genutzt werden.
Vergleich größerer Bildungseinheiten. Es können z.B. Klassen, Schulen, Regionen oder auch ganze Länder an Hand standardisierter Tests verglichen werden. Beispiele hierfür sind die Ländervergleiche/BildungstrendsLändervergleich/Bildungstrend sprachlicher Kompetenzen in der ersten Fremdsprache in den Jahren 2008/2009 und 2015 im Rahmen der Überprüfung der BildungsstandardsBildungsstandards (vgl. Köller, Knigge & Tesch, 2010; Stanat, Böhme, Schipolowski & Haag, 2016 sowie auch Kapitel 2.3). Ein anderes Beispiel, allerdings nicht aus dem fremdsprachlichen Bereich, ist die PISA-Studie.
Positive Beeinflussung des Unterrichts. Fremdsprachenunterricht soll die Schülerinnen und Schüler dazu befähigen, sprachliche Handlungen in für sie (potenziell) relevanten lebensweltlichen Situationen auszuführen. Häufig wird in diesem Zusammenhang auch von KompetenzKompetenz- und HandlungsorientierungHandlungsorientierung gesprochen (vgl. Europarat, 2001; KMK, 2004 sowie auch Kapitel 2 und 5). Der Einsatz lebensweltlich relevanter PrüfungsaufgabenAufgabenPrüfungsaufgaben zum Schreiben kann dazu beitragen, dass die Prinzipien der Kompetenz- und HandlungsorientierungHandlungsorientierung im Unterricht tatsächlich umgesetzt werden. Erreicht man die intendierte positive Veränderung des Unterrichts durch die Prüfungsaufgaben, dann spricht man von einem positiven Washback-Effekt (vgl. Kapitel 4.2.4.1).
Hinweise zum Weiterlesen
Bachman & Palmer (2010) sehen die primäre Funktion des Einsatzes von Evaluationsinstrumenten in der datengestützten Begründung von kontextspezifischen Entscheidungen (vgl. auch Purpura, 2016). Moss (2016) zeigt, dass intendierte Funktion und faktischer Einsatz in der Praxis häufig auseinanderfallen.
Ein weiter Begriff von DiagnoseDiagnose liegt z.B. Handbüchern zur Pädagogischen DiagnostikDiagnose (vgl. z.B. Ingenkamp & Lissmann, 2008, S. 13f.) und Psychologischen DiagnostikDiagnose (vgl. z.B. Petermann & Eid, 2006) zugrunde. Folgt man dieser Verwendungsweise, ist auch der Begriff der DiagnoseaufgabeDiagnose prinzipiell weiter als der Begriff der TestaufgabeAufgabenTestaufgaben.
Eine unterrichtliche DiagnoseDiagnose spezifischer Stärken und Schwächen kann mit oder ohne den Einsatz formeller Messinstrumente wie z.B. Tests erfolgen (z.B. anhand von Beobachtungen) oder auch mit Hilfe von Dokumentationsverfahren wie Portfolios. Auch formelle SprachtestsEvaluationformell können mit dem Ziel einer spezifischen DiagnoseDiagnose