Selbstverständlich ist die genomische Instabilität kein Einzelfall. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen: von der Entdeckung der Zellen – die erstmals bei Pflanzen gelang – bis zur RNA-Interferenz, für die Andrew Fire und Craig C. Mello 2006 den Nobelpreis erhielten. Sie haben im Wesentlichen an einem Wurm (Caenorhabditis elegans) die RNA-Interferenz wiederentdeckt, die Richard Jorgensen bereits zwanzig Jahre zuvor für die Petunie nachgewiesen hatte. Fazit: Studien über Petunien nimmt kein Mensch zur Kenntnis, aber analoge Forschungen an einem gemeinen Wurm (immerhin ein Tier) sind den Nobelpreis für Physiologie und Medizin wert.
Wir könnten hier noch etliche Beispiele anführen, das Ergebnis bleibt dasselbe: Die Pflanzenwelt steht hintan, auch in der Wissenschaft. Gleichwohl werden Pflanzen in der Forschung häufig verwendet, da sie den Tieren in ihrer Physiologie ähneln, und natürlich, weil Pflanzenversuche weniger ethische Fragen aufwerfen. Doch was macht uns überhaupt so sicher, dass die ethischen Probleme bei Pflanzen geringer sind? Vielleicht gelingt es uns ja, mit diesem Buch zumindest gewisse Zweifel an dieser Vorstellung zu wecken.
Zweifellos wird der Mensch die Pflanzenwelt eines Tages genauso achten wie die Tierwelt, und Wissenschaftler werden endlich, was auch wesentlich sinnvoller ist, an Pflanzen forschen, weil sie sich von Tieren unterscheiden, und nicht, weil sie diesen ähneln. Der Forschung eröffnen sich damit völlig neue Horizonte. Allerdings muss man sich wohl fragen: Welcher brillante Forscher wird sich den Pflanzen widmen, wenn ihm die wissenschaftliche Anerkennung dann grösstenteils versagt bleibt?
Unsere Geringschätzung der Pflanzenwelt ist, wie wir gesehen haben, in unserer Kultur tief verwurzelt. Ob im Alltag oder in der Wissenschaft: Die allgemeine Wertehierarchie verbannt die Pflanzen auf die unterste Stufe der Lebewesen. Ein ganzes Reich, das Pflanzenreich, wird völlig unterschätzt, obwohl unser Überleben und unsere Zukunft auf der Erde genau davon abhängen.
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