Aber nun durften auch sie das Nutzrecht des Hofs vererben. Damit entwickelten die Bauern in Tirol früh ein Standesbewusstsein. Das Revolutionsjahr 1848 beseitigte schließlich die letzten Bindungen an die Grundherren – nicht ohne dass diese für die sogenannte Grundentlastung noch einmal kassierten.
Wer danach fragt, warum die steilsten und höchstgelegenen Bauernhöfe auch danach noch bewohnt und bewirtschaftet wurden, bekommt von der Fachliteratur oder in Dietenheim viele Antworten. Weil dort oben nie so viel übrig blieb, um herunten ein besseres Stück Land zu kaufen; weil es lange keine Industrie mit ihrem großen Bedarf an Arbeitskräften gab, und als diese kam, waren es zunächst italienische Staatskonzerne und die Zeit des Faschismus, die deutschsprachige Südtiroler ausgrenzte; weil Südtirolerinnen und Südtiroler eine besonders starke Bindung zu ihrer Heimat, ihrer „Scholle“, haben – als gäbe es dafür ein besonderes Gen. Die Landflucht, die andere alpine Landschaften prägt, blieb hier jedenfalls aus.
Wer bis vor rund 50 Jahren nicht von „dort oben“ geflüchtet ist, hat heute noch weniger Grund dazu. Inzwischen ist kaum ein Berghof ohne eine asphaltierte Zufahrt, der Schülertransport funktioniert bis weit hinauf, Funkbrücken führen in ein schnelles Internet, der Tourismus bringt so manchen Extra-Euro. Es gibt Höhenzulagen (acht von zehn Höfen liegen über 1000 Meter), Erschwerniszulagen (jeder fünfte Hof hat eine Hangneigung von über 50 Prozent), und auch sonst fließen die Subventionen für Bergbauern reichlich – wie die vielen neuen Ställe, Scheunen, Maschinen und schmucken Wohnhäuser zeigen.
Und herunten im Tal ist auch nicht alles Gold, was man von oben glänzen sieht.
Schloss Tirol. Die um 1100 entstandene Burganlage zerfiel, nachdem die Habsburger 1420 den Regierungssitz der Grafschaft Tirol nach Innsbruck verlegt hatten. Erst als die Stadt Meran im späten 19. Jahrhundert die Burg dem Kaiser in Wien schenkte, gab dieser eine gründliche Renovierung in Auftrag. Der markante Turm ist eine freie Rekonstruktion aus dem Jahr 1902. Im Turm zeigt eine chronologische Ausstellung die Geschichte Südtirols im 20. Jahrhundert. In anderen Teilen der Burganlage gibt es jährlich wechselnde Sonderausstellungen. www.schlosstirol.it
Meran. Mit 390 m ist die Laubengasse in Meran um genau 100 m länger als jene von Bozen. Als Landesfürst Meinhard II. sie um 1280 anlegen ließ, um Meran gegen Westen zu erweitern, setzte er damit ein Zeichen gegen das von seinen Trienter Gegnern kontrollierte Bozen. In den Gewölben der beiden Häuserzeilen in Meran hatten Handwerker jahrhundertelang ihre Werkstätten. Heute dominieren das Chrom und das Glas schicker Läden.