Handbuch Medizinrecht. Thomas Vollmöller. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Thomas Vollmöller
Издательство: Bookwire
Серия: C.F. Müller Medizinrecht
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783811492691
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bzw. Versicherten liegende wirtschaftliche Arzneimittelverordnung verfolgt wird. Vereinbarungen dieser Art müssen aber nicht nur an der ärztlichen Berufsordnung, sondern ebenso an § 11 des Apothekengesetzes (ApoG) gemessen werden, der auch ärztliches Verhalten regelt. Diese Vorschrift verbietet es unter anderem, dass Apotheker mit Ärzten Rechtsgeschäfte vornehmen oder Absprachen treffen, die ein Zuführen von Patienten oder ein Zuweisen von Verschreibungen zum Gegenstand haben. Die Vorschrift lässt aber durchaus Raum für Kooperationen, wenn die Rezepte nicht unmittelbar der Apotheke zugeleitet werden und der Patient die Freiheit behält, das Rezept am Ort seiner Wahl einzulösen. Ausdrücklich eröffnet § 11 Abs. 1 S. 2 ApoG durch Verweis auf § 140a SGB V die Möglichkeit von Zuweisungen im Rahmen und zur Durchführung von Integrationsverträgen. Auf deren Grundlage – nicht „zur Entwicklung“ von Strukturen für einen solchen Vertrag – sind auch Bonuszahlungen zulässig, soweit diese Anreiz z.B. zur Verbesserung der Patientenversorgung durch engere Zusammenarbeit oder zu einem sozialrechtlich erwünschten Erzielen von Einsparungen bieten. Selbst im Rahmen von Integrationsverträgen ist es aber nicht zulässig, dass der Patient vom Arzt Freiumschläge oder Gutscheine einer Apotheke erhält. Durch deren Abgabe würde der Arzt quasi Teil des Vertriebssystems der Apotheke, wodurch er eine gewerbliche Vermittlungsdienstleistung erbringen würde, die ihm durch § 3 Abs. 2 MBO in Zusammenhang mit dem Ausüben seiner ärztlichen Tätigkeit verboten ist, oder eine ihm berufsrechtlich ebenso untersagte Werbung für Dritte betreiben würde. Die Rechtsprechung hat die darin liegende Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit wiederholt mit dem Argument gerechtfertigt, dass der Patient darauf vertrauen können muss, dass sich der Arzt nicht von kommerziellen Interessen, sondern ausschließlich von der medizinischen Notwendigkeit leiten lässt. Daher würde auch die Entgegennahme einer Vergütung für das Aufstellen eines Terminals in der Arztpraxis, über das Patienten selbstständig Medikamente in Apotheken bestellen können, als gewerbliche Vermittlungsdienstleistung in Zusammenhang mit dem Ausüben ärztlicher Tätigkeit gegen § 3 Abs. 2 MBO verstoßen. Auch ein unentgeltliches Bereithalten von Werbe- oder Informationsmaterial, z.B. für eine einzelne Apotheke, würde eine dem Arzt verbotene Werbung für Dritte bedeuten. Ein Verstoß gegen § 34 Abs. 5 MBO ist demgegenüber nicht gegeben, wenn über ein Terminal nicht nur einzelne Apotheken erreichbar sind und das System darauf angelegt ist, den Zugang zu einer unbegrenzt hohen Zahl von Apotheken zu ermöglichen.

      § 34 Abs. 5 MBO: „Ärztinnen und Ärzten ist nicht gestattet, Patientinnen und Patienten ohne hinreichenden Grund an bestimmte Apotheken, Geschäfte oder Anbieter von gesundheitlichen Leistungen zu verweisen.“

      § 3 Abs. 2 MBO: „Ärztinnen und Ärzten ist untersagt, im Zusammenhang mit der Ausübung ihrer ärztlichen Tätigkeit Waren und andere Gegenstände abzugeben oder unter ihrer Mitwirkung abgeben zu lassen sowie gewerbliche Dienstleistungen zu erbringen oder erbringen zu lassen, soweit nicht die Abgabe des Produkts oder die Dienstleistung wegen ihrer Besonderheiten notwendiger Bestandteil der ärztlichen Therapie sind.“

      4. Können auf der Grundlage von Integrationsverträgen nach den §§ 140a ff. SGB V Einweisungen in bestimmte, an der Integrationsversorgung teilnehmende Krankenhäuser finanziell honoriert werden?

      Auf der Grundlage von Integrationsverträgen, die Krankenkassen z.B. im Bereich der Endoprothetik meist mit entsprechend spezialisierten Krankenhäusern schließen, treten letztere an niedergelassene Ärzte heran und bieten ihnen beispielsweise an, gegen eine Vergütung von 100,00 EUR präoperativ Diagnose- bzw. postoperativ Qualitätskontrollbögen auszufüllen. Auch im Rahmen von Integrationsverträgen kann eine derartige Regelung und deren Durchführung gegen das Verbot der Zuweisung gegen Entgelt in § 31 MBO verstoßen. Das Ausfüllen von Fragebögen gegen Entgelt stellt ein Leistungsaustauschverhältnis zwischen Krankenhaus und Arzt dar, bei dem der Arzt eine Leistung gegenüber dem Krankenhaus erbringt, die ihm vom Krankenhaus vergütet wird. Nach dem ärztlichen Berufsrecht sind Leistungsaustauschbeziehungen zwischen Ärzten und Dritten in Zusammenhang mit dem Ausüben der Heilkunde grundsätzlich zulässig; § 33 Abs. 1 S. 1 MBO erlaubt, dass Ärzte Dienstleistungen gegenüber Herstellern von Arzneimitteln und sonstigen Produkten im Bereich des Gesundheitswesens erbringen und dafür eine Vergütung erhalten. Voraussetzung ist nach Satz 2 dieser Vorschrift allerdings, dass die Vergütung ein Äquivalent für die erbrachten Leistungen darstellt. Dementsprechend kommt es für die Frage, ob sich die Zahlung mangels Äquivalenz als nach § 31 MBO unzulässiges Zuweisungsentgelt darstellt, zum einen darauf an, ob die Höhe der Pauschalvergütung mit Blick auf den Aufwand des Arztes beim Ausfüllen der Fragebögen angemessen ist, d.h. ob sie mit der Vergütung des Arztes für ähnliche Leistungen vergleichbar ist. Zum anderen darf es sich nicht um eine Dienstleistung handeln, die als solche für das Krankenhaus nicht weiter verwertbar ist und deren wirtschaftlicher Wert für das Krankenhaus sich nur mit der geförderten oder sichergestellten Einweisung begründen lässt. Auch im Rahmen der Integrationsversorgung muss nämlich das Recht des Patienten auf freie Arztwahl respektiert werden. Insoweit hängt die Beurteilung entscheidend von der Gestaltung des Fragebogens, d.h. von den mit ihm abgefragten Informationen und deren Verwertung ab. Im Übrigen muss die vom Arzt erbrachte Leistung über das Erfüllen ihm ohnehin obliegender Dokumentationspflichten hinausgehen, und sie darf nicht gleichzeitig in anderer Form, z.B. durch die gesetzliche Krankenversicherung, vergütet werden. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist der Anreiz hinzunehmen, der von der Leistungsaustauschbeziehung in Bezug auf die Einweisung von Patienten in dieses Krankenhaus ausgehen mag. Eine Vergütung der Leistungen des Arztes ist berufsrechtlich nicht zu beanstanden. Nicht hinzunehmen wäre es demgegenüber, wenn auf der Grundlage eines Vertrages über integrierte Versorgung beispielsweise prä- oder postoperative Behandlungsleistungen überhöht vergütet würden, um dadurch zulasten von Leistungserbringern, die an derartigen Integrationsverträgen nicht beteiligt sind, eine Zuweisung im Rahmen des Integrationsvertrages sicherzustellen.

      5. Begegnet es berufsrechtlichen Bedenken, wenn Industrieunternehmen (z.B. Arzneimittelhersteller) zur Förderung des Absatzes ihrer Produkte Verträge mit „arztnahen“ Dienstleistungsunternehmen schließen?

      Die ambulante medizinische Versorgung der Bevölkerung entwickelt sich von der klassischen Einzelpraxis hin zu größeren Einheiten wie Berufsausübungsgemeinschaften, Medizinischen Versorgungszentren, Netzwerken und Verbünden. Parallel dazu entstehen Dienstleistungsgesellschaften, die Netzstrukturen organisieren, Integrationsverträge managen oder andere Dienstleistungen erbringen. Da der Arzt den Absatz von Produkten gemäß § 34 Abs. 1 MBO nicht fördern darf, richtet sich das Interesse von Herstellerfirmen auf arztnahe Dienstleistungsgesellschaften. Ein Arzneimittelhersteller schließt beispielsweise einen Kooperationsvertrag mit einem Dienstleistungsunternehmen, nach dem dieses den Absatz von Produkten des Arzneimittelherstellers gegenüber Ärzten bewirbt und fördert und dafür an dem Zuwachs der Umsätze des Arzneimittelherstellers beteiligt wird. Gleichzeitig führt das Dienstleistungsunternehmen für Ärzte Verhandlungen mit gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen und erbringt Ärzten gegenüber Dienstleistungen jeglicher Art. Die berufsrechtliche Beurteilung einer derartigen Zusammenarbeit hängt davon ab, welches Verhältnis zwischen dem Dienstleistungsunternehmen und den Ärzten besteht. Sofern das Dienstleistungsunternehmen von den Ärzten, denen gegenüber es seine Leistungen erbringt, unabhängig ist, d.h. diese Ärzte weder Gesellschafter des Dienstleistungsunternehmens sind noch in sonstiger Weise auf die Geschäfte des Unternehmens Einfluss nehmen können und an den Ergebnissen des Unternehmens beteiligt sind, ist die Verpflichtung des Unternehmens, den Absatz von Arzneimitteln zu steigern, rechtlich nicht problematisch. Es muss allerdings mit Blick auf § 34 Abs. 1 MBO sichergestellt sein, dass die Dienstleistungsverträge mit den Ärzten keine Regelungen enthalten, die auf eine Förderung des Arzneimittelabsatzes abzielen. Anders ist es zu beurteilen, wenn die Ärzte Mitgesellschafter des Unternehmens sind oder in sonstiger Weise auf die Geschäfte des Unternehmens Einfluss nehmen können und an dessen Ergebnissen beteiligt sind. In diesem Fall liegt ein Verstoß gegen § 34 Abs. 1 MBO vor, der es Ärzten nicht nur verbietet, selbst eine Vergütung für Verordnungen anzunehmen, sondern es genauso verbietet, Zuwendungen gegenüber Dritten zu fordern oder sich versprechen zu lassen. Der Arzt würde dann nämlich mittelbar durch die Zuwendungen an „sein“ Unternehmen profitieren. Gegen § 34 Abs. 1 MBO wird auch verstoßen, wenn zwischen Herstellerunternehmen und arztnahen