Allerdings fehlt es für diese Ansicht an einem normativen Anhaltspunkt im Grundgesetz. Das BVerfG (E 68, 1 [82 f.]) geht in Übereinstimmung mit der Praxis von einer (ggf. stillschweigenden) Delegation der Kompetenz durch den Bundespräsidenten aus. Nach einer teilweise vertretenen Ansicht wird die auswärtige Gewalt dagegen von der Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers gem. Art. 65 S. 1 GG umfasst. Gegen diese Herleitung wird angeführt, dass Art. 65 S. 1 GG selbst keine Kompetenzen begründen könne, sondern nur regierungsintern bereits vorhandene Kompetenzen verteile.
In jüngerer Zeit wird über die Notwendigkeit einer extensiveren Auslegung der Mitwirkungsrechte der gesetzgebenden Körperschaften bei der Wahrnehmung der auswärtigen Gewalt diskutiert. Aufgrund der Ausweitung der außenpolitischen Verflechtungen kollidiert die prinzipielle Zuordnung der auswärtigen Gewalt an die Exekutive nämlich in zunehmendem Maße mit den Anforderungen des Demokratieprinzips. Danach müssen die zentralen Entscheidungen von dem demokratisch am stärksten, nämlich direkt durch den Wahlakt legitimierten Hoheitsträger getroffen werden. Dennoch wird man aus dem Demokratieprinzip keinen generellen Gesetzesvorbehalt zugunsten der Legislative bei außenpolitischen Entscheidungen herleiten können. Um die außenpolitische Handlungsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland nicht zu gefährden, darf der Parlamentsvorbehalt nicht überdehnt werden. Die Exekutive ist angesichts der oben genannten Gründe zur Wahrnehmung der auswärtigen Gewalt in praktischer Hinsicht besser geeignet als die Legislative. Insofern wird man ihr einen ausreichenden Spielraum für diplomatische Verhandlungen belassen müssen. Zudem ist auch die Exekutive demokratisch legitimiert. Das BVerfG hat daher in der Vergangenheit die Auffassung vertreten, dass nicht alle weitreichenden politischen Entscheidungen einem parlamentarischen Zustimmungserfordernis unterliegen müssen (E 68, 1 [89]).
3. Mitwirkungsbefugnisse der Legislative
Die Mitwirkungsbefugnisse der Legislative bei der Wahrnehmung der auswärtigen Gewalt werden vom Grundgesetz enumerativ aufgezählt. Eine Beteiligung von Bundestag und Bundesrat sehen insbesondere die Art. 23, 24 Abs. 1, 59 Abs. 2 S. 1 GG vor. Über diese Kompetenzen hinaus besteht für die Legislative nach h.M. keine Berechtigung zur Teilhabe an der auswärtigen Gewalt.
Als Grundregel bestimmt Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG, dass Verträge, die die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, der Zustimmung der für die Gesetzgebung zuständigen Körperschaften (Bundestag unter Mitwirkung des Bundesrates) in Form eines Bundesgesetzes (sog. Vertragsgesetz) bedürfen. Die Legislative hat aber nur die Möglichkeit, den völkerrechtlichen Vertrag insgesamt anzunehmen oder abzulehnen; sie besitzt hingegen keine inhaltlichen Gestaltungsmöglichkeiten. Unter dem Begriff des „politischen Vertrages“ sind „hochpolitische“ Verträge zu verstehen, die die Existenz des Staates, seine territoriale Integrität oder seine Unabhängigkeit bzw. maßgebliche Stellung in der Staatengemeinschaft zum Inhalt haben. Der Begriff der „Gegenstände der Bundesgesetzgebung“ wird von der ganz h.M. nicht etwa als Verweis auf die Abgrenzung zwischen Bundes- und Länderkompetenz verstanden, sondern erfasst solche Fälle, in denen die Erfüllung der völkerrechtlichen Verpflichtung allein durch den Erlass eines Gesetzes (auf der Bundesebene) möglich ist. Sollte dagegen ein Bundesgesetz gem. Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG nicht erforderlich sein, ist die Exekutive gem. Art. 59 Abs. 2 S. 2 GG grundsätzlich allein zum Abschluss des Vertrages befugt. Allerdings verlangt Art. 59 Abs. 2 S. 2 GG in einigen Fällen (z. B. i. V. m. Art. 84 f. GG) die Zustimmung des Bundesrates. Art. 23 Abs. 1 S. 2 GG und Art. 24 Abs. 1 GG enthalten schließlich Sonderregelungen für die Übertragung von Hoheitsrechten auf die Europäische Union bzw. auf „zwischenstaatliche Einrichtungen“, womit vorrangig → Internationale Organisationen gemeint sind. Art. 23 GG sieht zudem bestimmte Beteiligungserfordernisse für den Bundestag und den Bundesrat bei weiteren Integrationsschritten im Rahmen der Europäischen Union vor.
Die Beteiligung der Legislative an der Ausübung der auswärtigen Gewalt erfüllt zwei wichtige Funktionen. Als Element der demokratischen Kontrolle sollen bestimmte außenpolitische Entscheidungen von den gesetzgebenden Körperschaften präventiv überprüft und mitverantwortet werden. Daneben verhindert die Mitwirkung der Legislative einen späteren Konflikt mit der Exekutive. Damit wird zugleich die innerstaatliche Umsetzung der völkerrechtlichen Verpflichtung und die Vertragstreue der Bundesrepublik Deutschland sichergestellt.
4. Kontrollbefugnis der Judikative
Die Aufgabe der gerichtlichen Überprüfung der auswärtigen Gewalt wird auf der verfassungsrechtlichen Ebene vom BVerfG wahrgenommen. Für die Kontrolle steht kein spezielles Verfahren zur Verfügung; deshalb sind die im Grundgesetz in Art. 93 GG aufgeführten allgemeinen Verfahrensarten anzuwenden. Als Maßstab liegen der Überprüfung des auswärtigen Handelns dabei zumeist keine Regelungen zu konkreten Sachbereichen zugrunde, sondern Staatszielbestimmungen und Verfassungsgrundsätze sowie die Wahrung der Grundrechte gem. Art. 1 Abs. 3 GG. Zu den Staatszielsetzungen und Verfassungsgrundsätzen zählen u. a. die Pflicht zur internationalen Kooperation (Präambel, Art. 23, 24 GG), sowie Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Sozialstaatlichkeit (Art. 20 GG).
Im Prinzip wird heute nicht mehr bestritten, dass die Bundesorgane bei der Wahrnehmung der auswärtigen Gewalt in formeller und materieller Hinsicht an die Vorschriften des Grundgesetzes gebunden sind und die Einhaltung dieser Anforderungen der gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Die früher vertretene „Lehre vom gerichtsfreien Hoheitsakt“ hat sich nicht durchsetzen können. Nach dieser Lehre sollten die Akte der auswärtigen Gewalt „ihrer Natur nach“ einer gerichtlichen Kontrolle entzogen sein. Die Handlungen der Regierung würden sich durch ihre staatsleitende Tätigkeit auszeichnen, die aufgrund ihres politischen Charakters einer gerichtlichen Kontrolle entzogen sei. Diese Ansicht ist allerdings mit dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG, wonach jede öffentliche Gewalt an die Verfassung gebunden ist, unvereinbar. Die Bindung an Recht und Gesetz kann nur garantiert werden, wenn eine unabhängige Instanz die Einhaltung überprüft. Zur Absicherung dieser Kontrolle besteht die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG, die gegen jeden Akt der öffentlichen Gewalt die Möglichkeit eines gerichtlichen Rechtsschutzes vorsieht. Eine verfassungsgerichtliche Kontrolle der Akte der auswärtigen Gewalt ist nicht von vornherein schon deshalb ausgeschlossen, weil es sich um eine Handlung im Bereich des „Hochpolitischen“ handelt.
Dennoch bestehen in der Rechtsprechung des BVerfG Unterschiede gegenüber der Kontrolle von rein innerstaatlichen Sachverhalten. Das Gericht akzeptiert in ständiger Rechtsprechung (E 40, 148 [178 f.]; 55, 349 [365]; 94, 12 [35]), dass den zuständigen Organen wegen der Besonderheiten der Außenpolitik, die eine einseitige Durchsetzung der Auffassung der Bundesrepublik Deutschland im Regelfall nicht ermöglichen und eine gewisse Flexibilität bei der Akzeptanz von Kompromissen erforderlich machen, ein weiter Einschätzungs-, Prognose- oder Ermessensspielraum bei der Beurteilung außenpolitischer Lagen und der Zweckmäßigkeit des Einsatzes außenpolitischer Handlungsinstrumente verbleiben muss. Diesen Spielraum gewährleistet das Gericht, indem es sich eine Selbstbeschränkung (judicial self-restraint) bei der Kontrolle der auswärtigen Gewalt auferlegt und seinen Entscheidungen eine reduzierte materielle Kontrolldichte zugrunde legt. Daher werden Einschätzungen und Wertungen außenpolitischer Art nicht daraufhin überprüft, ob sie zutreffend sind, sondern ob sie die Grenze offensichtlicher Willkür überschritten haben (E 68, 1 [97]) bzw. ob sie sich im Rahmen der Ermächtigung durch ein Vertragsgesetz bewegen (E 104, 151 [210]). Diese Rechtsprechung wird von Teilen des Schrifttums unter Berufung auf Art. 1 Abs. 3 GG, der nicht zwischen auswärtiger und innerstaatlicher öffentlicher Gewalt differenziere, kritisiert. Dem wird man entgegenhalten können, dass das Grundgesetz selbst z. B. in Art. 23 und 24 GG gewisse Relativierungen der verfassungsrechtlichen Anforderungen bei außenpolitischen Akten gegenüber rein innerstaatlichen Sachverhalten vorsieht.
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