34
Ein Rechtsmangel liegt nach § 435 S. 1 in erster Linie vor, wenn Dritte in Bezug auf die Sache Rechte gegen den Käufer geltend machen können, weil er dann nämlich mit der ihm verkauften und übereigneten Sache nicht nach Belieben verfahren kann. Den Maßstab für das Vorliegen eines Rechtsmangels bildet maW. die Befugnis des Eigentümers, mit der Sache nach Belieben zu verfahren und andere von jeder Einwirkung auf die Sache auszuschließen (§ 903); jede Beeinträchtigung des Eigentümers in einer dieser Befugnisse durch die Rechte eines Dritten stellt somit einen Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 1 dar.[74] Anders verhält es sich nur, wenn der Käufer die fraglichen Rechte Dritter im Kaufvertrag „übernommen“ hat, d. h., wenn er sich mit der fraglichen Belastung einverstanden erklärt hatte. Beispiele sind die Übernahme von Grundpfandrechten bei Kauf eines Grundstücks unter Anrechnung auf den Kaufpreis sowie der vom Käufer eines Grundstücks akzeptierte Eintritt in Mietverträge über das Grundstück nach § 566 Abs. 1 (s. u. Rn 35).
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Bei Rechten Dritter, die im Sinne des § 435 S. 1 gegen den Käufer geltend gemacht werden können, ist in erster Linie an dingliche Rechte Dritter zu denken; Beispiele sind die Belastung des verkauften Grundstücks mit einem Nießbrauch oder mit Grundpfandrechten[75]. Gleich stehen Immaterialgüterrechte sowie Namens- und Persönlichkeitsrechte Dritter[76]. Hindert z. B. ein Dritter den Käufer unter Berufung auf ein Patent-, Urheber- oder Persönlichkeitsrecht an der Benutzung der gekauften Sache, so haftet der Verkäufer hierfür nach den §§ 435 und 437 ff[77]. Unter § 435 fallen weiter obligatorische Rechte, d. h. Ansprüche Dritter gegen den Verkäufer, sofern sie wie Miete und Pacht ausnahmsweise gegen den Käufer geltend gemacht werden können (§§ 566, 581 Abs. 2).[78]
35a
Dagegen handelt es sich nicht um einen Rechtsmangel im Sinne des § 435, wenn der Verkäufer einer Sache dem Käufer bereits das Eigentum an ihr nicht verschaffen kann, etwa, weil die Sache einem Dritten gestohlen worden ist (§§ 932, 935). Denn die Rechtsverschaffungspflicht des Verkäufers ergibt sich schon aus § 433 Abs. 1 S. 1 und nicht erst aus S. 2 der Vorschrift, sodass bei einer Verletzung dieser Vorschrift allein die allgemeinen Vorschriften über Leistungsstörungen eingreifen, in dem fraglichen Fall also vor allem § 311a Abs. 2[79]. Zu erwägen ist lediglich die entsprechende Anwendung des § 438 Abs. 1 Nr 1 auf diesen Fall, um den Käufer, dem der Verkäufer überhaupt kein Eigentum zu verschaffen vermag, in der Frage der Verjährung nicht gegenüber dem Käufer zu benachteiligen, der (immerhin) das Eigentum, wenn auch mit einem Rechtsmangel belastet, erlangt hat (vgl §§ 195, 199)[80].
3. Öffentlich-rechtliche Beschränkungen
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Zusätzliche Fragen wirft die sachgerechte Behandlung öffentlich-rechtlicher Beschränkungen auf, denen der Käufer unterworfen ist. Sie werden zum Teil unter § 435 als Rechtsmangel subsumiert, zum Teil aber auch als Sachmangel behandelt (oben Rn 18), während wieder andere vom Käufer – als vorgegebene Beschränkungen des Eigentums – hingenommen werden müssen (§ 436 Abs. 1, s. Rn 38). Die genaue Abgrenzung ist schwierig. Unter § 435 werden als Rechtsmangel allein solche öffentlich-rechtlichen Beschränkungen eingeordnet, die ihre Grundlage nicht in der Beschaffenheit der Sache haben (dazu Rn 37), sondern auf ihrer spezifischen „Vorgeschichte“ beruhen, in erster Linie, wenn sich daraus ein Recht der öffentlichen Hand zur Beschränkung oder Entziehung des Eigentums ergibt. Denn in derartigen Fällen ist der Käufer wegen der mangelnden Erkennbarkeit der fraglichen Beschränkungen besonders schutzbedürftig[81]. Beispiele sind die Beschlagnahme der verkauften Sache nach den Straf-, Steuer- oder Zollgesetzen, z. B. als Diebes- oder Schmuggelgut[82] sowie der Ausweis des verkauften Grundstücks als Straßenland, sodass seine Enteignung zu befürchten ist[83]. Es genügt bereits, wenn z. B. ein Kraftfahrzeug in einer Fahndungsliste als gestohlen ausgeschrieben wird.[84] Keine Rolle spielt auch, ob der Verkäufer überhaupt in der Lage ist, die öffentlich-rechtlichen Beschränkungen zu beseitigen.[85]
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Anders behandelt werden dagegen öffentlich-rechtliche Benutzungs- und Baubeschränkungen, die auf der Beschaffenheit der Sache beruhen und deshalb für Dritte (einschließlich des Käufers) grundsätzlich erkennbar sind. Sie führen teils zur Annahme eines Sachmangels; teils sind sie unbeachtlich (§ 436 Abs. 1). Ein Sachmangel wird z. B. im Falle einer Baubeschränkung angenommen, wenn ein Grundstück als „Bauland“ verkauft wurde, weil ihm dann gerade diejenige Beschaffenheit fehlt, die es nach dem Vertrag haben soll (§ 434 Abs. 1 S. 1)[86]. Ebenso zu beurteilen sind die nur beschränkte Nutzbarkeit von Räumen in einem Gewerbegebiet[87] sowie die fehlende Bauererlaubnis für einen Anbau, den der Verkäufer eigenmächtig errichtet hatte[88].
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In den verbleibenden Fällen ist dagegen für den Regelfall davon auszugehen, dass der Käufer einer Sache die gesetzlichen Schranken des Eigentums ebenso wie jeder andere hinnehmen muss, zumal er sich darüber ohne weiteres selbst zu informieren vermag (s. § 436). Das gilt vor allem für nachbarrechtliche Beschränkungen, für die der Verkäufer daher im Regelfall nicht nach § 435 einzustehen braucht[89].
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Lösungsskizze
I. Kupferstiche-Fall 4
1. Die gelieferten unechten Stiche
Weil die gelieferten Stiche tatsächlich nicht von Albrecht Dürer stammen, weisen sie nicht die vereinbarte Beschaffenheit auf; sie waren deshalb im Augenblick des Gefahrübergangs, d. h. bei Lieferung, mit einem Sachmangel behaftet (§§ 434 Abs. 1 S. 1, 446). Folglich stehen K gegen V die Rechte aus § 437 zu, wobei hier allein der Schadensersatzanspruch statt der Leistung interessiert (s. § 252). Die Voraussetzungen richten sich nach den §§ 437 Nr 3, 311a Abs. 2 und 276, da der Mangel schon bei Vertragsabschluss vorlag. Grundsätzlich haftet daher V für die mangelnde Echtheit der Stiche nur, wenn er diese bei Vertragsabschluss kannte oder kennen musste (§§ 311a Abs. 2 S. 2, 276 Abs. 1). Soweit er jedoch die Garantie für die Echtheit eines Stiches übernommen hat, trifft ihn auf jeden Fall eine Haftung (§ 276 Abs. 1 S. 1).
2. Die nicht gelieferten echten, aber beschädigten Stiche
Die Beschädigung der Stiche nach Vertragsabschluss stellte eine Pflichtverletzung dar, für die der V dem K haftet, da die Gefahr noch nicht auf K übergegangen war (§§ 280, 276, 278, 446). Weil K Schadensersatz statt der Leistung verlangt, sind die §§ 281 und 283 einschlägig. Dies bedeutet, dass der K für den jetzt nicht mehr reparablen Stich sofort Schadensersatz statt der Leistung verlangen kann, da es sich bei der Beschädigung um eine erhebliche Pflichtverletzung handelt (§§ 283 S. 2, 281 Abs. 1 S. 3, 276, 278). Hinsichtlich des anderen, noch reparablen Stiches kann K dagegen nur Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn er zuvor dem V vergeblich eine angemessene Frist zur Leistung gesetzt hat (§ 281 Abs. 1 S. 1), sofern hier nicht einer der Ausnahmefälle des § 281 Abs. 2 vorliegen sollte.
II. Winterweizen-Fall 5
Die Parteien hatten einen Gattungskauf abgeschlossen. Die Lieferung von Sommerweizen statt wie vereinbart Winterweizen stellte eine Falschlieferung (aliud) dar, die unter § 434 Abs. 3 fällt. K hätte also den gelieferten Sommerweizen zurückweisen und auf der Lieferung von Winterweizen bestehen können. Tatsächlich hat er jedoch – in Verkennung der Sachlage –