Schnell wurde auch Europa von der FinanzkriseFinanzkrise erfasst; denn die europäischen BankenBanken und Regierungen waren gegenüber den USAUSA hoch verschuldet. Dies galt insbesondere für DeutschlandDeutschland. In Deutschland hatte die Prosperitätsphase begonnen, nachdem die Hyperinflation durch eine einschneidende Währungsreform am 15. November 1923 beendet worden war. Allerdings verloren durch die Abwertung aller GeldvermögenGeldvermögen im Verhältnis 1:1 Billion viele Bürger ihre ErsparnisseErsparnisse, insbesondere die Mittelschichten. Dies schwächte die Akzeptanz der Weimarer Republik, die schon durch die Unterschrift unter den Versailler VertragVersailler Vertrag beeinträchtigt war. Deutschland musste hohe Reparationszahlungen leisten, und die Regierung deckte den nötigen Devisenbedarf weitgehend durch KreditaufnahmeKreditaufnameim Ausland in den USA. Auch die Banken hatten vielfach in den USA kurzfristige Kredite aufgenommen, um ihre Kreditvergabe im Inland zu finanzieren.
Wegen ihrer Finanzierungsengpässe aufgrund der Finanzkrise sahen sich immer mehr US-amerikanische Banken gezwungen, die nach Deutschland vergebenen Kredite nicht zu verlängern. Um sie zurückzuzahlen, mussten ihrerseits die deutschen Banken Aktiva (z.B. Aktien) verkaufen oder vergebene Kredite ebenfalls kündigen. Damit setzte auch in Deutschland die WeltwirtschaftskriseWeltwirtschaftskrise ein, die sich vier Jahre lang immer weiter vertiefte und zu einer tiefen DepressionDepression führte. In deren Verlauf wurde bis 1932 eine extrem hohe ArbeitslosenquoteArbeitslosenquote erreicht (siehe Tabelle 1). Sie lag deutlich höher als in den USA, auch wenn die Zahlen nur ungefähr vergleichbar sind. Ritschl (2002) macht dafür vor allem die Reparationszahlungen und die Auslandsverschuldung verantwortlich.
Gemäß Tabelle 1 war die ArbeitslosenquoteArbeitslosenquote in DeutschlandDeutschland schon 1929 sehr hoch; die Zahl der Arbeitslosen war schon von 1928 zu 1929 von 1,37 auf 1,90 Millionen gestiegen und erhöhte sich bis 1932 auf 5 Millionen Personen.
Das Elend der arbeitslosen Bevölkerung war groß, da die Leistungen der erst 1918 geschaffenen gesetzlichen ArbeitslosenversicherungArbeitslosenversicherung sehr gering waren. Dies trug erheblich zu den Wahlerfolgen der NSDAP im Jahre 1932 bei, die als einzige große Partei ein massives Programm der ArbeitsbeschaffungArbeitsbeschaffung unter Brechung bzw. Missachtung aller entgegenstehenden vertraglichen Vereinbarungen forderte.
Tabelle 1: Arbeitslosenquoten zu Beginn und im Tiefpunkt der Weltwirtschaftskrise (in Prozent)
Land | Jahresdurchschnitt | |
1929 | 1932 | |
Deutschland | 13,1 | 30,1 |
USA | 3,2 | 23,6 |
Großbritannien | 11,0 | 22,5 |
Quellen: Deutschland und USA : Zinn (1998), S. 39 Großbritannien : Chick (1983), S. 7 |
Großbritanniens Wirtschaft entwickelte sich in den 1920er Jahren schleppend, zumal das Land durch die von Keynes vehement bekämpfte Rückkehr zum GoldstandardGoldstandard und zur Vorkriegsparität an preislicher Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt hatte. GroßbritannienGroßbritannien bekam ebenfalls die Finanz- und Wirtschaftskrise der USAUSA heftig zu spüren. Die schon während der 1920er Jahre durchgängig hohe ArbeitslosigkeitArbeitslosigkeit verdoppelte sich bis 1932 auf das Niveau der USA.
In allen drei großen Industriestaaten sanken nicht nur Produktion und Beschäftigung. Vielmehr war deren Einbruch mit einem Rückgang von Preisen und Löhnen verbunden; denn auf den Gütermärkten und den Arbeitsmärkten herrschte ein großer Angebotsüberschuss (siehe Tabelle 2). In den USAUSA brachen am stärksten die Preise der Rohstoffe und landwirtschaftlichen Erzeugnisse ein (mit verheerenden Folgen für die Landwirte). In allen drei Staaten wurde die DeflationDeflation durch die Wirtschaftspolitik verschärft: So schrieben in DeutschlandDeutschland im Jahre 1931 Notverordnungen des Reichskanzlers Brüning vor, dass alle Tariflöhne und alle von Kartellen festgelegten Preise um 10 % gesenkt werden müssen. BrüningBrüning verfolgte damit auch politische Zwecke. Er wollte nachweisen, dass Deutschland die auferlegten ReparationenReparationen nicht leisten könne.
Tabelle 2:
Löhne und Preise in der Weltwirtschaftskrise
Land/Variable | Veränderungen in % | |
1924–1929(a) | 1929–1933(b) | |
Deutschland | ||
Verbraucherpreisindex | +8,6 | -23,3 |
Erzeugerpreise Industrie | +0,5 | -26,6 |
Stundenverdienste Industrie | +36,9 | … |
Reallöhne | +26,1 | 10,6(c) |
Lohnstückkosten | +24,5 | … |
USA | ||
Verbraucherpreisindex | ± | -23 |
Nominallöhne | -19 | |
Großbritannien | ||
Verbraucherpreisindex | -6,3 | -14,7 |
Durchschnittswochenlohn nominal | ± | -6,3 |
Durchschnittswochenlohn real | 5,1 | 11,0 |
(a) Für Deutschland: 1925-1929 (b) Für Deutschland: III/1929-III(1932) (c) Deflationiert mit dem Erzeugerpreisindex Quellen: Verbraucherpreisindex: SVR (1998), Zahlen zum Schaubild 10 Deutschland: Ritschl(2002), Tab 2.8 sowie Anhangtabelle C. 2 USA: Bordo/Evceg/Evans (2000), S. 1448/9 Großbritannien: Chick (1983), S. 7 | ||
Quellen: Verbraucherpreisindex: SVR (1998), Zahlen zum Schaubild 10
Übrige Angaben: Deutschland
: Ritschl (2012), Tab. 5.1)
USA
: Bordo/Evceg/Evans (2000), S. 1448/9
Großbritannien: Chick (1983), S. 7
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