• wichtige Elemente der Rede zur Schilderung von Geschehensabläufen (wer, was, wo, wann, wie, warum);
[32]• detaillierte Schemata für die Arbeitsphasen des Redners (Stoffsammlung, Gliederung, rednerischer Ausdruck, Einprägen der Rede, Verwirklichung durch Vortrag); sowie
• genaue Hinweise auf mögliche Stilarten (schlichter, mittlerer, erhabener Stil) und Stilqualitäten (Sprachrichtigkeit, Verständlichkeit, Angemessenheit, Schmuck).
Die Rhetorik wurde vom Altertum über das Mittelalter bis zur Aufklärung an Hochschulen und Akademien als eigenes Fach gelehrt. Das christliche Mittelalter eignete sich das rhetorische Wissen für Bibelauslegung und Predigtlehre an. Renaissance und Humanismus brachten der Rhetorik in vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens neue Höhepunkte. Im 18. Jahrhundert erfolgte die Nationalisierung der bis dahin weitgehend lateinisch-sprachigen Rhetorik und es entstanden national- bzw. muttersprachliche Lehrbücher. Von besonderer politischer Bedeutung war die Rhetorik in der Französischen Revolution sowie im Zusammenhang mit der Entwicklung einer kritischen bürgerlichen Öffentlichkeit (Ueding/Steinbrink 2005, S. 99f; Ueding 2009, S. 17ff). Im 20. Jahrhundert wird sie als »New Rhetoric« in den USA wieder entdeckt – als Rhetorik der Massenmedien, der politischen Kommunikation und der Werbung mit psychologischem Schwerpunkt. Von ihrer Gegenstandszuordnung als Materialobjekt der Kommunikationswissenschaft gehört die öffentliche Rede in den Bereich der originären Publizistik. In ihren Regeln finden sich nicht nur Gebote für Art, Aufbau, Stil und Form der Rede, sondern auch für die Absicht, mithilfe von Argumentation und Schlussführung in der öffentlichen Rede ein Höchstmaß an (politischer) Überzeugung zu erreichen – also das, was wir heute »persuasive Kommunikation« nennen (vgl. Hovland/Janis/Kelly 1953; Koeppler 2000).
2.2 Öffentliche Kommunikation im Mittelalter
Die nach dem Ende der antiken Großreiche einsetzende Völkerwanderung führte zum Abhandenkommen materieller, politischer und kultureller Voraussetzungen organisierter gesellschaftlicher Kommunikation, wie es sie im Römischen Reich gab. Erst mit der Herausbildung einer neuen, stabilen Ordnung im Mittelalter »entstanden äußere Bedingungen, unter denen sich […] geordnete Kommunikationsbeziehungen« entwickeln konnten (Wilke 2000, S. 10). Mit der Herausbildung von Zentralgewalten werden »Funktionen, die später auf den modernen Staat übergehen, von korporativen Einrichtungen übernommen […]« (ebd.). Es sind dies Universitäten (damals noch nicht ›universitas literarum‹), Zünfte, christliche Orden, Klöster, städtische ›Magistrate‹ und ›Kanzleien‹ von Königen und Herzögen (Hof, Burg) sowie Bischöfen. Die Kirche hatte dabei eine besondere Stellung: Sie wirkte als übergreifende Gemeinschaft und war ein Bindeglied zwischen den Gesellschaftsschichten, sie war »der eigentliche Raum der Öffentlichkeit» (Wilke 2000, S. 11 mit Bezugnahme auf Benzinger 1970). Sie hatte einerseits besondere Bedeutung als »Trägerin und Ort der Kommunikation« und bediente sich selbst der Mittel der Kommunikation zur Verkündigung (ebd.): Die Kanzel war »Stätte amtlicher Bekanntmachung«, der Kirchplatz »Ort für das persönliche Gespräch oder die Unterredung in der (Klein-)Gruppe« (ebd.). Als Räume »okkasioneller Öffentlichkeit» (ebd.) fungierten Reichstage (von denen die Allgemeinheit eher ausgeschlossen war und man daher kaum von Öffentlichkeit sprechen konnte). Des weiteren Märkte, die neben ihrer wirtschaftlichen Funktion auch eine kommunikative hatten: Spielmänner und Sprecher zogen von Ort zu Ort, um Neuigkeiten in Reim und Lied bekannt zu machen. Sie berichteten auch von politischen Ereignissen und sensationellen Vorfällen. Oralität (mündliche Vermittlung) und Visualität (Bilder) herrschten vor (Wilke 2000, S. 11). Schriftlichkeit gab es v. a. an den Klöstern und (oft aus Klöstern hervorgegangenen) Universitäten, in denen geschrieben und mittels Abschreiben vervielfältigt wurde. Sofern [33]man überhaupt von Öffentlichkeit(en) sprechen konnte, waren dies sozial voneinander relativ abgegrenzte, differenzierte Kommunikationsräume wie (hier mit Bezugnahme auf Wilke 2000 und Faulstich 1996): Burg und Hof (als Herrschafts-, Macht- und Kulturzentren); Klöster und Universitäten (als Bildungszentren); die Kirche (die quer zu und teils über den anderen Zentren stand) (vgl. Wilke 2008, S. 11); die Städte (in denen sich Verwaltungs- und Handelszentren herausbildeten); Dörfer (die weitgehend agrarisch strukturiert waren, in denen es aber Handel gab) sowie Marktplätze (die dem Handel und der wirtschaftlichen Grundversorgung dienten). Agenten zur Herstellung von Öffentlichkeit waren kirchliche Lehrer, Prediger, ›Professoren‹, Bibliothekare und sog. Mundpublizisten, die Neuigkeiten von Ort zu Ort brachten: Fahrende, Dichter, (Bänkel-)Sänger, Spielleute. Durch Vervielfältigen (weitgehend) in den Schreibstuben der Klöster und Universitäten entstanden vorwiegend wissenschaftliche, historische und religiöse Texte (sowie auch Bilder). So gab es auch erste Drucke/Druckwerke (in Form von sog. Blockbüchern mit ganzseitigen Einblattdrucken), ehe gegen 1445 der Buchdruck mit beweglichen Lettern aufkam. Werner Faulstich (1996) sieht im Mittelalter den Übergang von den ›Menschmedien‹ (Sänger, Erzähler, Spiele, ritualisierte Feste etc.) zu den ›Schreibmedien‹ (Blatt, Brief, Buch, aber z. B. auch bemalte Fenster mit zeitbezogenen Darstellungen). Der Funktionsverlust der ›Menschmedien‹ (»primäre Oralität«) zeichnet sich, so Faulstich, gegen Ende des Mittelalters infolge des starken Bevölkerungswachstums, der Zunahme des Wissens sowie der Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern ab (vgl. Faulstich 1996, S. 269–272).
2.3 Dogmatiker und Aufklärer im 17. und 18. Jahrhundert
Mit der Erfindung des Buchdrucks durch Johann Gensfleisch zum Gutenberg gegen Mitte des 15. Jahrhunderts verlagerte sich das akademische Interesse von der Rhetorik auf die gedruckte Publizistik. Es waren vornehmlich Pädagogen, (Moral-)Theologen und Politiker, die mehr oder weniger wissenschaftlich über die Zeitungen des 17. Jahrhunderts reflektierten. Groth bezeichnet sie pauschal als Dogmatiker, da sie alle »von bestimmten Dogmen ausgingen, sei es dem absolutistisch-religiösen, sei es dem rationalistischen« (Groth 1948, S. 15). Zu erwähnen sind z. B. der Hofrat und Politiker Ahasver Fritsch sowie der lutherische Geistliche und Superintendent Johann Ludwig Hartmann. Beide richteten sich gegen den Missbrauch der Presse und gegen die Zeitungen als Laster der Zeit (vgl. Groth 1948, S. 17). Diesen kulturpessimistischen Haltungen stehen jedoch auch andere Stimmen gegenüber wie jene Christian Weises oder Daniel Hartnacks. Der Philosoph und Pädagoge Weise, ein Vorreiter der Aufklärung, tritt für die Zeitung ein und will sie zur Ausbildung verwerten (vgl. Groth 1948, S. 17). Der Pädagoge und Pfarrer Hartnack hob u. a. den Nutzen der Zeitungslektüre hervor (vgl. Groth 1948, S. 18). Nicht zu übersehen ist der Literat, Sprachwissenschaftler und Lexikograf Kaspar von Stieler, der für den Übergang von den Zeitungsdogmatikern zu den Aufklärern steht. Aus seiner 1695 verfassten Gelegenheitsschrift »Zeitungs Lust und Nutz« geht, wie der Titel bereits sagt, eine positive Sichtweise des Mediums Zeitung hervor (Stieler 1695; Meyen/Löblich 2006, S. 73ff).
Auf die moralisierenden Zeitungsdogmatiker des Barock »folgten die analysierenden Zeitungstheoretiker der Aufklärung« (Kieslich 1972, S. 70). Die Staatskunde wendete sich als »Statistik« dem Zeitungswesen zu; und auf vielen Ebenen der gehobenen Gesellschaft wurden sog. Zeitungskollegien eingerichtet (vgl. Groth 1948, S. 33). Diese Kollegien sollten die Studierenden anleiten, »die damaligen Zeitungen mit Gewinn zu lesen, das Wichtige