Gegenüber dem Schiff, das pro Tag bis zu 200 Kilometer zurücklegen konnte, war die Fahrt auf dem Landweg mit dem Wagen, der lediglich 20 Kilometer pro Tag fahren konnte, unverhältnismäßig langsamer. Sogar ein Fußgänger schaffte je nach Wegbeschaffenheit und Wetterlage 30 bis 50 Kilometer an einem Tag. Dennoch gehörte dem Wagen auf Europas Straßen die Zukunft. Frachtwagen, die dem Nah- und Ferntransport von Gütern aller Art dienten, wurden in der Frühen Neuzeit immer sicherer und größer und konnten bei guten Straßenverhältnissen Warenmengen zwischen vier und acht Tonnen transportieren. In Frankreich wie auch in den deutschen Territorialstaaten wurde der Transport auf Rädern bis ins 18. Jahrhundert hinein durch anliegende Bauern im Nebenerwerb oder als Frondienst geleistet. Nicht selten spezialisierten sich mit der Zeit ganze Gemeinden auf den Transport von Gütern und Personen.
Parallel zum Gütertransport entwickelte sich auch der Personenverkehr mit dem Wagen. Für die Mobilität auf den Landwegen war der seit dem 16. Jahrhundert allmählich erfolgte Mentalitätswandel des männlichen Adels von großer Bedeutung, der neben dem Reiten die Beförderung per Wagen als standesgemäß akzeptierte. Dieser Wandel begann nach den Quellen in Ungarn. Die aus leichtem Holz gebaute und deshalb eine hohe Elastizität und Bequemlichkeit aufweisende ungarische Kutsche (kocsi) erlangte dort eine so große Beliebtheit, dass den Militärdienst leistenden Adeligen in einem königlichen Dekret von 1523 bedeutet werden musste, nicht mit der Kutsche, sondern zu Pferd ins Feldlager zu ziehen. Der ungarische Wagentyp wurde europaweit übernommen und für den Personenverkehr weiterentwickelt. Zunächst noch von Fürsten und dem Hochadel zu offiziellen Anlässen benutzt, wurde die Kutsche in italienischen Werkstätten aufwendig und prachtvoll ausgestattet. Im 17. Jahrhundert von Ludwig XIV. gefördert, entstand in Frankreich ein wichtiges Zentrum des Kutschenbaus. Die Kutsche erhielt jetzt eine mit Türen und Fenstern versehene geschlossene Kabine, die den Reisenden vor den Unbeständigkeiten der Witterung und dem Staub der Wege schützte. Seit der Mitte des 18. Jahrhunderts spielte auch Großbritannien eine führende Rolle bei der technischen Entwicklung und der Massenproduktion der Kutsche. Die große Beliebtheit dieses Transportmittels in den Städten zeigte sich in der Entstehung der ersten Mietkutschenunternehmen in London und Paris. In England verkehrten zwischen den Städten bald auch coaches und wagons, die bis zu 20 Personen auf einmal beförderten.
Mit der Verschmelzung der gewerblichen Personenbeförderung und der Post im 17. Jahrhundert erfolgte im Personenfernverkehr ein Durchbruch. Ende des Jahrhunderts waren bereits alle großen Städte im Alten Reich durch kaiserliche, territoriale oder private Postbeförderungssysteme miteinander verbunden, die verschiedene Bereiche der Beförderung von Briefen, Kleingütern und Personen bündelten. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts setzte sich dann das Postkutschenwesen eindeutig durch. Durch das System der Posten, d. h. der Stationen für den Wechsel der Pferde, und die Einrichtung von festen Routen und unabhängig von der Tagesnachfrage eingehaltenen Abfahrtszeiten wurde die Reise planbar und nicht zuletzt auch schneller. So konnte in Zedlers Universallexikon festgehalten werden: „Wer geschwinde reisen will, nimmt die Post.“[50] Die Geschwindigkeit hatte allerdings ihren Preis und dieser war nicht für jedermann erschwinglich. So kostete eine einfache Fahrt zwischen Hamburg und Berlin im 18. Jahrhundert ziemlich konstant neun Taler, was dem Monatsverdienst eines Maurergesellen gleichkam.
Schnelligkeit war größtenteils von den Straßenverhältnissen abhängig und diese ließen trotz erster großer Anstrengungen beim Chausseebau im 18. Jahrhundert noch viel zu wünschen übrig. Bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts waren die Trassen der Fernwege in der Regel unbefestigt, was dazu führte, dass die Räder der Wagen und Postkutschen Spurrillen im Untergrund der Straßen hinterließen und sich stellenweise Hohlwege herausbildeten, die vor allem bei schlechtem Wetter die Fahrt erheblich einschränkten.
Der Wunsch nach rentablem Transport von Gütern und nach schnellerer und besserer Mobilität der Menschen führte zu neuen Innovationen in Technik und Organisation des Transports- und Verkehrswesens. Doch trotz aller Neuerungen konnte sich die Mobilität während der gesamten Frühen Neuzeit nicht von der Natur emanzipieren. Sie blieb auf See von den Wind- und Wasserströmen und auf der Straße vom Pferd als Kraftmaschine abhängig. Bis Ende des 18. Jahrhunderts waren die meisten Menschen allerdings „auf Schusters Rappen“ unterwegs, war dies doch die erschwinglichste Form der Fortbewegung.
[38]Warhaftige Historia und beschreibung eyner Landt=schafft der Wilden/ Nacketen/ Grimmigen Menschfresser Leuthen/ in der Newen welt America gelegen/ vor und nach Christigeburt im Land zû Hessen vnbekant/ biß vff diese ij nechst vergangene jar/ Da sie Hans Staden von Hom=berg auß Hessen durch sein eygne erfarung erkant/ vnd yetzo durch den truck an tag gibt, Marburg 1557, S. 1.
[39]Zit. nach Schmitt, E. (Hg.), Das Gold der Neuen Welt. Die Papiere des Welser-Konquistadors und Generalkapitäns von Venezuela Philipp von Hutten 1534–1541, Berlin 19922, S. 126.
[40]Zit. nach Federmann, N., Indianische Historia. Mit einer Einführung v. J. Friede, München 1965, S. 77.
[41]Abgedruckt in: Metzler, J. (Hg.), America Pontificia, 3 Bde., Vatican 1991–1993, hier Bd. 1, S. 364–366.
[42]Wallerstein (wie Anm. 18), Bd. 1.
[43]Zit. nach Siegert, B., Passagiere und Papiere. Schreibakte auf der Schwelle zwischen Spanien und Amerika (1530–1600), München 2006, S. 104.
[44] Hakluyt, R., A Discourse Concerning Western Planting, Written in the Year 1584, hrsg. v. Ch. Deane, Cambridge 1877.
[45]Kurtze Reise Beschreibung Hr. Heinrich von Uchteritz, Lieutenants, Erbsassen auff Modelwitz in Meissen, [et]c.: Worinnen vermeldet, was er auf derselben für Unglück und Glück gehabt, sonderlich wie er gefangen nach West-Indien geführet, zur Sclaverey verkaufft, und auff der Insel Barbados […] wunderlich errettet und erlöset worden, o. O. 1705, S. 13.
[46]Kuhlmann-Smirnov, A., Schwarze Europäer im Alten Reich. Handel, Migration, Hof, Göttingen 2013, Anh.: Tab. – „Mohren“ im deutschen Raum, um 1600 bis ca. 1800.
[47]Seume, J. G., Mein Leben, hrsg. v. D. Sangmeister, Göttingen 2018, S. 70.
[48]Döhla, J. K., Tagebuch eines Bayreuther Soldaten aus dem Nordamerikanischen Freiheitskrieg 1777–1783, in: Archiv für Geschichte und Altertumskunde von Oberfranken 25 (1912), S. 97.
[49]Zit. nach Gräf, H. Th. u. R. Pröve, Wege ins Ungewisse. Reisen in der Frühen Neuzeit 1500–1800, Frankfurt a. M. 1997, S. 19.
[50]Zedler