Meteorologische Phänomene wie das Wetter können sich in kurzer Zeit ändern. Hier bilden Satellitensysteme eine ideale Beobachtungsplattform, da von ihnen aus die ganze Erde kontinuierlich beobachtet werden kann. Das ist ganz besonders für Erdregionen mit geringer Wetterstationsdichte von Vorteil: Hier bringen die Daten der Wettersatelliten einen sichtbaren Fortschritt im Monitoring und der Prognose von Wetter und Klima.
Im Fernsehen gezeigte Satellitenbilder stammen überwiegend aus einem Spektralbereich ähnlich dem des menschlichen Auges. Satellitengetragene Sensoren, unsere „Augen“ im Weltraum, sind jedoch auch so konstruiert, dass sie auch in anderen Spektralbereichen Information empfangen und zur Interpretation bereitstellen. Diese gehen von der ultravioletten Strahlung über das sichtbare Licht und die Wärmestrahlung bis zu den Mikrowellen. Weiter kann vom Satellit – ähnlich wie bei einem Schiffsradar – aktiv Strahlung in Richtung Erde geschickt und die zurückkommende Strahlung interpretiert werden. Je nach Fragestellung werden Satelliten eingesetzt, die auf ganz unterschiedlichen Bahnen die Erde umkreisen. Darüber hinaus kann die Beobachtungsgeometrie der Sensoren variiert werden, was zum Informationsgewinn beiträgt.
Das vorliegende Buch zeigt diese Aspekte näher auf und beschreibt die Vielfalt der Möglichkeiten, wie sich aus der Strahlungsinformation eine meteorologische Information gewinnen lässt. Es arbeitet aber auch die Gemeinsamkeiten heraus, die allen Methoden und Anwendungen zugrunde liegen, da sie allgemeingültigen physikalischen Gesetzen folgen. Das Wort „Meteorologie“ im Titel deutet an, dass die detailliert vorgestellten Anwendungen der Fernerkundung im Wesentlichen aus dem Bereich der meteorologischen und damit auch klimatologischen Fragestellung kommen. Es werden zunächst die physikalischen Grundlagen der Fernerkundung mittels satellitengetragener Sensoren vorgestellt. Die sich anschließenden Kapitel widmen sich den Anwendungen und erläutern, wie aus Satellitenmessungen Informationen zu den wichtigen wetter- und klimarelevanten Parametern abgeleitet werden können. Dabei wird der methodische Weg von der Strahlungsmessung bis zur Ableitung der physikalisch-meteorologischen Größe erläutert, sowie Beispiele für die Ergebnisse gezeigt.
Der Bereich meteorologischer Themen, in denen Satellitendaten genutzt werden, ist so umfangreich, dass es sicherlich Anwendungen gibt, die in diesem Buch nicht behandelt werden, obwohl sich manche Leser dafür interessieren. Hierzu verweisen wir auf weiterführende Fachliteratur und hoffen zudem, dass aus den gezeigten Grundlagen der Fernerkundung das Prinzipielle auch für die vermisste Anwendung abgeleitet werden kann.
Das Buch liefert einen fundierten Einstieg in die Thematik und damit auch eine Basis für die Lektüre satellitenmeteorologischer Fachbücher, die meist in englischer Sprache vorliegen und spezifische Themen behandeln. Es wendet sich primär an Studierende, insbesondere aus den Disziplinen Meteorologie, Ozeanographie und Physische Geographie, die Fernerkundungsdaten nutzen und die Hintergründe verstehen wollen, ohne sich mit dem Strahlungstransport im System Boden und Atmosphäre oder andern Details auseinanderzusetzen, sowie auch an interessierte Laien. Es wird ein umfassender Überblick über die Satellitenmeteorologie gegeben, der Leserin und Leser befähigt, sich bei Bedarf in spezielle Themen einzuarbeiten.
Die rasante Entwicklung der Satellitenmeteorologie in den vergangenen zwei Jahrzehnten hat zu einem hohen Grad an Spezialisierung innerhalb dieser Disziplin geführt, die fachlich fundierte Einführungen in das gesamte Spektrum der Satellitenmeteorologie aus der Sicht eines einzelnen Autors zunehmend erschwert. Dem trägt dieses Lehrbuch Rechnung, indem es das Fachwissen mehrerer Autoren, die sich durch spezifische Expertise auszeichnen, zusammenführt.
Auch wenn alle Texte von einer Reihe von Lesern sachkundig lektoriert wurden, kann ein Buch wie dieses nicht fehlerlos sein. Herausgeber, Autoren und Verlag nehmen deshalb gerne jeden konstruktiven Verbesserungsvorschlag entgegen.
Wir Herausgeber bedanken uns bei den Autoren für die gewissenhafte Arbeit und das Verständnis für die Überarbeitungswünsche, wohlwissend, dass es keine einfache Aufgabe ist, die Materie mit viel Sachinformation und zugleich allgemeinverständlich aufzubereiten. Unser Dank geht auch an den Ulmer Verlag, besonders an Frau Alessandra Kreibaum, die uns über lange Zeit hinweg zur Seite stand, und Frau Sabine Mann, die das Projekt zu einem guten Ende geführt hat. Zu Dank fühlen wir uns auch Frau Dr. Nadja Kneissler verpflichtet, die dieses Buchprojekt befürwortet und unterstützt hat. Der Erfolg eines Lehrbuchs wird wesentlich durch seine Illustrierung mitbestimmt. Hier gebührt unser Dank dem Grafiker, Herrn Helmuth Flubacher. Ihm ist es gelungen, die mitunter nicht einfachen Vorlagen in für den Leser verständliche und attraktive Darstellungen umzusetzen. Schließlich möchten wir uns, auch im Namen aller Autoren, bei unseren Familien und Freunden bedanken, die mit Verständnis und viel Geduld reagierten, wenn wir die Prioritäten unserer Zeitplanung immer wieder zu Lasten der Gemeinsamkeit und zugunsten des Buchprojekts setzen mussten.
München, im Mai 2012
Peter Köpke und Michael Sachweh
Peter Köpke
1 Was bedeutet Satellitenmeteorologie?
1.1 Motivation für satellitengestützte Fernerkundung
Ganz allgemein steht „Satellitenmeteorologie“ für die Gewinnung von meteorologischer Information mithilfe von Erdsatelliten. Es geht um die Fernerkundung von Parametern der Atmosphäre und der Erdoberfläche, die für meteorologische Prozesse und damit auch für das Klima wichtig sind.
Jeder Erkenntnisgewinn im naturwissenschaftlichen Bereich beruht auf einer Beobachtung, die durch eine Formel beschrieben werden kann, in heutiger Zeit auch durch ein Computermodell. Die erste Beschreibung der Zusammenhänge wird durch weitere Beobachtungen überprüft und gegebenenfalls verbessert. Je komplexer das zu beschreibende System ist, desto aufwendiger muss die Beobachtung sein. Dies gilt für physikalische oder chemische Untersuchungen im Labor genauso wie für biologische und medizinische Fragen, und eben auch für die Meteorologie.
Die Erforschung von Wetter und Klima ist unter anderem dadurch gekennzeichnet, dass es unmöglich ist, gezielt Versuche durchzuführen. Die Atmosphäre ist kein Labor, in dem es möglich ist, Prozesse gesteuert ablaufen zu lassen oder Effekte getrennt voneinander zu untersuchen. Alle relevanten Prozesse laufen parallel und naturgemäß immer wieder anders ab und sie beeinflussen sich gegenseitig. Experimentell arbeitende Meteorologen wissen, dass das Wetter häufig nicht so ist, wie sie es sich wünschen: Bei einem Feldexperiment zur Untersuchung von Wolkeneigenschaften „stören“ die sonnigen Abschnitte, während es umgekehrt bei einer Kampagne zur Bestimmung der Trübung der Atmosphäre, bei der die solare Strahlung gemessen wird, ein Teil der Messperiode wegen Bewölkung ungenutzt bleiben muss.
Das Wissen über die Prozesse in der Atmosphäre, das Wettergeschehen und seine Ursachen, hat einen Stand erreicht, der es erlaubt, aufwendige Modelle zu programmieren und damit hochwertige Wettervorhersagen für die nächsten Tage zu erstellen. Aufgrund der Komplexität der Prozesse wird jedoch jede Prognose mit zunehmender Vorhersagezeit schlechter und irgendwann durch die Unsicherheiten im Modell unbrauchbar. Um das zu vermeiden, müssen die Vorhersagemodelle