»Intentionale Hybridität ist entsprechend primär ein kommunikatives Phänomen. […] Kommunikation ist zentral für die Formierung von Hybriditäten, weil sie die Handlungsfähigkeit derjenigen stärkt, die die Mittel zur Übersetzung und Benennung der Welt haben, während die Handlungsfähigkeit anderer Teilnehmer geschwächt wird. Mit anderen Worten ist es primär ein kommunikativer Prozess, ob Hybridität eine Selbstbeschreibung oder eine Zuschreibung durch andere ist. Das Mittel und die Fähigkeit zu kommunizieren sind entsprechend eine wichtige Determinante der Handlungsfähigkeit in interkulturellen Beziehungen, die den Schmelztiegel der Hybridität bilden.« (Kraidy 2005: 152)
In der Zugangsweise dieses kritischen Transkulturalismus’ ist Hybridität also keine per se positive Eigenschaft, sondern die »kulturelle Logik« der Globalisierung, die es kritisch zu analysieren gilt. Exemplarisch macht dies Kraidy am »unternehmerischen Transkulturalismus« der Gegenwart fest. Dieser versucht, Hybridisierung zu nutzen, um Unternehmen profitabler und Kunden zufriedener zu machen (Kraidy 2005: 95). Hier liegt eine strategische Instrumentalisierung von Hybridität vor, die den Reichtum Einzelner fördert – und die weit entfernt ist von emanzipatorischen Vorstellungen des »dritten Raums«. Dies heißt auch, dass man sich – wie Annabelle Sreberny und Gholam Khiabany (Sreberny/Khiabany 2011: 31) zu Recht anmahnen – davor hüten muss, »die Dichotomie von Tradition und Moderne einfach umzukehren, indem wir alles ›Traditionelle‹ überbewerten und den kommerziellen, entwurzelten, banalen und fertig abgepackten ›westlichen‹ Produkten die ›authentischen‹, ›organisch gewachsenen‹ und ›tief verwurzelten Kulturen‹ […] gegenüberstellen«.
[31]Insgesamt wird in dem Diskursfeld der postkolonialen Kritik so ein weiterer Aspekt von transkultureller Kommunikation greifbar: Es geht nicht nur darum, transkulturelle Kommunikation empirisch gesehen als eine mit der Globalisierung an Relevanz gewinnende Form von (Medien-)Kommunikation zu begreifen. Viel grundlegender hebt der Begriff auf Prozesse der Transkulturation ab, die als kennzeichnend für den kulturellen Wandel in Zeiten des Kolonialismus und den sich anschließenden verschiedenen Modernen gesehen wurden. Diese Transkulturation wird als ein kommunikativer Prozess verstanden, der nicht nur für einzelne Orte kultureller Begegnung und Melange kennzeichnend ist. Mit der Zunahme von (weltweiten) Kommunikationsbeziehungen ist Transkulturation zu einem Alltagsphänomen geworden, das es in seiner Widersprüchlichkeit kritisch zu analysieren gilt.
2.3 | Methodologische Reflexion |
Ein drittes Diskursfeld um transkulturelle Kommunikation ist methodologisch ausgerichtet. In diesem werden zwar Überlegungen der zuvor behandelten beiden Diskursstränge aufgegriffen, weswegen man dieses als nachgelagert begreifen kann. Dabei gilt es – so die Argumentation –, grundlegend die methodischen Herausforderungen zu behandeln, die mit zunehmender Globalisierung der Medienkommunikation bzw. kommunikativer Transkulturation bestehen. Hiermit hat dieses Diskursfeld eine sehr große Nähe zu der Kritik an einem methodologischen Nationalismus, weswegen es diese zuerst zu rekonstruieren gilt.
Der Begriff des methodologischen Nationalismus geht insbesondere auf den Nationalismusforscher Anthony D. Smith (1979) zurück. Im Kern wird damit die Annahme gefasst, dass sich nationale Gesellschaften und der Territorialstaat eins zu eins entsprächen. Weiter ausformuliert hat die Kritik an einer solchen Annahme der Soziologe Ulrich Beck, indem er generell die »Axiomatik einer nationalstaatlich eingestellten Soziologie« (Beck 1997: 51) problematisiert. Dieser wirft er vor, methodologisch mit einer »Container-Theorie der Gesellschaft« (Beck 1997: 49) zu operieren, die Gesellschaften (National-)Staaten definitorisch unterordnet. Die Folge ist, dass Gesellschaften als Staatsgesellschaften begriffen werden und Gesellschaftsordnung so viel meint wie Staatsordnung.
Mit einer solchen Container-Theorie der Gesellschaft haben die Sozialwissenschaften die historische Verknüpfung von entstehender Soziologie und politisch gewolltem Aufbau von (europäischen) Nationalstaaten im 19. Jahrhundert mehr oder weniger unreflektiert als Grundmodell der Beschreibung des Sozialen übernommen. Das hierbei bestehende Problem ist, dass die mit Globalisierung an Relevanz gewinnenden Sozialformen wie beispielsweise Diasporas, soziale Bewegungen, supranationale Organisationen usw. in ihrer Spezifik nicht hinreichend erfasst werden. Vor diesem Hintergrund fordert Beck einen methodologischen Kosmopolitismus ein. Letzterer[32] grenzt sich sowohl in der Raum- als auch der Zeitdimension vom methodologischen Nationalismus ab. Räumlich treten »an die Stelle von national-nationalen Beziehungen trans-lokale, lokal-globale, trans-nationale, national-globale und global-globale Beziehungsmuster« (Beck 2004: 118). In der Zeitdimension geht es darum, einerseits die global geteilte Vergangenheit beispielsweise des Kolonialismus analytisch zu berücksichtigen, andererseits die gegenwärtig global erfahrenen Zukunftsbedrohungen beispielsweise im Bereich der Umweltverschmutzung (Beck 2004: 121). Im Kern zielt der methodologische Kosmopolitismus also darauf, dem Paradigma des Containerstaats als Bezugsgröße von Forschung das der räumlichen und zeitlichen Komplexität von translokalen Beziehungsmustern gegenüberzustellen.
Eine solche Diskussion um die Kritik an einem methodologischen Nationalismus prägte umfassend die sozialwissenschaftliche Diskussion der letzten beiden Jahrzehnte. So unterscheiden beispielsweise die Migrationsforscher Andreas Wimmer und Nina Glick Schiller (Wimmer/Glick Schiller 2002: 302–308) drei Modi des methodologischen Nationalismus: Der erste Modus ist bereits durch die von Beck erwähnten Klassiker der Soziologie benannt. Er zeichnet sich dadurch aus, dass Nation zwar eine implizite Zentralität für die entwickelten Konzepte des Sozialen hat (»die Gesellschaft des Nationalstaats«), dies gleichzeitig aber nicht reflektiert wird und so ein »blinder Fleck« der eigenen Betrachtung entsteht. Der zweite Modus ist der der »Naturalisierung des Nationalstaats«. Bei diesem wird der Nationalstaat nicht weiter problematisiert und zum Bezugspunkt jeglicher Forschung gemacht. Ein dritter Modus des methodologischen Nationalismus ist der des generellen »Fokus auf die Grenzen des Nationalstaats«. Bei sozialwissenschaftlichen Analysen geht es dann um die Beschreibung von nationalstaatlichen Prozessen »innerhalb« von Nationalstaaten in Abgrenzung zu Phänomenen »außerhalb«. Folgt man Wimmer und Glick Schiller, gehen diese drei Modi im Diskurs des methodologischen Nationalismus ineinander über und kennzeichnen ihn so insgesamt.
Im Diskursfeld um transkulturelle Kommunikation als methodologische Reflexion finden sich vielfache Bezüge auf die Kritik des methodologischen Nationalismus. Dass dabei allerdings nicht von Transnationalismus sondern von Transkulturalismus gesprochen wird, verweist darauf, dass das Konzept des Nationalen selbst aus kulturanalytischer Perspektive problematisiert wird. Ein wichtiger Bezugsautor ist hierbei der Kulturgeograf und Kommunikationswissenschaftler Kevin Robins. Dieser hat seine Überlegungen zu Transkulturalität und transkultureller Kommunikation im Rahmen seiner empirischen Forschung zu Medien und Migration entwickelt. Dabei weist Robins darauf hin, dass ein Transnationalismus, der Diasporas mit den identischen Konzepten beschreibt wie Nationen bzw. Nationalstaaten, dieser Sozialform nicht hinreichend gerecht wird (vgl. Robins 2003).
Der von Kevin Robins umrissene Zugang postuliert jedoch nicht das Ende des Nationalstaats. Vielmehr geht es ihm darum, das Wechselverhältnis von nationalen und transnationalen Dynamiken in einem weitergehenden transkulturellen Rahmen[33] zu fassen. An dieser Stelle führt er den Begriff der »transkulturellen Vielfalt« (Robins 2006a: 31; siehe auch Robins 2006b: 276) ein, um die Kritik des methodologischen Nationalismus um eine Kritik an Vorstellungen von Kultur als homogener Nationalkultur (im Sinne der eingangs erwähnten territorialen Kulturvorstellung) zu erweitern. Er weist darauf hin, dass gerade Debatten um Vielfalt in Europa letztlich im nationalen Rahmen erfolgen, indem Kultur mit Nationalkultur gleichgesetzt wird und Vielfalt in Europa entsprechend die Vielfalt unterschiedlicher Nationalkulturen bedeutet. Problematisch dabei ist jedoch nicht nur die Nationalisierung von Kultur, sondern darüber hinaus der damit verbundene Kulturbegriff als solcher:
»Letzten Endes ist die Konzeption von Kultur problematisch, wie sie in einer solchen Agenda mobilisiert wird, in der sich der scheinbar neutrale Ausdruck ›Kultur‹ tatsächlich als Kultur in einer nationalen Vorstellung herausstellt. Folglich wird eine Kultur als eine einheitliche und umgrenzte Entität angesehen, als der Besitz einer bestimmten ethnischen oder nationalen