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Indem die PhilosophiePhilosophie der Religion den Nachweis erbringt, dass Religion gleichsam zur conditio humanaconditio humana (Bedingung des Menschen) gehört, begründet sie deren Notwendigkeit und damit den Gegenstand der Theologie. In der protestantischen TheologieTheologieevangelische, protestantische wurde der Grundlagenwechsel von Gott zur Religion noch aus einem weiteren Grund notwendig. Für die ReformationReformation, Reformationszeit fungierte die Bibel als alleinige EntscheidungsinstanzEntscheidungsinstanz in theologischen und religiösen Fragen. Eine solche normative Kompetenz kann den biblischen Schriften allein dann zukommen, wenn sie selbst eine gleichsam göttliche AutoritätAutorität haben und klar, eindeutig und im Hinblick auf das Heil des Menschen vollständig sind. Durch die Einführung des kritischen Geschichtsdenkens in die protestantische Theologie im 18. Jahrhundert wurde diese Stellung der Bibel mit historischen Argumenten aufgelöst. Damit verlor jedoch die Theologie des Protestantismus ihr normatives Fundament. Es wurde im 19. Jahrhundert durch den [12]ReligionsbegriffReligionsbegriff ersetzt, der dadurch zur methodischen Grundlage der modernen TheologieTheologiemoderne avancierte.

      Eine grundlegende Aufgabe der Religionsphilosophie besteht darin, eine umfassende Theorie der Religion auszuarbeiten. Freilich ist die philosophische Analyse der Religion von dem zugrundliegenden Philosophieverständnis abhängig. Je nachdem, was unter Philosophie verstanden wird, ergeben sich höchst unterschiedliche Verständnisse von Religionsphilosophie und deren Aufgabe.

      Infobox

       Typen der Religionsphilosophie:

1. transzendentaletranszendental: Religion ist Bestandteil des menschlichen Bewusstseins (Immanuel KantKant, Immanuel); religiöses Apriorireligiöses Apriori im Aufbau des menschlichen Bewusstseins (Ernst TroeltschTroeltsch, Ernst [1865–1923])
2. phänomenologische: religiöse Erfahrung / Idee des Heiligen (Rudolf OttoOtto, Rudolf [1869–1937])
3. sprachanalytische: Eigenart der religiösen Sprache / Sprachspiele (Ludwig WittgensteinWittgenstein, Ludwig [1889–1951])
4. pragmatische: Lebensfunktion der Religion (William JamesJames, William [1842–1910])
5. spekulative: Religion als SelbstbewusstseinSelbstbewusstsein Gottes (Georg W.F. HegelHegel, Georg Wilhelm Friedrich [1770–1831])

      Die Religionsphilosophie fragt nach dem Wesen der Religion und versucht, diese auf philosophische Begründung der Religionphilosophische Weise zu begründen, also ohne Rekurs auf eine göttliche Offenbarung. Die geschichtlichen ReligionReligiongeschichtlicheen sind der philosophischen Analyse bereits vorgegeben. Sie werden nicht durch die Religionsphilosophie hervorgebracht. Um grundlegende Merkmale der Religion zu erschließen, ist die PhilosophiePhilosophie der Religion sowohl auf die ReligionswissenschaftReligionswissenschaft als auch auf Kultur- und SozialwissenschaftenSozialwissenschaften angewiesen. Ohne empirische Kenntnisse über die lebensweltlichen Religionen kann weder eine Untersuchung der Religion vorgenommen noch deren Begriff konstruiert werden. Religion gibt es allein in der Vielfalt der geschichtlich gewordenen Religionen und ihrer Traditionen. Die Religionsgeschichte ist folglich ein konstitutiver Bestandteil der philosophischen Reflexion der Religion. Eine weitere Aufgabe der Religionsphilosophie besteht in der Herausarbeitung der spezifischen KategorienKategorien (Philosophie), welche die religiöse Weltsicht konstituieren. Die religiöse Sprache und Erkenntnis unterscheidet sich von der Alltagssprache auf signifikante Weise. Deren Eigenart hat die philosophische Analyse der Religion zu klären. Und schließlich muss die Religionsphilosophie nach dem Zusammenhang und Unterschied von Religion und Kultur fragen. Geschichtliche Religionsfamilien wie das Christentum oder der IslamIslam sind stets mit Kulturen verwoben und ein Teil von ihnen. Zugleich beanspruchen Religionen, mehr als bloße Kultur zu sein. Auf diese Weise konzipiert die Religionsphilosophie einen kritischen Allgemeinbegriff der Religion, der auf diverse religiöse Phänomene angewendet werden kann. Nur so erfüllt er eine kritische Funktion.

      Aber wie gelangt die Religionsphilosophie zu einem Begriff der Religion, der allgemeingültig ist und sich auf alle religiösen Phänomene anwenden lässt? Hierin besteht ihr das methodische Grundproblem der Religionsphilosophiemethodisches Grundproblem. Hatte man in der Aufklärungszeit den Begriff [13]der Religion weitgehend aus dem Christentum abgeleitet und ihn als universal behauptet, so ist das in der globalisierten Welt und vor dem Hintergrund der angewachsenen religionskundlichen Kenntnisse nicht mehr möglich. Der ReligionsbegriffReligionsbegriff soll ja als kritischer Allgemeinbegriff fungieren. Wie aber kann er das leisten, wenn er ausschließlich von einer bestimmten, geschichtlich bedingten Religionskultur abstrahiert wird? Seine Anwendung auf andere Religionen, so hat man argumentiert, würde lediglich den europäisch-nordamerikanischen Imperialismus und Kolonialismus mit anderen Mitteln fortschreiben. Kulturen, die weder Religion als Allgemeinbegriff kennen noch diese von anderen kulturellen Bereichen unterscheiden, wie es in Europa üblich ist, werden mit einem Konzept überformt, welches ihnen fremd ist. Sollte man also auf einen Begriff der Religion verzichten? Das kann freilich keine Lösung des Grundproblems einer Religionsphilosophie sein. Schon um bestimmte Kulturerscheinungen als Religion ansprechen zu können, ist ein VorverständnisVorverständnis von ihr vorausgesetzt.

      Die seit gut zweihundert Jahren zwischen Theologen, Philosophen, Religions- und Kulturwissenschaftlern geführten Debatten über die Religion haben deutlich gemacht, dass sich in ihrem Begriff höchst unterschiedliche Dimensionen überschneiden und überlagern. In ihm bündeln sich Binnen- und Außensichten. Um einen gehaltvollen Begriff der Religion konzipieren zu können, kommt man nicht umhin, auf eine bestimmte Religion Bezug zu nehmen. Jeder Allgemeinbegriff lässt sich lediglich aus einer bestimmten, geschichtlich gewordenen Perspektive konstruieren. Das hat seinen Grund in dem zirkulären Charakter des Verstehens von kulturellen Phänomenen wie dem der Religion. Um Letztere identifizieren zu können, ist deren Verständnis bereits in Anspruch genommen. Darin dokumentiert sich die Abhängigkeit jeder ReligionsphilosophieReligionsphilosophie und jedes Allgemeinbegriffs der Religion von einer bestimmten religiösen Tradition und deren SelbstdarstellungSelbstdarstellung etwa in Form einer Theologie. Die Aufgabe der Religionsphilosophie besteht darin, den methodischen ZirkelZirkel, der für einen Begriff der Religion konstitutiv ist, bewusst zu machen. Ausschließen oder gar vermeiden lässt sich ein solcher Zirkel bei keinem geisteswissenschaftlichen Gegenstand. Der Begriff der Religion ist ein akademisches Konstrukt. Der Schwierigkeiten, die mit seiner Fassung verbunden sind, ungeachtet, ist er gleichwohl not[14]wendig, um Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Religionen zu beschreiben.

      Literatur

      Hermann Deuser: Religionsphilosophie, Berlin/New York 2009.

      Johann Figl: Philosophie der Religionen. Pluralismus und Religionskritik im Kontext europäischen Denkens, Paderborn/München/Wien/Zürich 2011.

      Winfried Löffler: Einführung in die Religionsphilosophie, Darmstadt 2006.

      Thomas Rentsch: Religiöse Vernunft: Kritik und Rekonstruktion. Systematische Religionsphilosophie als kritische HermeneutikHermeneutik, in: Hans-Joachim Höhn (Hrsg.): Krise der Immanenz. Religion an den Grenzen der Moderne, Frankfurt a.M. 1996, S. 235–262.

      Hartmut Rosenau: Art.: Religionsphilosophie I. Christliche Religionsphilosophie, in: TRE, Bd. 28, Berlin/New York 1997, S. 749–761.

      Falk Wagner: Was ist Religion? Studien zu ihrem Begriff und Thema in Geschichte und Gegenwart, Gütersloh 1986. 21991.

      Aufgaben

      1 Welche methodischen Probleme sind mit der Fassung eines ReligionsbegriffsReligionsbegriff verbunden?

      2 Informieren Sie sich anhand des Lexikonartikels von Hartmut Rosenau über die Themen der Religionsphilosophie.

      3 Fassen